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BVerwG - Entscheidung vom 05.12.2018

9 B 26.18

Normen:
ZPO § 45 Abs. 1
VwGO § 54 Abs. 1

BVerwG, Beschluss vom 05.12.2018 - Aktenzeichen 9 B 26.18

DRsp Nr. 2019/1612

Ablehnung des Vorsitzenden Richters am Bundesverwaltungsgericht wegen Besorgnis der Befangenheit

Tenor

Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Y. wird zurückgewiesen.

Normenkette:

ZPO § 45 Abs. 1 ; VwGO § 54 Abs. 1 ;

Gründe

Der Antrag auf Ablehnung des Vorsitzenden Richters am Bundesverwaltungsgericht Y. wegen Besorgnis der Befangenheit, über den gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO ohne die Mitwirkung des abgelehnten Richters zu entscheiden ist, ist unbegründet.

1. Der Senat hat mit Beschluss vom 12. Juni 2018 ( 9 B 4.18) ein Ablehnungsgesuch des Klägers verworfen sowie seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. November 2017 zurückgewiesen. An diesem Beschluss hat der Berichterstatter, Richter am Bundesverwaltungsgericht Z., wegen Urlaubsabwesenheit nicht mitgewirkt. Hiergegen hat der Kläger unter dem 18. Juli 2018 Anhörungsrüge erhoben und den Senatsvorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Nach der Übernahme der Vorsitzendenfunktion im Zwischenverfahren durch den Berichterstatter als stellvertretenden Vorsitzenden (vgl. § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 47 Abs. 1 ZPO ) hat der Kläger vor Erledigung des vorgenannten Ablehnungsgesuchs auch ihn als befangen abgelehnt. Dieses Ablehnungsgesuch hat der Senat zwischenzeitlich - ohne seine Mitwirkung - mit Beschluss vom 29. November 2018 zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat auch in Bezug auf den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Y. weder aus dem zugrunde liegenden noch aus vorhergehenden Verfahren Gründe glaubhaft gemacht, die für sich oder in ihrer Gesamtheit geeignet sind, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Soweit der Kläger seinen gegen den Vorsitzenden gerichteten Antrag auf dieselben Gründe stützt, die er auch in Bezug auf den Berichterstatter vorgebracht hat, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf den umfassend begründeten Beschluss vom 29. November 2018 Bezug, dem er sich anschließt. Diese Bezugnahme erstreckt sich auch auf die Aussage, dass der Kläger sein Ablehnungsgesuch schon deshalb nicht auf die vermeintlich fehlerhafte Begründung des Beschlusses des Senats vom 16. Juli 2015 ( 9 B 31.15) stützen kann, weil der abgelehnte Richter hieran nicht mitgewirkt hat. Denn auch der Vorsitzende Richter am Bundesverwaltungsgericht Y. hat an dem genannten Beschluss nicht mitgewirkt.

3. Auch soweit der Kläger sein Ablehnungsgesuch mit Einwänden gegen den Senatsbeschluss vom 12. Juni 2018 (9 B 4.18) begründet, wird eine Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden nicht dargelegt.

Ein Ablehnungsgrund ergibt sich zunächst nicht aus dem Einwand, die Voraussetzungen eines sogenannten Selbstentscheids hätten nicht vorgelegen. Die an dem Beschluss mitwirkenden Richter haben sich unter den gegebenen Umständen zu Recht als zuständig angesehen, an der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch mitzuwirken. Zum einen haben sie darauf abgestellt, dass die Besorgnis der Befangenheit nicht darauf gestützt werden könne, dass der Senat der Rechtsansicht des Klägers zu dem angeblich rechtzeitigen Zugang seiner per Telefax eingereichten Beschwerdebegründung vom 9. Februar 2015 und der - im Zusammenhang damit - vermeintlichen Unvollständigkeit der Gerichtsakte nicht zu folgen vermochte, zum anderen haben sie auf die fehlende Entscheidungserheblichkeit der erwähnten Fragen in dem streitgegenständlichen Beschwerdeverfahren hingewiesen und diese näher erläutert (BVerwG, Beschluss vom 12. Juni 2018 - 9 B 4.18 - juris Rn. 1 f.). Somit haben sie das Befangenheitsgesuch als offensichtlich unzulässig verworfen, weil das Gesuch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt eine Befangenheit rechtfertigen konnte.

