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BFH - Entscheidung vom 25.01.2005

I B 147/04

Normen:
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3

Fundstellen:
BFH/NV 2005, 1316

BFH, Beschluss vom 25.01.2005 - Aktenzeichen I B 147/04

DRsp Nr. 2005/8085

NZB: Verletzung der Sachaufklärungspflicht

Die schlüssige Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht (hier: unterlassene Beweiserhebung) erfordert die Darlegung, inwieweit die vermisste Beweiserhebung vom materiell-rechtlichen Standpunkt des FG aus zu einer abweichenden Entscheidung hätte führen können.

Normenkette:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3 ;

Gründe:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) nach Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhalten kann.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erließ im Anschluss an eine Außenprüfung Steuerbescheide gegenüber der Klägerin, die diese erfolglos mit Einsprüchen angriff. Die Einspruchsentscheidung vom 19. April 2002 ging am 23. April 2002 bei den steuerlichen Beratern der Klägerin ein.

Mit Schriftsatz vom 14. Juni 2002, der am selben Tag beim Finanzgericht (FG) einging, erhoben die Berater namens der Klägerin Klage gegen die Steuerbescheide. Zur Versäumung der Klagefrist führten sie aus, dass ein Mitarbeiter ihres Büros (M) die Angelegenheit versehentlich im Fristenkontrollbuch als erledigt gekennzeichnet habe und dass deshalb der zuständige Berater (B) nicht rechtzeitig an die Klageerhebung erinnert worden sei. Da der schon mehrere Jahre in der Kanzlei beschäftigte M in der Vergangenheit sehr zuverlässig gewesen sei und sein Verhalten nur durch einen "Blackout" erklärt werden könne, werde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Das FG wies die Klage ab. In den Gründen seines Urteils ist ausgeführt, die Klägerin könne keine Wiedereinsetzung in die Klagefrist erhalten, da sie zur Fristenkontrolle im Büro ihrer Berater keine Angaben gemacht habe und deshalb von einem Organisationsverschulden auszugehen sei. "Unabhängig davon" treffe B ein persönliches Verschulden, da er es versäumt habe, sich im Anschluss an ein Telefonat mit dem Geschäftsführer der Klägerin die Akte vorlegen zu lassen und die Klagefrist zu überprüfen. Die Revision gegen sein Urteil ließ das FG nicht zu.

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, dass das FG seiner Sachaufklärungspflicht nicht nachgekommen sei.

Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat Gründe für eine Revision nicht ordnungsgemäß dargelegt.

1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung ( FGO ) ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem das Urteil beruhen kann. Wird auf diesen Zulassungsgrund eine Nichtzulassungsbeschwerde gestützt, so müssen sowohl der Verfahrensmangel als auch dessen mögliche Ursächlichkeit für das angefochtene Urteil in der Beschwerdebegründung dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO ).

2. Im Streitfall rügt die Klägerin, dass das FG den M nicht als Zeugen vernommen und dadurch seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 FGO ) verletzt habe. Es kann dahingestellt werden, ob --wie das FA meint-- diese Rüge schon deshalb nicht ordnungsgemäß erhoben worden ist, weil die Klägerin weder zu einer in der ersten Instanz gestellten Aufklärungsrüge (vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung , 5. Aufl., § 116 Rz. 49) noch zu den besonderen Voraussetzungen einer Verpflichtung zur Sachaufklärung von Amts wegen (dazu Gräber/Ruban, aaO., § 116 Rz. 50) Näheres vorgetragen hat. Denn unabhängig davon reicht der Vortrag der Klägerin zur Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes schon deshalb nicht aus, weil er nicht erkennen lässt, dass und weshalb das angefochtene Urteil auf dem gerügten Mangel beruhen kann:

Das FG hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) angenommen, dass im Zusammenhang mit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Kläger sich ein Verschulden seines Bevollmächtigten zurechnen lassen muss. Das greift die Klägerin nicht an. Sodann hat das FG ein Verschulden der damaligen Bevollmächtigten der Klägerin zum einen darin gesehen, dass diese nicht für eine ausreichende Fristenkontrolle gesorgt hätten. Zum anderen hat es speziell dem B angelastet, dass er es versäumt habe, im Anschluss an die Erteilung des Auftrags zur Klageerhebung sogleich die betreffende Akte einzusehen und die Frage des Fristablaufs persönlich zu überprüfen. Beide Erwägungen tragen nach dem insoweit eindeutigen Urteilswortlaut (vgl. S. 8 des Entscheidungsausdrucks) unabhängig voneinander die vom FG getroffene Entscheidung. Zumindest die zweite von ihnen hätte indessen durch eine Vernehmung des M nicht berührt werden können. Deshalb wäre vom materiell-rechtlichen Standpunkt des FG aus, auf den bei der Überprüfung von Verfahrensrügen abzustellen ist (BFH-Beschlüsse vom 28. August 2003 VII B 260/02, BFH/NV 2004, 69 ; vom 8. Juni 2004 XI B 97/02, BFH/NV 2004, 1418 ; Gräber/Ruban, aaO., § 115 Rz. 96, m.w.N.), der Klägerin selbst bei einer für sie günstigen Aussage des M keine Wiedereinsetzung gewährt worden. Vor diesem Hintergrund hätte die Klägerin jedenfalls erläutern müssen, inwieweit die vermisste Beweiserhebung gleichwohl zu einer abweichenden Entscheidung des FG hätte führen können. Daran fehlt es, weshalb die Aufklärungsrüge nicht in statthafter Weise angebracht worden ist.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg, vom 01.07.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 6 K 203/02
Fundstellen
BFH/NV 2005, 1316