Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BVerfG - Entscheidung vom 19.11.2014

2 BvL 2/13

Normen:
SchulG § 21 Abs. 2
SchulG § 22 Abs. 1
SchulG § 23a Abs. 1
SchulG § 23a Abs. 3 S. 1
GG Art. 1 Abs. 1 S. 2
GG Art. 3 Abs. 2
GG Art. 7 Abs. 1
GG Art. 7 Abs. 5
GG Art. 28 Abs. 2 S. 1

BVerfG, Beschluss vom 19.11.2014 - Aktenzeichen 2 BvL 2/13

DRsp Nr. 2015/2212

Erforderlichkeit eines wirksamen Mitentscheidungsrechts der kreisangehörigen Gemeinden bzgl. Schulnetzplanung auf Kreisebene für die Grundschulen und Hauptschulen

1. Die Trägerschaft für Grund- und Hauptschulen, die in der Vergangenheit re-2. Zu den mit der Schulträgerschaft verbundenen Aufgaben gehört namentlich die - in der Regel unter Mitwirkung des Staates zu treffende - Entscheidung, ob eine Schule eingerichtet oder geschlossen werden soll.3. Eine Schulnetzplanung auf Kreisebene für die Grund- und Hauptschulen erfordert nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG ein wirksames Mitentscheidungsrecht der kreisangehörigen Gemeinden.

Tenor

§ 23a Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1 des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Juli 2004 (GVBl S. 298), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen und zur Änderung anderer Gesetze vom 19. Mai 2010 (GVBl S. 142), ist mit Artikel 28 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz unvereinbar und nichtig, soweit er die Schulnetzplanung für Grund- und Mittelschulen betrifft.

Normenkette:

SchulG § 21 Abs. 2 ; SchulG § 22 Abs. 1 ; SchulG § 23a Abs. 1 ; SchulG § 23a Abs. 3 S. 1; GG Art. 1 Abs. 1 S. 2; GG Art. 3 Abs. 2 ; GG Art. 7 Abs. 1 ; GG Art. 7 Abs. 5 ; GG Art. 28 Abs. 2 S. 1;

Gründe

A.

Die Vorlage des Verwaltungsgerichts Dresden betrifft die in § 23a des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Juli 2004, SächsGVBl Jg. 2004, Bl.-Nr. 15, S. 298 ( SchulG ) geregelte Schulnetzplanung. Sie wirft die Frage auf, ob die durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden einer Übertragung der Standortplanung für allgemein bildende Schulen auf die Kreise entgegensteht und in welchem Umfang sie die Beteiligung der kreisangehörigen Gemeinden an dieser Planung erfordert.

I.

1.

Träger der allgemein bildenden Schulen im Freistaat Sachsen sind gemäß § 22 Abs. 1 SchulG grundsätzlich die Gemeinden. § 21 Abs. 2 SchulG berechtigt und verpflichtet die Schulträger, öffentliche Schulen einzurichten und fortzuführen, wenn dafür ein öffentliches Bedürfnis besteht; dieses richtet sich in erster Linie nach der in § 4a SchulG bestimmten Mindestschülerzahl für jede Schulart.

2.

Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung im Freistaat Sachsen schuf der Landesgesetzgeber mit Art. 6 des Gesetzes über Maßnahmen zur Sicherung der öffentlichen Haushalte 2001 und 2002 im Freistaat Sachsen (Haushaltsbegleitgesetz 2001 und 2002) und zur Änderung der Vorläufigen Haushaltsordnung des Freistaates Sachsen vom 14. Dezember 2000 (GVBl S. 513) § 23a SchulG , der den kreisfreien Städten und den Landkreisen die Aufgabe einer Schulnetzplanung für ihr Gebiet zuweist. Gegenstand der Schulnetzplanung ist die Ausweisung der Schulstandorte und des mittel- und langfristigen Schulbedarfs.

Die Schulnetzpläne werden von den kreisfreien Städten und den Landkreisen "im Benehmen" mit den kreisangehörigen Gemeinden aufgestellt und sollen die Grundlage für ein alle Bildungsgänge umfassendes, regional ausgeglichenes und unter zumutbaren Bedingungen erreichbares Bildungsangebot schaffen. § 23a SchulG lautet:

(1)

Die Landkreise und Kreisfreien Städte stellen Schulnetzpläne für ihr Gebiet auf. Die Schulnetzplanung soll die planerische Grundlage für ein alle Bildungsgänge umfassendes, regional ausgeglichenes und unter zumutbaren Bedingungen erreichbares Bildungsangebot schaffen. Dabei sind vorhandene Schulen in freier Trägerschaft sowie bei den berufsbildenden Schulen die Möglichkeit der betrieblichen Aus- und Weiterbildung zu berücksichtigen. Die Ziele der Raumordnung und der Landesplanung sind zu beachten.

(2)

In den Plänen werden der mittelfristige und langfristige Schulbedarf sowie die Schulstandorte ausgewiesen. Für jeden Schulstandort ist anzugeben, welche Bildungsangebote dort vorhanden sind und für welche räumlichen Bereiche (Einzugsbereiche) sie gelten sollen. Es sind auch die Bildungsbedürfnisse zu berücksichtigen, die durch Schulen für das Gebiet nur eines Schulträgers nicht sinnvoll befriedigt werden können. Schulnetzpläne müssen die langfristige Zielplanung und die Ausführungsmaßnahmen unter Angabe der Rangfolge ihrer Verwirklichung enthalten.

(3)

Die Schulnetzpläne sind im Benehmen mit den Gemeinden und den übrigen Trägern der Schulen des Gebietes aufzustellen. Die Pläne sind mit benachbarten Landkreisen und Kreisfreien Städten abzustimmen.

(4)

Die Schulnetzpläne bedürfen der Genehmigung der obersten Schulaufsichtsbehörde. Diese überprüft die Rechtmäßigkeit und Vereinbarkeit der Pläne mit den schulpolitischen und den sich aus dem Staatshaushaltsplan ergebenden Maßnahmen, insbesondere um zu gewährleisten, dass die personelle Ausstattung der Schulen im Rahmen der Bedarfs- und Finanzplanung des Freistaates Sachsen möglich ist. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Schulnetzplanung mit den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Anforderungen nicht übereinstimmt oder einer den Maßgaben des Freistaates Sachsen entsprechenden ordnungsgemäßen Gestaltung des Unterrichts entgegensteht.