Soweit der Kläger seinen Befangenheitsvorwurf auf die "unverständlichen Grundrechtsverletzungen (...) bzgl. der Entrechtung des Klägers gemäß Tz. 8 ff" stützt, trägt er Anhaltspunkte, die eine Befangenheit des Vorsitzenden nahelegen könnten, nicht vor.

Hinsichtlich des Datums der Beschlussfassung - dieser erfolgte während der Urlaubsabwesenheit des Berichterstatters - kann auf den Beschluss vom 29. November 2018 verwiesen werden. Die verschiedenen vagen, in Frageform gekleideten Erwägungen des Klägers sind völlig spekulativ und sprechen nicht für eine "sachwidrige Ergebnisorientierung".

4. Schließlich ergibt sich eine Besorgnis der Befangenheit auch nicht aus dem Umstand, dass mehrere Stellungnahmen des Klägers ab April 2018 "gesammelt" und der Beklagten erst mit dem Beschluss vom 12. Juni 2018 übermittelt wurden. Dies ist kein Beleg dafür, dass "für den Vorsitzenden schon ab Anfang April 2018 das Ergebnis Zurückverweisung der Beschwerde feststand". Dieses Vorgehen findet seine Berechtigung vielmehr darin, dass der Kläger - einem dem Senat seit längerem bekannten Verhaltensmuster entsprechend (vgl. hierzu auch Beschluss vom 12. Juni 2018 - 9 B 4.18 - juris Rn. 10) - jeweils, meist am Ende seiner Schriftsätze, weitere Schreiben ankündigt bzw. Fristverlängerungen beantragt.

So verhielt es sich auch hier: Der Schriftsatz vom 3. April 2018 endete mit der Ankündigung, eine vervollständigte Fassung werde zeitnah eingehen. Der Schriftsatz vom 4. April 2018 endete mit der Beantragung einer angemessenen weiteren Äußerungsfrist. Im Schriftsatz vom 28. April 2018 wurde beantragt, diese Äußerungsfrist mindestens bis zum 22. Mai 2018 zu erstrecken. Im weiteren Schriftsatz vom 30. April 2018 wurde nochmals eine mindestens einmonatige Äußerungsfrist und schließlich im Schriftsatz vom 28. Mai 2018 vorsorglich eine weitere Äußerungsfrist bis zum 7. Juni 2018 beantragt. Selbst nachdem der Vorsitzende die Äußerungsfrist "nunmehr letztmalig bis 7. Juni 2018 verlängert" hatte, enthielt der am 7. Juni 2018 eingegangene Schriftsatz den Antrag, weiteren Vortrag, der am Folgetag bis 12:00 Uhr per Fax eingehe, zu berücksichtigen. Das am Folgetag eingegangene Fax enthielt nochmals den vorsorglichen Antrag, allen bis Montag, 11. Juni 2018, 10:00 Uhr bei Gericht eingehenden Vortrag zu berücksichtigen. Trotz der vorgenannten wiederholt gewährten Fristverlängerungen folgten noch zwei weitere, zum Teil umfangreiche Schreiben vom 9. Juni und 10. Juni 2018 jeweils mit dem Vermerk "Eilt sehr!" Vor diesem Hintergrund ist eine "gebündelte" Übersendung von Schriftsätzen sachlich gerechtfertigt und begründet keine Besorgnis der Befangenheit.

5. Aus dem Vorstehenden folgt, dass der Senat nicht auf jeden einzelnen Antrag sofort reagieren kann und muss, wie es der Kläger für absolut geboten hält und ständig anmahnt. Andernfalls würde die Senatsarbeit lahmgelegt. Soweit einzelne Verlängerungsanträge nicht sofort zeitnah beschieden worden sind, ist dies daher entgegen der Auffassung des Klägers keine "erschreckende Gleichgültigkeit gegenüber einem berechtigten menschlichen Anliegen", die eine Besorgnis der Befangenheit begründen könnte.

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 146 Abs. 2 VwGO ).