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BSG - Entscheidung vom 19.12.2007

B 12 SF 10/07 S

Normen:
SGG § 57 § 58 Abs. 1 Nr. 5 § 74
ZPO § 62 Abs. 1

BSG, Beschluss vom 19.12.2007 - Aktenzeichen B 12 SF 10/07 S

DRsp Nr. 2008/8659

Zulässigkeit der Bestimmung des örtlich zuständigen Sozialgerichts bei Streitigkeiten wegen der Untersagung der Zuschlagserteilung für Rabattvereinbarungen

Die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands der notwendigen Streitgenossenschaft für das Klage- und das vorläufige Rechtsschutzverfahren ist gerechtfertigt, wenn die Vergabekammer des Bundes beim Bundeskartellamt die Zuschlagserteilung für den Abschluss von Rabattvereinbarungen mit pharmazeutischen Unternehmen durch gemeinsam auftretende Krankenkassen untersagt. [Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Normenkette:

SGG § 57 § 58 Abs. 1 Nr. 5 § 74 ; ZPO § 62 Abs. 1 ;

Gründe:

I. Die klagenden Krankenkassen beabsichtigen den Abschluss von Rabattvereinbarungen mit pharmazeutischen Unternehmern. Sie veröffentlichten zu diesem Zweck gemeinsam ein "Anschreiben an pharmazeutische Unternehmer", in dem sie ua ihre Absicht bekundeten, Rabattvereinbarungen für alle Klägerinnen gemeinsam abzuschließen, und sich die Klägerin zu 1. diesbezüglich ua als federführend handelnder Vertragspartner bezeichnete. Auf Antrag der Beigeladenen zu 1., 2., 3., 4., 5., 6. und 7. untersagte die 2. Vergabekammer des Bundes beim Bundeskartellamt mit sieben jeweils an die Klägerinnen zu 1. bis 16. adressierten Beschlüssen vom 15.11.2007, auf die vorliegenden Angebote pharmazeutischer Unternehmer zu im Tenor dieser Entscheidungen näher genannten Wirkstoffen Zuschläge zu erteilen, und übersandte diese Beschlüsse jeder der Klägerinnen zu 1. bis 16. gesondert. Gegen die Beschlüsse haben die Klägerinnen zu 1. bis 17. Klage zum Sozialgericht Stuttgart erhoben und um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Außerdem ist beim Oberlandesgericht Düsseldorf hiergegen sofortige Beschwerde eingelegt worden.

Unter dem 29.11.2007 haben die Klägerinnen zu 1. bis 16. nach § 58 Abs 2 , Abs 1 Nr 5 SGG das Bundessozialgericht (BSG) zur Bestimmung des zuständigen Gerichts innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit angerufen und angeregt, "das Sozialgericht Stuttgart als zuständiges Gericht für das Klage- und das vorläufige Rechtsschutzverfahren gegen die Beschlüsse der 2. Vergabekammer des Bundes vom 15.11.2007 (VK 2-102/07, VK 2-105/07, VK 2-108/07, VK 2-114/07, VK 2-117/07, VK 2-120/07 und VK 2-123/07) zu bestimmen".

II. Die Entscheidung des Senats in diesem Verfahren beschränkt sich darauf, welches Gericht innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit für die Rechtsstreite örtlich zuständig ist. Das BSG hat im Bestimmungsverfahren nach § 58 SGG über die Sachurteilsvoraussetzungen im Hauptsacheverfahren und damit über die Zulässigkeit von Rechtsschutzbegehren nicht zu befinden (vgl BSG, Beschluss vom 10.2.2005, B 13/7 SF 36/04 S, SozR 4-1500 § 58 Nr 4 RdNr 5 mwN). Unerörtert bleiben kann deshalb vor allem, ob der beschrittene Rechtsweg zu den Sozialgerichten zulässig ist und/oder eine andere Gerichtsbarkeit hierüber bereits mit für die Sozialgerichtsbarkeit bindender Wirkung entschieden hat. Insoweit ist Voraussetzung für eine Zuständigkeitsbestimmung in diesem Verfahren allein, dass das Rechtsschutzgesuch bei einem Sozialgericht angebracht wurde.

1. Der auf Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit durch das BSG gerichtete Antrag der Klägerinnen zu 1. bis 16. ist zulässig. Das BSG ist als gemeinsam nächsthöheres Gericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen (§ 58 Abs 2 SGG ). Im Sinne von § 58 Abs 1 Nr 5 SGG ist eine örtliche Zuständigkeit nach § 57 SGG nicht gegeben, weil für diese Klägerinnen Sozialgerichte verschiedener Landessozialgerichtsbezirke zuständig sind. Im Hinblick darauf, dass die in Aussicht genommenen Rabattvereinbarungen nur für alle Krankenkassen gemeinsam abgeschlossen werden sollen, die Krankenkassen auch bei der Ausschreibung dieser Verträge gemeinsam aufgetreten sind und ihnen als Gesamtheit die Zuschlagserteilung untersagt wurde, ist nicht auszuschließen, dass die Klägerinnen zu 1. bis 16. notwendige Streitgenossen iS von § 74 SGG , § 62 Abs 1 ZPO sind. Dies rechtfertigt die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands der notwendigen Streitgenossenschaft (vgl BSG, aaO, RdNr 4).

Zum örtlich zuständigen Gericht ist das Sozialgericht Stuttgart zu bestimmen. Dies beruht auf der Überlegung, dass die Klägerinnen zu 1. bis 16. dieses Gericht für ihre gemeinsame Klage und ihre gemeinsamen Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz gewählt haben und die Verfahren dort seit dem 29.11.2007 rechtshängig sind. Die als federführend bezeichnete Klägerin zu 1. hat außerdem im Bezirk des Sozialgerichts Stuttgart ihren Sitz.

2. Soweit eine oder mehrere der Klägerinnen zu 1. bis 16. für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts - als Klägerin zu 17. - Klage erhoben und um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht haben, ist zu Recht kein Antrag auf Bestimmung des örtlich zuständigen Sozialgerichts durch das BSG gestellt worden. Denn insoweit kommt eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 58 SGG nicht in Betracht, weil sich die örtliche Zuständigkeit im Hinblick auf § 57 SGG nach dem Sitz der Gesellschaft richtet.

Vorinstanz: SG Stuttgart, - Vorinstanzaktenzeichen S 10 KR 8605/07
Vorinstanz: SG Stuttgart, - Vorinstanzaktenzeichen S 10 KR 8604/07