(5)

Beschlüsse des Schulträgers und Entscheidungen des Staatsministeriums für Kultus nach § 24 erfolgen auf der Grundlage eines genehmigten Schulnetzplanes.

(6)

Das Staatsministerium für Kultus wird ermächtigt, das Nähere zur Aufstellung, Fortschreibung und Genehmigung der Schulnetzpläne durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern zu regeln.

In § 24 SchulG ist bestimmt:

(1) Der Beschluss eines Schulträgers über die Einrichtung einer öffentlichen Schule bedarf der Zustimmung der obersten Schulaufsichtsbehörde.

(2) Stellt die oberste Schulaufsichtsbehörde fest, dass ein öffentliches Bedürfnis für die Einrichtung einer öffentlichen Schule besteht und erfüllt der Schulträger die ihm nach § 21 Abs. 2 obliegende Verpflichtung nicht, trifft die Rechtsaufsichtsbehörde die notwendigen Maßnahmen; der Schulträger ist vorher zu hören.

(3) Absatz 1 gilt entsprechend für die Aufhebung einer öffentlichen Schule. Stellt die oberste Schulaufsichtsbehörde fest, dass das öffentliche Bedürfnis für die Fortführung der Schule oder eines Teils derselben nicht mehr besteht, kann sie die Mitwirkung des Freistaates an der Unterhaltung der Schule widerrufen; der Schulträger ist vorher zu hören.

(4) Die Vorschriften über die Einrichtung und Aufhebung einer öffentlichen Schule gelten entsprechend für die Änderung einer öffentlichen Schule. (...)

Die Übertragung der Schulnetzplanung auf die Landkreise bedeutet nach Einschätzung des Gesetzgebers teilweise die Hochzonung einer bisher den kreisangehörigen Gemeinden zugewiesenen Aufgabe, teilweise aber auch die Kommunalisierung einer staatlichen Aufgabe. Die kreisangehörigen Gemeinden seien zu einer regional abgestimmten Schulstandortplanung überwiegend nicht in der Lage. Es habe sich gezeigt, dass die Gemeinden überwiegend keine Schulnetzpläne aufgestellt und von gebotenen Schulschließungen abgesehen hätten (LTDrucks 3/2401, S. 84).

II.

Klägerin des Ausgangsverfahrens ist die Stadt Seifhennersdorf, eine kreisangehörige Gemeinde im Landkreis Görlitz, die unter anderem Trägerin einer Grund- und einer Mittelschule ist. Sie wendet sich gegen einen Bescheid des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus als der obersten Schulaufsichtsbehörde vom 20. Dezember 2010, mit dem der für die Jahre 2010 bis 2015 fortgeschriebene Schulnetzplan genehmigt wurde. In diesem ist die Schließung der von der Klägerin getragenen Mittelschule vorgesehen.

Die Klägerin sieht sich durch die Hochzonung der Schulnetzplanung auf die Kreisebene in ihrem Recht auf Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG ; Art. 82 Abs. 2 SächsVerf) verletzt, das auch das Recht beinhalte, Träger der allgemeinbildenden Schulen zu sein. Soweit § 23a SchulG Grund- und Mittelschulen betreffe, sei er verfassungswidrig. Durch die Verpflichtung von Landkreisen und Kreisfreien Städten, bei Aufstellung der Schulnetzplanung lediglich das Benehmen mit den kreisangehörigen Gemeinden herzustellen, werde ihr Recht auf Selbstverwaltung nicht hinreichend gewahrt. Der angefochtene Bescheid vom 20. Dezember 2010 beruhe deshalb nicht auf einer wirksamen Ermächtigung.

III.

Das Verwaltungsgericht Dresden hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 23a Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 SchulG mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG vereinbar ist.

1.

Die Verfassungsmäßigkeit von § 23a Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 SchulG sei entscheidungserheblich. Wäre die Vorschrift verfassungsgemäß, sei die Klage mangels Klagebefugnis abzuweisen. Zur Begründung von subjektiven Rechten der Klägerin könne nicht auf die kommunale Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 GG abgestellt werden, weil § 23a SchulG den Gewährleistungsbereich der in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgten Selbstverwaltungsgarantie auf die in der Bestimmung zugewiesenen Rechtspositionen begrenze. Auch aus der Benehmensregelung des § 23a Abs. 3 Satz 1 SchulG vermöge die Klägerin keine Klagebefugnis herzuleiten. Materielle Rechte könne sie nur insoweit im Wege der Benehmensregelung geltend machen, wie ihr außerhalb derselben subjektive Rechte zustünden. Wäre § 23a Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 SchulG dagegen verfassungswidrig, sei der Klage stattzugeben. Denn das Recht aus Art. 28 Abs. 2 GG , das als Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung die Schulträgerschaft jedenfalls hinsichtlich der Grundschule umfasse, wäre in diesem Fall nicht durch § 23a SchulG eingeschränkt und durch den angegriffenen Genehmigungsbescheid verletzt, weil er ohne gesetzliche Grundlage oder ohne verfassungsgemäße Beteiligung der Klägerin ergangen wäre.

2.

Das Verwaltungsgericht ist von der Verfassungswidrigkeit des § 23a Abs. 1 und Abs. 3 SchulG überzeugt.

a)

Die Zuweisung der Schulnetzplanung durch § 23a Abs. 1 SchulG an die Landkreise bedeute eine unzulässige Hochzonung einer kommunalen Aufgabe. Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 26, 228 ff.) ergebe sich, dass die Schulträgerschaft der Volksschulen, worunter heute jedenfalls die Grundschulen fielen, prinzipiell den Gemeinden zustehe. Selbst wenn einzelne Gemeinden nicht in der Lage seien, Träger einer Volksschule zu sein, dürfe der Staat in deren Schulträgerschaft nur eingreifen, wenn sie keine geeignete Lösung fänden, etwa durch Zusammenschluss zu einem leistungsfähigen Schulträger mit anderen Gemeinden im Wege der kommunalen Zusammenarbeit.

