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BGH - Entscheidung vom 12.08.2013

V ZB 104/13

Normen:
ThUG § 3
ThUG § 18
FamFG § 64 Abs. 3
BVerfGG § 31

BGH, Beschluss vom 12.08.2013 - Aktenzeichen V ZB 104/13

DRsp Nr. 2013/19782

Aussetzung der Vollziehung einer Therapieunterbringung

Tenor

Die Vollziehung des Beschlusses des Landgerichts Regensburg - 7. Zivilkammer - vom 15. Mai 2013 wird einstweilen ausgesetzt.

Normenkette:

ThUG § 3; ThUG § 18; FamFG § 64 Abs. 3 ; BVerfGG § 31 ;

Gründe

1. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht die Therapieunterbringung des Betroffenen bis zum 16. Oktober 2014 verlängert. Das vorlegende Oberlandesgericht möchte die Beschwerde des Betroffenen gegen diese Entscheidung zurückweisen, sieht sich daran aber durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 13. März 2013 gehindert, wonach eine Therapieunterbringung nur angeordnet werden darf, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist. Unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juli 2013 ( 2 BvR 2302/11 und 1279/12) hat der Betroffene seine sofortige Entlassung aus der Therapieunterbringung beantragt.

2. Der Antrag ist nach § 3 ThUG i.V.m. § 64 Abs. 3 FamFG statthaft und auch begründet.

a) Der Bundesgerichtsgerichtshof hat im Vorlageverfahren nach § 18 ThUG anstelle des Beschwerdegerichts über die beantragte einstweilige Anordnung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dabei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels und die drohenden Nachteile für den Betroffenen gegeneinander abzuwägen. Die Aussetzung der Vollziehung einer Therapieunterbringung, kommt danach regelmäßig nur in Betracht, wenn das Rechtsmittel Aussicht auf Erfolg hat oder die Rechtslage zumindest zweifelhaft ist (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Januar 2010 - V ZB 14/10, FGPrax 2010, 97 Rn. 5 für die Freiheitsentziehung).

b) Diese Voraussetzungen liegen vor. Mit dem Beschluss vom 11. Juli 2013 hat das Bundesverfassungsgericht die von dem vorlegenden Oberlandesgericht aufgeworfene Frage im Sinne der von dem Oberlandesgericht Karlsruhe vertretenen Auffassung entschieden (2 BvR 2302/11 und 2 BvR 1279/12 Rn. 70 und 75). An diese verfassungskonforme Auslegung ist der Senat gemäß § 31 BVerfGG gebunden. Die danach für die Anordnung der Therapieunterbringung erforderliche hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten, die aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist, hatte ein anderer Senat des vorlegenden Oberlandesgerichts im Zusammenhang mit der Beendigung einer früher angeordneten Sicherungsverwahrung des Betroffenen in dem Beschluss vom 9. Juni 2011 (1 W 557/109 OLG Nürnberg) verneint. Das Landgericht hat in dem vorliegenden Verfahren lediglich festgestellt, dass der Betroffene "mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben und die Unversehrtheit anderer Personen erheblich beeinträchtigen wird". Das Oberlandesgericht hat die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt, weil dieses von ihm für ausreichend gehaltene Gefährdungspotential deutlich hinter dem seinerzeit von dem Oberlandesgericht Karlsruhe und jetzt von dem Bundesverfassungsgericht geforderten zurückbleibt. Damit besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Therapieunterbringung des Betroffenen nicht hätte verlängert werden dürfen.

3. Die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses ist deshalb einstweilen auszusetzen. Von Anordnungen (insbesondere Meldeauflagen) sieht der Senat im Hinblick auf umfangreiche Weisungen aus dem Sicherungsverwahrungsverfahren vorläufig ab.

Vorinstanz: LG Regensburg, vom 15.05.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 7 O 2349/12
Vorinstanz: OLG Nürnberg, vom 09.07.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 15 W 1211/13