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BGH - Entscheidung vom 23.03.2005

2 StR 11/05

Normen:
StGB § 52 Abs. 1 § 241 Abs. 1

BGH, Beschluß vom 23.03.2005 - Aktenzeichen 2 StR 11/05

DRsp Nr. 2005/6445

Konkurrenzen bei Bedrohungen in verschiedenen Briefen

Werden Bedrohungen in verschiedenen Briefen geäußert, so besteht Tateinheit, wenn diese gleichzeitig auf den Postweg gebracht wurden.

Normenkette:

StGB § 52 Abs. 1 § 241 Abs. 1 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bedrohung in fünf Fällen, Bedrohung in Tateinheit mit Beleidigung in zwei Fällen sowie wegen Beleidigung in zwei Fällen zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg, im übrigen ist sie unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO .

Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg.

1. Die Verfahrensrügen sind bereits nicht zulässig ausgeführt, jedenfalls aber aus den Erwägungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 10. Februar 2005 unbegründet.

2. a) Die Sachrüge führt zur Änderung des Schuldspruchs hinsichtlich der Taten II. 4.-6. der Urteilsgründe. Die Annahme des Landgerichts, diese Taten stünden im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander, hält - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat - rechtlicher Prüfung nicht stand. Nach den Feststellungen sind die Schreiben an die Zeugen Dr. F. (Tat 4.), T. (Tat 5.) und H. (Tat 6.) jeweils am 15. Oktober 2001 in Dänemark bzw. Schweden abgestempelt worden. Das Landgericht hält es für möglich, daß der Angeklagte von der ihm als früheren Briefmarkensammler bekannten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Briefe frankiert an die Postämter in Dänemark und Schweden zu versenden, um diese dort abstempeln zu lassen. Unter diesen Umständen ist es nicht ausgeschlossen, daß der Angeklagte die gleichlautenden Briefe auch gleichzeitig auf den Postweg gebracht hat. In diesem Fall - von dem zugunsten des die Vorwürfe bestreitenden Angeklagten auszugehen ist - ist aber nicht Tatmehrheit sondern Tateinheit - hinsichtlich der Bedrohungen in drei rechtlich zusammentreffenden Fällen - gegeben, weil jedenfalls teilweise Tatidentität vorliegt. Die Vorschrift des § 265 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen; der Angeklagte hätte sich gegen den Vorwurf, die Delikte tateinheitlich begangen zu haben, nicht anders als geschehen verteidigen können.

Entgegen der Auffassung der Revision steht der Verfolgung dieser Tat auch nicht entgegen, daß das Landgericht einen weiteren angeklagten Einzelakt (Bedrohung der Zeugin R.) - ausgehend von der unzutreffenden Annahme mehrerer selbständiger Taten - nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt hat. Der Sache nach handelt es sich um eine Beschränkung der Strafverfolgung nach § 154 a Abs. 1 und 2 StPO .

b) Der Strafausspruch hat insgesamt keinen Bestand. Die Ausführungen des Landgerichts, mit denen es eine uneingeschränkte Schuldfähigkeit bejaht hat, begegnen durchgreifenden Bedenken. Das Landgericht hat insoweit - dem Sachverständigen folgend - mitgeteilt, daß bei dem Angeklagten massive Symptome einer Persönlichkeitsstörung mit querulatorischen und narzißtischen Elementen festzustellen seien, die jedoch nicht zu einer erheblichen Einschränkung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit geführt haben. Im folgenden hat das Landgericht nähere Ausführungen zur erhaltenen Einsichtsfähigkeit des Angeklagten gemacht, seine Auffassung von dessen uneingeschränkter Steuerungsfähigkeit jedoch nicht erläutert. Es wird schon nicht deutlich, ob das Landgericht bereits das Vorliegen einer schweren seelischen Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB oder lediglich erhebliche Auswirkungen auf die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit im konkreten Fall verneinen wollte. Zur näheren Erörterung der Frage, ob ein Defektzustand im Sinne des § 20 StGB bei dem Angeklagten gegeben war, und auch zu einer dadurch bedingten erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit bestand hier aber umso mehr Anlaß, als das Landgericht die Notwendigkeit der Verhängung kurzer Freiheitsstrafen wesentlich damit begründet hat, daß nach den Ausführungen des Sachverständigen - neben dem bei dem Angeklagten vorliegenden Persönlichkeitsmerkmal, sich gegen angebliches Unrecht zur Wehr zur setzen, - "ein pathologischer Lustgewinn an der Begehung der Taten (hinzukomme), welcher als sehr stark einzuordnen sei". Angesichts dessen ist es ein durchgreifender Darstellungsmangel, daß sich die Urteilsgründe mit diesen Fragen nicht näher auseinandergesetzt haben.

3. Der Senat macht angesichts der Besonderheiten des Verfahrens von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an ein anderes Landgericht zurückzuverweisen.

Vorinstanz: LG Limburg, vom 01.10.2004