Die Zuständigkeit der kreisangehörigen Gemeinden für die Schulträgerschaft werde dadurch beeinträchtigt, dass § 23a SchulG ihnen die Schulnetzplanung entziehe und den Landkreisen übertrage. Der Schulnetzplan schaffe die Grundlage für den Entzug der staatlichen Mitwirkung an der Unterhaltung einer Schule (§ 24 SchulG ). Durch den Schulnetzplan und die später darauf aufbauende Entziehung der staatlichen Mitwirkung werde es den Gemeinden faktisch unmöglich gemacht, ihrer Schulträgerschaft auch für Grundschulen nachzukommen. Das verletze Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG . Jedenfalls die Schulnetzplanung für Grundschulen sei wegen des starken Bezugs zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft ein wesentlicher Teil der gemeindlichen Selbstverwaltung.

Der vollständige, sich auch auf die Grundschulen erstreckende Entzug der Schulnetzplanung werde durch die Erwägungen des Gesetzgebers nicht gerechtfertigt. Dieser berufe sich auf die demographische Entwicklung, die eine bessere Koordinierung der Schulstandorte erfordere. Insofern handele es sich jedoch um reine Wirtschaftlichkeitserwägungen ohne rechtlichen Gehalt, die das Recht der Gemeinden missachteten, alle im Zusammenleben vor Ort wurzelnden Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft selbst zu regeln. Soweit sich der Gesetzgeber darauf beziehe, dass einzelne Gemeinden erforderliche Schulschließungen nicht vorgenommenen hätten, könne dem mit den Mitteln der Aufsicht begegnet werden. Die Zuständigkeit der Gemeinden für die Errichtung und Unterhaltung der Schulen werde bereits aus vielfältigen Gründen durch die staatliche Schulhoheit (Art. 7 Abs. 1 GG ) eingeschränkt. Umso wichtiger sei es, die Zuständigkeit für die örtliche Schulnetzplanung bei den Gemeinden zu belassen. Sie betreffe in erheblichem Maße das Zusammenleben der Menschen in ihrer Gemeinde. Zudem habe der Juristische Dienst des Sächsischen Landtags im Jahre 2002 festgestellt, dass das örtliche Schüleraufkommen aus kreisangehörigen Gemeinden oder freiwillig gebildeten Verwaltungsgemeinschaften im Regelfall ausreiche, um eine Grundschule zu betreiben. Vor diesem Hintergrund greife die Verlagerung der Schulnetzplanung für Grundschulen auf die Landkreise in den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie ein.

Die Regelung sei auch unverhältnismäßig, weil sie nicht danach unterscheide, ob eine Gemeinde in der Lage sei, eine Schulnetzplanung selbst durchzuführen, ob sie bereit sei, die Schulnetzplanung freiwillig abzugeben, oder ob sie sich entschließe, die Schulnetzplanung in kommunaler Zusammenarbeit zu erfüllen.

b)

Die Benehmensregel des § 23a Abs. 3 Satz 1 SchulG verstoße sowohl für die Grundschulen als auch für die Mittelschulen gegen Art. 28 Abs. 2 GG .

Zwar habe die Schulnetzplanung hinsichtlich der Mittelschulen nicht den gleichen örtlichen Bezug wie hinsichtlich der Grundschulen. Weiterführende Schulen beträfen nicht unbedingt das Zusammenleben und -wohnen vor Ort, da sich die Schüler einer Gemeinde auf verschiedene weiterführende Schulen aufteilten. Ein erheblicher Teil besuche das Gymnasium, das schon zur Erreichung des notwendigen Angebotsstandards auf die Bildung von Zentren angewiesen und somit auf Überörtlichkeit angelegt sei. Hinsichtlich der weiterführenden Schulen sei die durch § 23a SchulG eingeführte Beschränkung der Selbstverwaltung daher auch gerechtfertigt.

Hinsichtlich der Mittelschulen sei der Gesetzgeber jedoch weniger frei, da diese auch den Hauptschulbildungsgang umfassten und damit die ehemalige weiterführende Volksschule, deren Trägerschaft zu den örtlichen Angelegenheiten rechne. Den Gemeinden müsse daher auch bei der Schulnetzplanung für Mittelschulen eine stärkere Mitwirkungsmöglichkeit eingeräumt werden, als dies bei einer Benehmensherstellung der Fall sei.

Für die verfassungsrechtliche Rechtfertigung dieses Eingriffs gälten die gleichen Erwägungen wie im Rahmen von § 23a Abs. 1 SchulG . Die vorgesehene Begrenzung der Mitwirkung für kreisangehörige Gemeinden sei auch deshalb unverhältnismäßig, weil sie allen kreisangehörigen Gemeinden, unabhängig von Größe und Leistungsfähigkeit, eine rechtlich verbindliche Einwirkung auf die Schulnetzplanung versage.

3.

Eine verfassungskonforme Auslegung hä" das Verwaltungsgericht nicht für möglich. Aus der gesetzlichen Formulierung in § 23a Abs. 1 SchulG ergebe sich ausdrücklich, dass die kreisangehörigen Gemeinden von der Schulnetzplanung ausgeschlossen u seien. r Auch der Begriff des Benehmen Be in § 23a Abs. 3 SchulG sei ein klar konturierter Rechtsbegriff, der eine stärkere Beteiligung als eine "bessere Anhörung" nicht zulasse.

IV.

Die Klägerin und der Landkreis als Beigeladener des Ausgangsverfahrens sowie für den beklagten Freistaat Sachsen das Staatsministerium der Justiz und für Europa haben zu dem Vorlagebeschluss Stellung genommen. Weitere Stellungnahmen von Äußerungsberechtigten sind nicht eingegangen.

1.

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens hält die Vorlage des Verwaltungsgerichts für begründet. Die Schulnetzplanung auf der Grundlage von § 23a SchulG bedeute für die kreisangehörigen Gemeinden eine verbindliche Festlegung der Schulstandorte durch die Landkreise. Diese Hochzonung eines Teils ihrer planerischen Kompetenzen verletze das Recht der kreisangehörigen Gemeinden auf kommunale Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG .

Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG garantiere den Gemeinden das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln. Die Gemeinden hätten daher das Recht, die Aufgabe des Schulträgers im Rahmen der Gesetze in alleiniger Entscheidungskompetenz ungestört und unbeeinflusst auszuüben. Zu dieser Aufgabe gehörten unter anderem die planerischen Entscheidungen im Zusammenhang mit Standortwahl, Betrieb, Einrichtung, Aufrechterhaltung, Art und Umfang der Schule, die Wahl des Schulgebäudes, Zügigkeit und Klassenbildung, und damit auch die Schulnetzplanung. Bei einer durch Hochzonung erfolgten Aufgabenverlagerung müsse die Zuständigkeit der Gemeinden zumindest durch ein angemessenes Beteiligungsrecht kompensiert werden.

§ 23a SchulG greife in die Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG ein, weil den Gemeinden durch die Hochzonung der Schulnetzplanung auf die Ebene der Landkreise eine Aufgabe entzogen worden sei. § 23a Abs. 1 und Abs. 3 SchulG beeinträchtigten auch die von Art. 28 Abs. 2 GG garantierte Eigenverantwortlichkeit der Aufgabenwahrnehmung. Zwar blieben die Gemeinden Schulträger; sie könnten aber nicht mehr über Schulstandort, Schulart, Zügigkeit, Klassenstärke oder das angebotene Leistungsspektrum wie etwa Ganztagsschulen entscheiden, da dies durch den Schulnetzplan verbindlich vorgegeben werde.

Das Benehmenserfordernis genüge dem aus Art. 28 Abs. 2 GG abzuleitenden Beteiligungsanspruch bei der Hochzonung einer kommunalen Aufgabe nicht. Schulnetzpläne dürften von den Landkreisen allenfalls im Einvernehmen mit den kreisangehörigen Gemeinden aufgestellt werden. Dabei erforderten die Interessen der Gemeinden eine umso stärkere verfahrensrechtliche Einbindung, je enger die jeweilige Aufgabe an die örtliche Gemeinde gebunden sei.

2.

Die Sächsische Staatsregierung hält die Vorlage für unzulässig (a), jedenfalls für unbegründet (b).

a)

Das Verwaltungsgericht erfülle die Darlegungsanforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG nicht. Die Ausführungen des Gerichts seien sowohl unzureichend als auch inhaltlich unzutreffend und daher nicht geeignet, die Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Normen zu begründen.

aa)

Das Verwaltungsgericht habe nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die Schulnetzplanung eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft sei. Es hätte insofern zwischen Schulträgerschaft und Schulnetzplanung unterscheiden müssen. Eine Schulnetzplanung im Sinne von § 23a SchulG könne mit Blick auf das landesweit anzustrebende regional ausgewogene Bildungsprogramm nur sinnvoll gelingen, wenn die Planungsaufgaben oberhalb der Ebene kreisangehöriger Gemeinden wahrgenommen würden. Der Gesetzgeber habe mit § 23a SchulG die aus der staatlichen Schulhoheit abzuleitenden staatlichen Planungsaufgaben auf die Landkreise und Kreisfreien Städte übertragen. Auch die demographische Entwicklung spreche dagegen, die Schulnetzplanung als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft einzustufen. Diese auch der Gesetzesbegründung zugrunde liegenden Erwägungen seien im Gegensatz zur Auffassung des Verwaltungsgerichts keine reinen Wirtschaftlichkeitserwägungen. Vielmehr könne, wenn die Schülerzahlen im ländlichen Raum zurückgingen und andere Maßnahmen nicht gleich effektiv seien, der Staat ein regional ausgewogenes Bildungsangebot nur durch die Reduzierung der Anzahl von Schulen aufrechterhalten.

bb)

Das Verwaltungsgericht habe auch einen Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht nicht ausreichend begründet.

(1)

Die Schulnetzplanung könne als vorgelagerte Fachplanung nicht in das kommunale Selbstverwaltungsrecht eingreifen. Der Schulnetzplan lege nur fest, über welche Schulen die Schulträger "Beschlüsse fassen sollen". Diese Entscheidungen orientierten sich an den tatsächlichen Anmeldezahlen eines Schuljahres, seien also unabhängig von den in einem Schulnetzplan enthaltenen mehrjährigen Prognosen. Eine Aussage im Schulnetzplan sei zwar Voraussetzung für einen Entzug der staatlichen Mitwirkung an einer Schule. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe eine Planaussage aber keine unmittelbare Wirkung auf die Schulträgerschaft. Erst deren Umsetzung durch eine am öffentlichen Bedürfnis orientierte Maßnahme der Schulaufsichtsbehörde nach § 24 SchulG könne zur Schließung einer Schule führen.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts würden den Gemeinden auch keine selbständigen Lösungen bei einem Rückgang der Schülerzahlen verwehrt. Es bleibe dem Schulträger überlassen, wie er auf eine sich abzeichnende unzureichende Auslastung einer Schule reagiere. Neben der Schulschließung sei eine Änderung des Schulbezirks oder des Schuleinzugsbereichs denkbar.

cc)

Schließlich hätte das Verwaltungsgericht eine verfassungskonforme Auslegung prüfen müssen. Es sei nämlich nichts dafür ersichtlich, dass die in § 23a Abs. 1 Satz 2 bis 4, Abs. 2 SchulG näher konkretisierte Schulnetzplanung einer örtlichen Schulentwicklungsplanung entgegenstehe.

b)

Die Vorlage sei auch unbegründet. Die Schulnetzplanung nach § 23a Abs. 1 SchulG greife nicht in das Selbstverwaltungsrecht der klagenden Gemeinde ein (aa); ein Eingriff wäre jedenfalls aber gerechtfertigt (bb). Auch § 23a Abs. 3 Satz 1 SchulG sei nicht zu beanstanden (cc).

aa)

