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Überprüfung des verwaltungsbehördlichen Ermessens bei BAföG-Vorausleistungen

Wurden BAföG-Vorausleistungen erbracht und wird sodann aus übergegangenem Recht Unterhalt geltend gemacht, hat das Familiengericht auch zu prüfen, ob der BAföG-Bescheid ermessensfehlerfrei erlassen wurde.

Darum geht es

Die Parteien streiten um Volljährigenunterhalt aus übergegangenem Recht. Der volljährige Sohn bezog als Student vom klagenden Land Leistungen nach dem BAföG. Der vom Land in Regress genommene Vater macht u.a. geltend, ihm sei nach § 25 Abs. 6 Satz 1 BAföG zur Vermeidung unbilliger Härten zumindest ein Teil seines Einkommens anrechnungsfrei zu belassen. Dabei stellt sich die Frage, ob die nach öffentlichem Recht zu treffende Ermessensentscheidung des Landes vom Familiengericht zu überprüfen ist.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Familiengericht hat die Entscheidung der Behörde auf Ermessensfehler und damit auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen.

Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 BAföG geht der Unterhaltsanspruch, den der Auszubildende gegen seine Eltern hat, mit der Zahlung bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf das Land über, jedoch nur soweit auf den Bedarf des Auszubildenden das Einkommen der Eltern nach dem BAföG anzurechnen ist.

Der Anspruchsübergang wird nicht nur durch den Betrag der geleisteten Aufwendungen und den nach bürgerlichem Recht geschuldeten Unterhalt begrenzt, sondern auch durch das nach den Vorschriften des BAföG anzurechnende Einkommen der Eltern.

Im vorliegenden Fall kommt eine Begrenzung nach § 25 Abs. 6 Satz 1 BAföG in Betracht, wonach zur Vermeidung unbilliger Härten ein weiterer Teil des Einkommens anrechnungsfrei bleiben kann.

Für das Familiengericht besteht zwar kein Raum für eine eigene Ermessensausübung. Genau wie das Verwaltungsgericht kann und muss es die Entscheidung der Behörde aber auf Ermessensfehler und damit auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen.

Für die Begrenzung des Anspruchsübergangs darlegungs- und beweisbelastet ist der in Anspruch genommene Unterhaltspflichtige. Soweit es diesem nicht gelingt, die Voraussetzungen für eine Ermessensreduzierung hinsichtlich des geltend gemachten Härtefreibetrags darzulegen, ist von der Rechtmäßigkeit der behördlichen Bewilligung und dem darin zugrunde gelegten einsetzbaren Elterneinkommen auszugehen.

Folgerungen aus der Entscheidung

Nicht ausreichend ist es, nach der Bewilligung von BAföG-Vorausleistungen davon auszugehen, die unterhaltspflichtigen Eltern könnten in Höhe der erbrachten Leistungen in Anspruch genommen werden. Vielmehr sind auch die Billigkeitsnormen des BAföG zu prüfen. Dies kann zu einer Reduzierung des Betrags führen, der als Regressanspruch von den Eltern verlangt werden kann.

Praxishinweis

Die Entscheidung beleuchtet das Dreiecksverhältnis zwischen unterhaltsberechtigtem Kind, unterhaltspflichtigen Eltern und BAföG-Leistungen erbringendem Land und stellt klar, dass die behördliche Ermessensentscheidung nicht uneingeschränkt zu übernehmen ist. Zugleich weist sie darauf hin, wen die Darlegungs- und Beweislast treffen. Anwälten, die mit BAföG-Fällen zu tun haben, ist deshalb zu raten, sich gründlich damit auseinanderzusetzen.

Weiter zum Volltext: BGH, Urt. v. 17.07.2013 – XII ZR 49/12, DRsp-Nr. 2013/19416