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BVerwG - Entscheidung vom 25.04.2018

6 B 74.17

Normen:
GG Art. 5 Abs. 1 S. 2
BVerfSchG § 4 Abs. 1 S. 1c

BVerwG, Beschluss vom 25.04.2018 - Aktenzeichen 6 B 74.17

DRsp Nr. 2018/14684

Rechtmäßige Erwähnung des Herausgebers einer Publikation im Verfassungsschutzbericht; Platzierung verfassungsfeindlicher Beiträge in einem ökologischen Umfeld

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Juli 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Normenkette:

GG Art. 5 Abs. 1 S. 2; BVerfSchG § 4 Abs. 1 S. 1c;

Gründe

Der Kläger, ein eingetragener Verein, ist Herausgeber der vierteljährlich erscheinenden Publikation "Umwelt & Aktiv - Zeitschrift für gesamtheitliches Denken". Er wendet sich gegen seine Erwähnung unter der Rubrik "Rechtsextremistische Parteien, Vereinigungen und Verlage" / Unterabschnitt "Sonstige rechtsextremistische Organisationen" im Verfassungsschutzbericht Bayern 2012. Die Klage hat in der Berufungsinstanz keinen Erfolg gehabt. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.

Die Beschwerde des Klägers, die sich allein auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ) stützt, bleibt ohne Erfolg. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht, der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder das Bundesverfassungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Die Behauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die eines der genannten divergenzfähigen Gerichte aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge dagegen nicht (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2017 - 6 B 43.17 [ECLI:DE: BVerwG:2017:211217B6B43.17.0] - NVwZ 2018, 496 Rn. 4 m.w.N.).

Nach diesem Maßstab werden die von der Beschwerde behaupteten Abweichungen von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - (BVerfGE 113, 63 ) sowie den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Januar 1995 - 1 C 2.94 - (BVerwGE 97, 301 ), vom 21. Juli 2010 - 6 C 22.09 - (BVerwGE 137, 275 ) und vom 26. Juni 2013 - 6 C 4.12 - (Buchholz 402.7 BVerfSchG Nr. 15) bereits nicht in der gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise dargelegt.

Soweit die Beschwerde eine Divergenz zu dem Urteil vom 21. Juli 2010 - 6 C 22.09 - (BVerwGE 137, 275 ) rügt, arbeitet sie schon keinen Rechtssatz heraus, den das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung aufgestellt hätte, sondern erwähnt insoweit nur den vom Bundesverwaltungsgericht zitierten Gesetzeswortlaut des hier nicht anwendbaren § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG . Das in der Beschwerdebegründung ebenfalls genannte Urteil vom 26. Juni 2013 - 6 C 4.12 - (Buchholz 402.7 BVerfSchG Nr. 15) betrifft nicht die Auslegung der im vorliegenden Fall anwendbaren - irrevisiblen - Vorschriften der Art. 1 Abs. 2 , Art. 3 Abs. 1 und Art. 15 Satz 1 BayVSG a.F., sondern der revisiblen Vorschriften des Bundesverfassungsschutzgesetzes .

Hinsichtlich der übrigen genannten Entscheidungen gelingt es der Beschwerde zwar, vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesverwaltungsgericht darin aufgestellte Rechtssätze zu benennen, deren Entscheidungsrelevanz im vorliegenden Verfahren in Betracht kommt. So hat das Bundesverfassungsgericht in dem erwähnten Beschluss vom 24. Mai 2005 die sich aus dem Grundrecht auf Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ) ergebenden Anforderungen an die Begründung eines Verdachts verfassungsfeindlicher Bestrebungen eines Presseverlags sowie an die Berichterstattung im Verfassungsschutzbericht eines Landes aus Anlass eines solchen Verdachts konkretisiert. In diesem Zusammenhang hat es unter anderem den von der Beschwerde zitierten Rechtssatz aufgestellt, dass von der Pressefreiheit auch die Entscheidung erfasst ist, ein Forum nur für ein bestimmtes politisches Spektrum bieten zu wollen, dort aber den Autoren große Freiräume zu gewähren und sich in der Folge nicht mit allen einzelnen Veröffentlichungen zu identifizieren. In einem solchen Fall bedarf es besonderer Anhaltspunkte für die Annahme, dass sich die Redaktion nicht mit denjenigen Artikeln identifiziert, die nicht im Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen stehen, oder dass sie sich dieses Spektrums von Meinungen nur bedient, um in einem solchen Umfeld verfassungsfeindliche Beiträge platzieren und der Öffentlichkeit besser vermitteln zu können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <86>). Zudem verweist die Beschwerde auf den der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ebenfalls zugrunde liegenden Rechtssatz, dass, soweit ein auf Tatsachen gegründeter Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen der Gruppierung besteht, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Maßstab für die Entscheidung ist, in welcher Art und Weise darüber berichtet werden darf, und dass es der Beschränkung der Maßnahme auf das zum Rechtsgüterschutz Erforderliche entspricht, bei einer Berichterstattung aus Anlass eines Verdachts nicht den Eindruck zu erwecken, es stehe fest, dass die betroffene Gruppierung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen verfolgt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <84, 87>). Ferner weist die Beschwerde auf den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Rechtsgrundsatz hin, dass für die Überprüfung von Ermessensentscheidungen regelmäßig der Zeitpunkt des Erlasses der letzten behördlichen Entscheidung maßgeblich ist (BVerwG, Urteil vom 24. Januar 1995 - 1 C 2.94 - BVerwGE 97, 301 <310>).

Durchgehend versäumt es die Beschwerde jedoch, denjenigen Rechtssätzen, die sie der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts entnimmt, ebenso abstrakte und zudem entscheidungserhebliche Rechtssätze des Verwaltungsgerichtshofs entgegenzuhalten, mit denen dieser im Berufungsurteil von den genannten Rechtssätzen abgewichen wäre. Stattdessen rügt die Beschwerde nach Art einer Revisionsbegründung, der Verwaltungsgerichtshof habe einen falschen Beurteilungszeitpunkt gewählt, die bei der Berichterstattung zu fordernde Unterscheidung zwischen Verdachtsfall und erwiesener Verfassungsfeindlichkeit nicht beachtet, dem Kläger ferner die verfassungsfeindlichen Gastbeiträge zu Unrecht zugerechnet und schließlich auch keine bzw. nur unzureichende Feststellungen zum Vorliegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen des Klägers getroffen. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Abweichung von Rechtssätzen, sondern allenfalls die fehlerhafte oder unterbliebene Anwendung solcher Rechtssätze auf, die das Bundesverfassungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht in ihrer jeweiligen Rechtsprechung aufgestellt haben. Hierauf kann die Zulassung der Revision nicht gestützt werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO . Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG .

Vorinstanz: VGH Bayern, vom 06.07.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 10 BV 16.1237