Die Schulnetzplanung habe das Ziel, eine dem öffentlichen Bedürfnis entsprechende ausgeglichene Verteilung von Lehrerressourcen und sächlichen und finanziellen Mitteln des Freistaates Sachsen und der Schulträger zu ermöglichen (§ 1 SchulnetzVO). Das zeige, dass es allein um die überörtliche Planung und Koordinierung gehe, die sinnvoll nicht durch kreisangehörige Gemeinden erfolgen könne. Um ein regional ausgewogenes Bildungsangebot sicherzustellen, müsse angesichts der demographischen Entwicklung der Schülerzahlen bereits auf der Grundschulebene überörtlich geplant werden. Demgegenüber falle die "örtliche Schulnetzplanung" im Sinne der Entscheidung über den konkreten Standort einer Schule innerhalb der Gemeinde in den Schutzbereich von Art. 28 Abs. 2 GG und sei den Gemeinden auch verblieben.

bb)

Ein etwaiger Eingriff in die Selbstverwaltungsgarantie sei jedenfalls gerechtfertigt. Die staatliche Schulhoheit beinhalte die Befugnis zur Organisation, Leitung und Planung des gesamten Schulwesens mit dem Ziel, ein Schulsystem zu gewährleisten, das allen jungen Bürgern Bildungsmöglichkeiten entsprechend ihren Fähigkeiten eröffne. Das Spannungsverhältnis zwischen der Selbstverwaltungsgarantie und der staatlichen Schulhoheit sei so aufzulösen, dass den Gemeinden das Recht der Schulträgerschaft zustehe, soweit dieses mit den staatlich allgemein festgelegten Zielen für die Ausgestaltung des Schulwesens vereinbar sei. Ein ausgewogenes Bildungssystem setze gewisse Mindestschülerzahlen voraus. Das Bundesverfassungsgericht habe ausdrücklich anerkannt, dass die kommunale Schulträgerschaft an der Leistungsfähigkeit oder der Größe einer Schule scheitern könne. An diese Maßstäbe knüpfe das sächsische Schulrecht an.

cc)

Für die Schulart Mittelschule sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts eine stärkere Beteiligung der Gemeinden an der Schulnetzplanung nicht geboten. Das Verwaltungsgericht lege seiner Auffassung einen Begriff der Volksschule zugrunde, den es seit Jahrzehnten nicht mehr gebe und in Sachsen auch nie gegeben habe. Eine bis zur Klassenstufe 10 gehende Schule, die keine für alle Schüler gemeinsame Schulbildung vorsehe, sei keine Volksschule im Sinne von Art. 7 Abs. 5 GG . Die sächsische Mittelschule habe keinen der Grundschule vergleichbaren örtlichen Bezug.

bb)

Die durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete Schulträgerschaft der Gemeinden für die Grund- und Hauptschulen erstreckt sich auf die äußeren Schulangelegenheiten. Im Gegensatz zu den dem Staat zugewiesenen inneren Schulangelegenheiten, die sämtliche Bildungs- und Erziehungsfragen betreffen, also die Fragen, "was und wie durch welche Lehrkräfte von wem gelernt werden soll" (Kloepfer, DÖV 1971, S. 837 <838>), erfassen die äußeren Schulangelegenheiten die räumlich-sächlichen Voraussetzungen der Beschulung einschließlich Errichtung, Änderung und Aufhebung von Schulen, deren Verwaltung sowie die Beschaffung und Bereitstellung der Lernmittel (vgl. Badura, in: Maunz/Dürig, GG , Art. 7 Rn. 51 - Juni 2006 -; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG , Band I, 3. Aufl. 2013, Art. 7 Rn. 48; Kloepfer, DÖV 1971, S. 837 <837 f.>).

Zu den mit der Schulträgerschaft verbundenen Aufgaben gehört namentlich die - in der Regel unter Mitwirkung des Staates (§ 21 Abs. 3 und § 24 SchulG ; zu anderen Ländern Ennuschat, Die Verwaltung, 2012, S. 331 <341>) zu treffende -Entscheidung, ob eine Schule eingerichtet oder geschlossen werden soll. Diese Entscheidung geht über die bloße Bestimmung eines konkreten Standorts innerhalb des Gemeindegebiets weit hinaus. Der Schulträger hat auch darüber zu befinden, ob ein öffentliches Bedürfnis für den Betrieb einer Schule auf seinem Gebiet besteht, und eine Schule einzurichten, fortzuführen oder zu schließen ist (vgl. § 21 Abs. 2 SchulG ; vgl. auch § 27 Abs. 2 SchulG BW; § 99 Abs. 2 Satz 1 BbgSchulG; § 137 HSchulG; § 13 Abs. 2 Satz 1 ThürSchulG). Er muss dazu unter anderem Daten zur Bevölkerungsstruktur erheben, den Bestand geeigneter Schulgebäude sichten, die örtlichen Gegebenheiten bewerten, möglichst gefahrenfreie Schulwege bestimmen und die konkreten Standorte innerhalb der Gemeinde festlegen (vgl. Rux/Niehues, Schulrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 964; Winker, DÖV 2011, S. 686 <687>).

cc)

Das gilt auch für den Freistaat Sachsen (§ 21 Abs. 1 SchulG ). Unter die Schulträgerschaft fallen hier die Errichtung und Erhaltung der Schulgebäude und Schulräume sowie ihre Ausstattung mit den erforderlichen Lehr- und Lernmitteln. Der Schulträger trägt die sächlichen Schulkosten (§ 23 Abs. 2 SchulG ) und muss eine Schule einrichten, wenn ein öffentliches Bedürfnis dafür besteht (§ 21 Abs. 2 SchulG ).

b)

Die Zuständigkeit der Gemeinden für die äußeren Schulangelegenheiten der "Volksschulen" erfasst die Schulen, die ausschließlich der Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht von in der Regel neun Schuljahren dienen. Dies gilt neben der Grundschule insbesondere auch für die Hauptschule (aa). Schulorganisatorische Entscheidungen wie die Zusammenlegung von Haupt- und Realschulen zu Regel- oder Gesamtschulen lösen die Hauptschule aus der "Volksschule" in diesem Sinne nicht heraus (bb).

aa)

