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BVerfG - Entscheidung vom 24.11.2006

1 BvQ 35/06

Normen:
BVerfGG § 32 Abs. 1
GG Art. 8 Abs. 1

BVerfG, Beschluss vom 24.11.2006 - Aktenzeichen 1 BvQ 35/06

DRsp Nr. 2006/30017

Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung gegen Auflagen gegenüber einer Versammlung

Auch wenn schwer nachvollziehbar ist, wieso die Bekanntgabe der Auflagen an die Versammlungsteilnehmer durch den Versammlungsleiter unter Einsatz eines Lautsprecherwagens oder Megaphons die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet oder warum den eventuell aus der Nutzung technischer Hilfsmittel resultierenden Gefahren nicht anderweitig entgegengewirkt wird, ist entscheidend, dass die Erreichung des Versammlungszwecks nicht durch die Vorgabe beeinträchtigt oder gar vereitelt wird, die Ordner sollten die Auflagen ohne Einsatz technischer Hilfsmittel bekannt geben.

Normenkette:

BVerfGG § 32 Abs. 1 ; GG Art. 8 Abs. 1 ;

Gründe:

Der Antrag betrifft die behördlich angeordnete sofortige Vollziehbarkeit eines versammlungsrechtlichen Auflagenbescheides. Auf die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. November 2006 - 5 B 2481/06 - und des Verwaltungsgerichts Minden vom 21. November 2006 - 11 L 820/06 - wird zur Darstellung des Sachverhalts Bezug genommen.

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 32 Abs. 1 BVerfGG ) liegen nicht vor. Wird eine Versammlung nicht verboten, sondern lediglich gemäß § 15 Abs. 1 VersG von bestimmten Auflagen abhängig gemacht, ist ein schwerer Nachteil oder ein anderer wichtiger Grund, aus dem der Erlass einer einstweiligen Anordnung zum gemeinen Wohl dringend geboten wäre, in der Regel zu verneinen. So liegt es auch hier. Weder die Erreichung des Versammlungszweckes insgesamt noch die von dem Antragsteller mit seiner Teilnahme verfolgten kommunikativen Absichten werden durch die fraglichen Auflagen derart wesentlich beeinträchtigt, dass ein Einschreiten des Bundesverfassungsgerichts zum gemeinen Wohl, wie es § 32 Abs. 1 BVerfGG voraussetzt, dringend geboten wäre.

Auch wenn schwer nachvollziehbar ist, wieso die Bekanntgabe der Auflagen an die Versammlungsteilnehmer durch den Versammlungsleiter unter Einsatz eines Lautsprecherwagens oder Megaphons die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet oder warum den eventuell aus der Nutzung technischer Hilfsmittel resultierenden Gefahren nicht anderweitig entgegengewirkt wird, ist entscheidend, dass die Erreichung des Versammlungszwecks nicht durch die Vorgabe beeinträchtigt oder gar vereitelt wird, die Ordner sollten die Auflagen ohne Einsatz technischer Hilfsmittel bekannt geben.

Die mit einer Vielzahl von Vorstrafen des Antragstellers begründete Untersagung der Wahrnehmung der Funktion des Versammlungsleiters durch den Antragsteller stellt ebenfalls keinen Nachteil von hinreichendem Gewicht dar. Der Ausschluss bezieht sich nur auf die besondere Funktion des Versammlungsleiters, der für den ordnungsgemäßen Ablauf der Versammlung zu sorgen hat und insofern Ansprechpartner der Polizei bei der Durchführung der Versammlung ist. Will der Antragsteller die Versammlung gleichwohl durchführen, steht es ihm frei, eine andere Person als Leiter zu bestellen. Dafür, dass dies praktisch nicht durchführbar wäre, ist trotz der nicht näher substantiierten gegenteiligen Behauptung des Antragstellers nichts ersichtlich. Dem Antragsteller ist es im Übrigen nicht verwehrt, die Funktion als Veranstalter der Versammlung wahrzunehmen und dadurch sein inhaltliches Anliegen zu verwirklichen.

Ob die Auflagen rechtmäßig sind, hat das Bundesverfassungsgericht im Eilverfahren nicht zu entscheiden. Dies muss gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren geklärt werden.