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BVerfG - Entscheidung vom 04.12.2013

1 BvR 1154/10

Normen:
GG Art. 6 Abs. 1
GG Art. 6 Abs. 2

Fundstellen:
DÖV 2014, 307
FamRB 2014, 48
FamRZ 2014, 191
FamRZ 2014, 277
FuR 2014, 240
MDR 2014, 8
NVwZ 2014, 7

BVerfG, Beschluss vom 04.12.2013 - Aktenzeichen 1 BvR 1154/10

DRsp Nr. 2014/180

Ausschluss eines mutmaßlichen biologischen Vaters zum Schutz der rechtlich-sozialen Familie von der Vaterschaftsanfechtung

Es ist mit Art. 6 Abs. 2 GG vereinbar, den mutmaßlichen biologischen Vater zum Schutz der rechtlich-sozialen Familie von der Vaterschaftsanfechtung auszuschließen, auch wenn der biologische Vater vorträgt, vor und in den Monaten nach der Geburt eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind aufgebaut zu haben. Für diesen Fall kommt lediglich die Ableitung eines Umgangsrechts aus Art. 6 Abs. 1 GG in Betracht.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Normenkette:

GG Art. 6 Abs. 1 ; GG Art. 6 Abs. 2 ;

Gründe

1. Der Beschwerdeführer ist überzeugt, biologischer Vater einer Tochter zu sein, die in die Ehe der Kindesmutter mit einem anderen Mann hineingeboren wurde. Die außereheliche Beziehung der Kindesmutter zum Beschwerdeführer - deren Intensität im fachgerichtlichen Verfahren streitig blieb - endete, als das Kind vier Monate alt war. Seit das Kind elf Monate alt ist, lebt es mit der Kindesmutter, dem rechtlichen Vater und seinen minderjährigen Geschwistern in einem gemeinsamen Haushalt.

a) Eine Vaterschaftsanfechtungsklage des Beschwerdeführers blieb vor den Fachgerichten erfolglos. Die sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater stehe gemäß § 1600 Abs. 2 BGB einer Anfechtung entgegen.

b) Der Beschwerdeführer hält die Abweisung seiner Vaterschaftsanfechtungsklage für verfassungswidrig; sie verletze unter anderem Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG sowie Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention ( EMRK ). Der Gesetzgeber sei verfassungsrechtlich verpflichtet, dem biologischen Vater die rechtliche Elternstellung einzuräumen, es sei denn, nach einer Interessenabwägung im Einzelfall stünden ausnahmsweise gleichrangige Interessen anderer Beteiligter entgegen. Gefährde eine Anfechtung im konkreten Einzelfall weder das Kindeswohl noch den Familienfrieden, müsse sich der biologische Vater durchsetzen.

2. Die Verfassungsbeschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor.

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits festgestellt, dass es mit Art. 6 Abs. 2 GG vereinbar ist, den mutmaßlichen biologischen Vater zum Schutz der rechtlich-sozialen Familie von der Vaterschaftsanfechtung auszuschließen, auch wenn der biologische Vater vorträgt, vor und in den Monaten nach der Geburt eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind aufgebaut zu haben und hat für diesen Fall lediglich aus Art. 6 Abs. 1 GG ein Umgangsrecht abgeleitet (BVerfGE 108, 82 <87 f., 90, 106, 109, 112 f.>). Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte folgt nichts anderes. Der Gerichtshof hat insbesondere klargestellt, dass die Entscheidung darüber, ob dem biologischen Vater in dem Fall, dass die rechtliche Vaterschaft mit der Rolle als sozialer Vater übereinstimmt, die Anfechtung der Vaterschaft gestattet werden soll, innerhalb des Beurteilungsspielraums des Staats liegt ( EGMR , Urteile vom 22. März 2012 - Beschwerde-Nr. 23.338/09, Kautzor/Deutschland - [...], Rn. 78 ff. und - Beschwerde-Nr. 45.071/09, Ahrends/Deutschland - [...], Rn. 74 ff.; Entscheidung vom 11. Dezember 2012 - Beschwerde-Nr. 11858/10, Koppikar/Deutschland).

Vor diesem Hintergrund wirft die Verfassungsbeschwerde keine klärungsbedürftige verfassungsrechtliche Frage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Auch hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt, dass die angegriffenen fachgerichtlichen Entscheidungen unter Heranziehung der genannten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung seine Grundrechte verletzen.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Vorinstanz: AG Zwickau, vom 30.10.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 008 F 00502/09
Vorinstanz: OLG Dresden, vom 08.04.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 20 UF 0730/09
Vorinstanz: OLG Dresden, vom 19.03.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 20 UF 730/09
Fundstellen
DÖV 2014, 307
FamRB 2014, 48
FamRZ 2014, 191
FamRZ 2014, 277
FuR 2014, 240
MDR 2014, 8
NVwZ 2014, 7