Mit dem in Art. 7 Abs. 5 GG verwendeten, heute kaum noch gebräuchlichen Begriff der Volksschule knüpft das Grundgesetz an die Schulbestimmungen der Art. 145 ff. WRV an (vgl. BVerfGE 88, 40 <49 f.>), die die grundsätzlich der allgemeinen Schulpflicht dienende Volksschule mit mindestens acht Schuljahren und die anschließende Fortbildungsschule bis zum vollendeten achtzehnten Lebensjahr unterschieden. Die Weimarer Reichsverfassung etablierte die Volksschule als Einheitsschule und beseitigte die bei ihrem Erlass anzutreffende Vielfalt der sogenannten niederen Schulformen, die sich in Bezeichnungen wie Bezirksschule, Bürgerschule, höhere Bürgerschule und anderen widerspiegelte und hinsichtlich der sozialen Herkunft der Schulkinder und der Leistungsziele erhebliche Unterschiede aufwies (vgl. Apelt, Geschichte der Weimarer Verfassung , 1946, S. 330 f.). Im Gegensatz zur Reichsverfassung von 1849 (§ 153 RV 1849) statuierte Art. 145 Satz 1 WRV eine allgemeine Schulpflicht, die nicht mehr durch häuslichen Unterricht, sondern nur durch Anwesenheit in der Schule erfüllt werden konnte. Auf einer für alle gemeinsamen Grundschule baute das mittlere und höhere Schulwesen auf (Art. 146 Abs. 1 Satz 2 WRV). Dabei stand die Volksschule als Teil des dreigliedrigen Schulaufbaus den weiterführenden mittleren und höheren Schulen gegenüber. In heutiger Terminologie umfasst sie sowohl die Grundschule als auch die ausschließlich der Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht dienende Hauptschule (vgl. BVerfGK 18, 469 <473>; Badura, in: Maunz/Dürig, GG , Art. 7 Rn. 122 - Juni 2007 -; Robbers, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG , Band 1, 6. Aufl. 2010, Art. 7 Rn. 227).

bb)

Die Zuordnung der Hauptschule zur Volksschule im Sinne von Art. 7 Abs. 5 GG wie auch die Zuordnung der äußeren Schulangelegenheiten zu den Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft werden nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Landesgesetzgeber die "Volksschule" mit anderen Schularten, insbesondere der Realschule, zu einer Mittel-, Regel-, Regional- oder Oberschule oder einer ähnlich bezeichneten Schulform zusammenlegt. Zwar überlässt das Grundgesetz dem Gesetzgeber weitgehend die Entscheidung darüber, welche Schulformen er einführen will (vgl. BVerfGE 41, 29 <44 ff.>). Die in Art. 7 Abs. 5 GG enthaltene Wertentscheidung für eine grundsätzlich alle Schüler umfassende Volksschule hat er jedoch ebenso zu beachten wie die verfassungsrechtliche Rolle der Gemeinden bei der Schulträgerschaft (vgl. auch BVerfGE 34, 165 <183>; 41, 29 <46 f.>).

Der Landesgesetzgeber hat diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben unter anderem dadurch Rechnung getragen, dass die Hauptschule innerhalb der genannten Schularten ein eigenständiger Ausbildungsgang geblieben ist, der in der Regel nach einer gemeinsamen Orientierungsphase in einem abschlussbezogenen differenzierten Unterrichtsangebot mündet (vgl. etwa § 6 Abs. 1 und 2 SchulG ; siehe auch § 6 Abs. 1 ThürSchulG; § 16 Abs. 2 SchulG MV ).

c)

Der Zuordnung der Schulträgerschaft für Grund- und Hauptschulen zu den Gemeinden steht nicht entgegen, dass manche nicht mehr über ein ausreichendes Schüleraufkommen für eine eigene Grund- oder Hauptschule verfügen. Die Verwaltungskraft einer einzelnen Gemeinde ist für Umfang und Reichweite des Gewährleistungsbereichs von Art. 28 Abs. 2 GG grundsätzlich nicht entscheidend (vgl. oben Rn. 53). Andererseits hängt es durchaus von der Größe einer Gemeinde ab, ob sie die Aufgabe des Schulträgers tatsächlich erfüllen kann, schon weil sich ihre Zuständigkeit - ihrer Natur als Gebietskörperschaft entsprechend - in der Regel auf die eigenen Einwohner beschränkt. Es gehört dagegen nicht zu den durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Aufgaben der Gemeinde, schulische Angebote für Einwohner von Nachbarkommunen einzurichten und vorzuhalten (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 18. Juli 2013 - 12 K 780/13 -, [...], Rn. 26; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. August 2014 - 9 S 1722/13 -, [...], Rn. 67).

Genügen Leistungsfähigkeit und Verwaltungskraft einer Gemeinde nicht, um die mit der Schulträgerschaft einer Grund- oder Hauptschule verbundenen Aufgaben wahrzunehmen, gewährleistet Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG den Kommunen jedoch das Recht, diese Aufgabe in kommunaler Zusammenarbeit zu erfüllen, bevor der Staat sie an sich zieht (vgl. BVerfGE 26, 228 <239>; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG , 3. Aufl. 2013, Art. 7 Rn. 53; vgl. auch Geis, Kommunalrecht, 3. Aufl. 2014, S. 41).

2.

Die Zuweisung der Schulnetzplanung an die Kreisebene durch § 23a Abs. 1 Satz 1 SchulG greift in die durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Befugnis der Gemeinden ein, die Schulträgerschaft der Grund- und Hauptschulen in eigener Verantwortung wahrzunehmen, weil sie wesentliche Aspekte der Schulträgerschaft betrifft und diese weitgehend aushöhlt.

Nach § 23a Abs. 5 SchulG können Statusentscheidungen über Schulen - wie die Aufhebung oder der Entzug der staatlichen Mitwirkung - nur auf der Grundlage eines staatlich genehmigten Schulnetzplans erfolgen. Damit ist die Wahrnehmung der mit der Schulträgerschaft für die Grund- und Hauptschulen verbundenen Aufgaben weitgehend von den Festsetzungen des Schulnetzplanes abhängig, so dass sie durch den jeweiligen Landkreis und den Freistaat Sachsen maßgeblich gesteuert werden können. Das grundlegende Recht des kommunalen Schulträgers, im Rahmen der allgemeinen schulrechtlichen Vorgaben über Bestand, Standort und inhaltliche Akzentsetzung einer solchen Schule selbst zu entscheiden, wird dadurch weitgehend entleert. Wesentliche Statusentscheidungen werden - wie im Fall von § 23a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 SchulG - auf einer anderen Ebene getroffen, während dem Schulträger lediglich die Möglichkeit verbleibt, seine Vorstellungen in dem von anderer Stelle durchzuführenden Planungsverfahren geltend zu machen.

