Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 16.09.2015

IV ZR 105/14

Normen:
VVG § 5a Abs. 2 S. 1 und S. 4
VVG § 8 Abs. 5 S. 3
BGB § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt.
BGB § 346 Abs. 1

BGH, Urteil vom 16.09.2015 - Aktenzeichen IV ZR 105/14

DRsp Nr. 2015/17547

Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Lebensversicherung; Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung; Fehlerhaftigkeit einer Belehrung in einem Versicherungsschein; Ordnungsgemäße Belehrung über das Widerspruchsrecht; Zustandekommen eines Versicherungsvertrages

Ein Anspruch auf Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Lebensversicherung aus ungerechtfertigter Bereicherung kann nicht mit der Begründung verneint werden, der Widerspruch sei verfristet, weil die Ausschlussfrist des § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. abgelaufen gewesen sei, wenn keine Feststellungen dazu getroffen wurden, ob der Vertrag im Policenmodell oder im Antragsmodell zustandegekommen war.

Tenor

Auf die Revision der Klägerseite wird das Urteil des Landgerichts Passau - 1. Zivilkammer - vom 27. Februar 2014 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2.304,85 € festgesetzt.

Normenkette:

VVG § 5a Abs. 2 S. 1 und S. 4; VVG § 8 Abs. 5 S. 3; BGB § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt.; BGB § 346 Abs. 1 ;

Tatbestand

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebunde nen Lebensversicherung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. April 2002 abgeschlossen. Mit Schreiben vom 25. Februar 2009 erklärte d. VN den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F., hilfsweise die Kündigung. Der Versicherer akzeptierte die Kündigung und zahlte den Rückkaufswert aus.

Mit der Klage verlangt d. VN Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts, insgesamt 2.304,85 €.

D. VN trägt vor, der Versicherungsvertrag sei nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen worden und nicht wirksam zustande gekommen. Der Versicherungsschein enthalte keine Widerspruchsbelehrung. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe der Widerspruch noch erklärt werden können.

Nach Auffassung des Versicherers ist der Vertrag im Antragsmodell geschlossen worden.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Dieses hat unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil offengelassen, ob der Vertrag im Antragsmodell oder nach dem Policenmodell geschlossen wurde, und einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. Die vorgelegten Schriftst ücke enthielten keine ausreichende Widerrufsbelehrung. Der Widerspruch sei verfristet, weil die Ausschlussfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. abgelaufen gewesen sei. Diese Vorschrift sei mit den maßgeblichen europäischen Richtlinien vereinbar.

II. Die Revision ist begründet.

1. Ein - mit der Revision allein weiter verfolgter - Anspruch auf Prämienrückzahlung aus ungerechtfertigter Bereicherung kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneint werden.

Da das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob der Vertrag im Policenmodell oder im Antragsmodell geschlossen wurde, ist auch offen, ob d. VN eine Rücktrittsbelehrung nach § 8 Abs. 5 Satz 3 VVG a.F. oder eine Widerspruchsbelehrung gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. zu erteilen war und ob im Falle einer fehlerhaften Belehrung als Anspruchsgrundlage für einen etwaigen Rückzahlungsanspruch § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB oder § 346 Abs. 1 BGB in Betracht kommt.

2. Die fehlenden Feststellungen wird das Berufungsgericht nachzuholen haben und dabei - je nachdem zu welchem Ergebnis es gelangt - die Vorgaben der Senatsurteile vom 7. Mai 2014 ( IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101), vom 16. Juli 2014 ( IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102) und vom 17. Dezember 2014 ( IV ZR 260/11, VersR 2015, 224) zu beachten haben.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 16. September 2015

Vorinstanz: AG Passau, vom 12.07.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 17 C 2013/12
Vorinstanz: LG Passau, vom 27.02.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 1 S 58/13