Das geht über die Schulaufsicht weit hinaus. Zwar bedürfen auch Statusentscheidungen des Schulträgers regelmäßig der Zustimmung des Landes. Die im Rahmen der Schulaufsicht ergehenden Maßnahmen sind - angesichts der Bedeutung der Grund- und Hauptschulen für die kommunale Selbstverwaltung - jedoch auf eine bloße Rechtsaufsicht beschränkt (vgl. Badura, in: Maunz/Dürig, GG , Art. 7 Rn. 51 f. - Juni 2006 -; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG , Band I, 3. Aufl. 2013, Art. 7 Rn. 44, 48 ff.).

3.

Hinreichende Gründe für die Hochzonung der Schulnetzplanung auf die Kreisebene folgen weder aus der staatlichen Schulaufsicht (a), noch lassen sie sich der Gesetzesbegründung entnehmen (b).

a)

Die in Art. 7 Abs. 1 GG dem Staat zugewiesene Schulaufsicht (aa) vermittelt diesem gegenüber den Gemeinden kein umfassendes Bestimmungsrecht in allen schulischen Angelegenheiten (bb). § 23a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 SchulG sind keine Ausprägung der staatlichen Schulaufsicht (cc).

aa)

Zur Schulaufsicht im Sinne von Art. 7 Abs. 1 GG zählt die Befugnis zur zentralen Ordnung und Organisation des Schulwesens (vgl. BVerfGE 26, 228 <238>; Badura, in: Maunz/Dürig, GG , Art. 7 Rn. 49 - Juni 2006 -). Der Staat hat ein funktionierendes Schulsystem zu gewährleisten, das jedem Schüler entsprechend seiner Begabung eine Schulausbildung ermöglicht. Dem Staat stehen deshalb Möglichkeiten der Einwirkung auf Errichtung, Änderung oder Aufhebung der einzelnen öffentlichen Schule zu (vgl. BVerfGE 26, 228 <238>).

bb)

Wie andere Bestimmungen des Grundgesetzes , insbesondere des ersten Abschnitts (Art. 1 Abs. 1 Satz 2, Art. 3 Abs. 2 , Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 GG ), schließt der in Art. 7 Abs. 1 GG verwendete Begriff des Staates die Kommunen ein. Die staatliche Schulhoheit ist insofern nicht als Gegensatz zwischen Staat und Gemeinden zu verstehen, sondern in Abgrenzung zur ursprünglich kirchlichen Vormachtstellung im Schulwesen (vgl. Badura, in: Maunz/Dürig, GG , Art. 7 Rn. 3 - Juni 2006 -; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG , Band I, 3. Aufl. 2013, Art. 7 Rn. 52; Kloepfer, DÖV 1971, S. 837 <838 f.>). Die Reichsverfassung von 1849 stellte in § 153 klar, dass das Unterrichts- und Erziehungswesen unter der Oberaufsicht des Staates stehen und, abgesehen vom Religionsunterricht, der Beaufsichtigung der Geistlichkeit entzogen sein sollten. Dementsprechend betraute auch Art. 144 Satz 2 WRV "fachmännisch vorgebildete Beamte" mit der Schulaufsicht und grenzte sich so von der vormals üblichen Beaufsichtigung durch Geistliche ab (vgl. Brosius-Gersdorf, in: Henneke, Stärkung kommunaler Bildungskompetenzen, 2011, S. 63 ff. <70>; Ennuschat, Die Verwaltung, 2012, S. 331 <332 ff.>; Thiel, in: Sachs, GG , 7. Aufl. 2014, Art. 7 Rn. 33; Kloepfer, DÖV 1971, S. 837 <841>). Art. 144 Satz 1 WRV stellte das gesamte Schulwesen unter die Aufsicht des Staates, der die Gemeinden daran beteiligen konnte.

Auch wenn Art. 7 Abs. 1 GG im Gegensatz zu Art. 144 Satz 1 WRV die Gemeinden im Zusammenhang mit der Schulaufsicht nicht nennt, hat sich an dieser organisatorischen Ausgestaltung der Zuständigkeiten im Schulwesen insoweit nichts geändert (vgl. Rux/Niehues, Schulrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 929). Das Grundgesetz hat die Gemeinden in den Staatsaufbau integriert und sie zugleich mit eigenen Rechten ausgestattet. Ein umfassender staatlicher Machtanspruch gegenüber den Kommunen im Bereich der Schulaufsicht ist damit nicht vereinbar. Länder und Gemeinden üben - jedenfalls bei den äußeren Schulangelegenheiten -die Schulaufsicht vielmehr gemeinsam aus und sind dabei zum Zusammenwirken verpflichtet (vgl. Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG , 3. Aufl. 2013, Art. 7 Rn. 51 f.; Uhle, in: Epping/Hillgruber, GG , Art. 7 Rn. 15 - Juni 2014 -; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG , 13. Aufl. 2014, Art. 7 Rn. 4; Kloepfer, DÖV 1971, S. 837 <841>; a.A. Rux/Niehues, Schulrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 929).

cc)

Das Spannungsverhältnis zwischen dem aus Art. 7 Abs. 1 GG folgenden zentralen Bestimmungsrecht des Staates in schulischen Angelegenheiten und dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden im Bereich der Grund- und Hauptschulen ist dahin aufzulösen, dass den Gemeinden die Wahrnehmung der äußeren Schulangelegenheiten zusteht, soweit diese mit den vom Staat allgemein festgelegten Zielen für die Ausgestaltung des Schulwesens vereinbar ist (vgl. BVerfGE 26, 228 <239 f.>). Gesetzliche Anforderungen, etwa Vorgaben von Mindestzahlen (vgl. § 4a Abs. 1 SchulG ), kann der Staat festsetzen und im Wege der Rechtsaufsicht ebenso durchsetzen wie die ordnungsgemäße Erledigung der mit der Schulträgerschaft verbundenen Aufgaben. Erfüllt eine Gemeinde jedoch die allgemeinen schulrechtlichen Vorgaben für den Betrieb einer Grund- oder Hauptschule, garantiert ihr Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG bei der Schulnetzplanung jedenfalls ein wirksames Mitentscheidungsrecht.

b)

Andere Gründe, die eine Hochzonung der Schulnetzplanung für Grund- oder Hauptschulen rechtfertigen könnten, sind derzeit nicht ersichtlich. Der in der Gesetzesbegründung angeführte Befund, dass die Gemeinden überwiegend davon abgesehen hätten, Schulnetzpläne aufzustellen, belegt nur, dass sie diese Aufgabe nicht wahrgenommen haben, lässt aber nicht den Schluss zu, dass sie dazu nicht in der Lage wären (vgl. BbgVerfG, Beschluss vom 17. Juli 1997 - VfGBbg 1/97 -, LKV 1997, S. 449 <453>). Insofern handelt es sich bei der behaupteten Überforderung der Gemeinden allenfalls um eine Effizienzüberlegung, die es für sich genommen jedenfalls nicht rechtfertigt, die Schulnetzplanung allen kreisangehörigen Gemeinden unterschiedslos zu entziehen. Ebenso wenig sind unterbliebene Entscheidungen über Schulschließungen ein Beleg dafür, dass die Gemeinden nicht in der Lage wären, für ihr jeweiliges Gebiet - oder abgestimmt mit Nachbargemeinden - eine Schulnetzplanung vorzunehmen, solange dem Freistaat Sachsen mit der Aufsicht ausreichend Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um die Beachtung der gesetzlichen Anforderungen zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen und gesetzeskonformen Schulbetriebs sicherzustellen.

4.

Eine Schulnetzplanung auf Kreisebene für die Grund- und Mittelschulen ist mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nach alledem nur vereinbar, wenn sie den kreisangehörigen Gemeinden ein wirksames Mitentscheidungsrecht einräumt. Das in § 23a Abs. 3 Satz 1 SchulG vorgesehene Benehmenserfordernis genügt diesen Vorgaben nicht (a). Bei der Aufstellung von Schulnetzplänen durch die Landkreise ist jedenfalls die Herstellung eines Einvernehmens mit den betroffenen kreisangehörigen Gemeinden erforderlich (b).

a)

Das in § 23a Abs. 3 Satz 1 SchulG vorgesehene Benehmenserfordernis gewährt den Gemeinden kein wirksames Mitentscheidungsrecht. Es steht für eine verfahrensrechtliche Beteiligung, in der der Mitwirkung nach dem Willen des Gesetzgebers keine materielle Rechtsposition des beteiligten Trägers öffentlicher Belange korrespondiert. Benehmenserfordernisse "sind im Regelfall ausschließlich dem objektiv-rechtlichen Ziel einer breiteren Beurteilungsgrundlage und damit einer besseren Entscheidungsfindung verpflichtet" (BVerwGE 92, 258 <261>; vgl. auch Pünder, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, S. 487 f.).

Die Herstellung des Benehmens erfordert nach dem gefestigten verwaltungsrechtlichen Verständnis daher zwar eine Anhörung des Trägers öffentlicher Belange durch die entscheidende Behörde und verpflichtet diese, die Stellungnahme zu erwägen und Möglichkeiten einer Berücksichtigung auszuloten. Der beteiligte Träger öffentlicher Belange soll seinen Standpunkt darlegen, Einwände im Hinblick auf die von ihm vertretenen Interessen erheben und auf das Ergebnis der Entscheidung auch Einfluss nehmen können (vgl. HessVGH, Urteil vom 12. Juni 2012 - 2 C 165/11.T -, [...], Rn. 36). Eine Benehmensherstellung erfordert allerdings keine Einigung der beteiligten Verwaltungsträger, sondern gestattet es der entscheidenden, das Benehmen herstellenden Behörde, sich über das Vorbringen des beteiligten Trägers öffentlicher Belange hinwegzusetzen (vgl. BVerwGE 92, 258 <262>; 114, 232 <235>; Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem u.a., <Hrsg.> GVwR I, 2. Aufl. 2012, § 10 Rn. 24; Pünder, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, S. 487). Anders als bei Einvernehmens- oder Zustimmungserfordernissen gewährt das Benehmenserfordernis somit kein echtes Mitentscheidungsrecht.

b)

Im Falle der kommunalen Schulträgerschaft geht es hingegen nicht nur um öffentliche Belange, sondern um die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG , die als subjektive Rechtstellungsgarantie auch ihre Geltendmachung im Einzelfall ermöglicht und in die die Schulnetzplanung der Landkreise nach § 23a Abs. 1 Satz 1 SchulG eingreift. Eine Schulnetzplanung für Grund- und Hauptschulen gegen den Willen der betroffenen Gemeinden ist grundsätzlich unzulässig. Mit der in § 23a Abs. 3 Satz 1 SchulG vorgesehenen Beschränkung auf ein bloßes Benehmenserfordernis kann die Verteidigung ihrer spezifischen Belange nicht wirksam gelingen. Vielmehr sind den Gemeinden für die Beteiligung an einer Schulnetzplanung auf Kreisebene zumindest Mitentscheidungsbefugnisse einzuräumen, wie sie etwa für das Einvernehmen kennzeichnend sind (vgl. dazu Groß, GVwR I, 2. Aufl. 2012, § 13 Rn. 106). Das schließt nicht aus, dass ihre Mitwirkung rechtlich, etwa durch Vorschriften über Mindestschülerzahlen (vgl. § 4a SchulG , Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Schulnetzplanung im Freistaat Sachsen <Schulnetzplanungsverordnung - SchulnetzVO> vom 2. Oktober 2001, Anhang SächsGVBl 2001, S. 672) oder an die Feststellung eines öffentlichen Bedürfnisses für die Errichtung oder Fortführung einer öffentlichen Schule (§ 21 Abs. 2 SchulG ), gebunden wird oder dass sie bei einer rechtswidrigen Verweigerung auch durch die Aufsichtsbehörde ersetzt werden kann.

Vorinstanz: VG Dresden, vom 28.02.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 5 K 337/11