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BFH - Entscheidung vom 08.06.2005

V S 12/04 (PKH)

Normen:
FGO § 133a § 155
ZPO § 321a Abs. 2 S. 2

BFH, Beschluss vom 08.06.2005 - Aktenzeichen V S 12/04 (PKH)

DRsp Nr. 2005/11843

Intertemporales Prozessrecht

Nach dem allgemeinen Grundsatz des intertemporalen Prozessrechts erfassen Veränderungen des Verfahrensrechts mit ihrem In-Kraft-Treten grundsätzlich auch anhängige Rechtsstreitigkeiten. Dieser Grundsatz wird indes durch den im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Grundsatz des Vertrauensschutzes eingeschränkt. Der Vertrauensschutz ist zu beachten, wenn der Gesetzgeber auf eine bislang gegebene verfahrensrechtliche Lage einwirkt, in der sich der Bürger befindet.

Normenkette:

FGO § 133a § 155 ; ZPO § 321a Abs. 2 S. 2 ;

Gründe:

Mit Beschluss vom 29. Oktober 2004 V S 12/04 (PKH) hat der Senat den Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für seinen beabsichtigten Rechtsstreit als Beschwerdeführer wegen Nichtzulassung der Revision im Urteil des Finanzgerichts (FG) wegen Ablehnung eines Antrags auf Festsetzung der Umsatzsteuer 1984 bis 1990 mangels Erfolgsaussicht zurückgewiesen, weil aus dem Vorbringen des Antragstellers keine Anhaltspunkte für einen Zulassungsgrund erkennbar waren. Diesen Beschluss hat der Antragsteller ausweislich seines eigenen Vortrags am 17. Dezember 2004 erhalten. Am 4. Januar 2005 ging beim Bundesfinanzhof (BFH) der am 3. Januar 2005 zur Post gegebene Schriftsatz vom 30. Dezember 2004 ein, mit dem der Antragsteller "Beschwerde" gegen diesen Beschluss erhob. Im Wesentlichen verweist der Antragsteller darauf, es sei eine unbegründete Unterstellung, dass keine Beweismittel vorgelegt worden seien. Er habe sämtliche Beweismittel vorgelegt und sämtliche Steuerbescheide wie auch die gerichtlichen Entscheidungen in den Verfahren gegen diese Bescheide seien rechtswidrig und widersprächen rechtsstaatlichen Grundsätzen.

Der Antragsteller beantragt, den Beschluss vom 29. Oktober 2004 aufzuheben und ihm PKH zu gewähren.

Der Senat versteht das Schreiben des Antragstellers als Gegenvorstellung, mit der er eine nochmalige Überprüfung des unanfechtbaren Beschlusses unter Berücksichtigung aller vorgelegten Beweismittel und des gesamten Akteninhalts begehrt.

1. Gegen den Senatsbeschluss vom 29. Oktober 2004 V S 12/04 (PKH) ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

2. Der Senat kann im Streitfall offen lassen, ob durch die ab dem 1. Januar 2005 in Kraft getretene gesetzliche Regelung der Anhörungsrüge in § 133a der Finanzgerichtsordnung ( FGO ) die Gegenvorstellung im herkömmlichen Sinn ausgeschlossen ist (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 2. Februar 2005 3 S 83/05, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2005, 920 ; FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 15. März 2005 7 V 55/04, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2005, 885 ; vgl. auch Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19. Januar 2004 II ZR 108/02, NJW 2004 1531; a.A. BFH-Beschlüsse vom 13. Januar 2005 VII S 31/04, BFH/NV 2005, 898 ; vom 30. März 2005 VII S 13/05, juris Nr. STRE200550469).

Nach dem allgemeinen Grundsatz des intertemporalen Prozessrechts erfassen Änderungen des Verfahrensrechts mit ihrem In-Kraft-Treten grundsätzlich auch anhängige Rechtsstreitigkeiten. Der allgemeine Grundsatz des intertemporalen Prozessrechts wird allerdings durch den im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Grundsatz des Vertrauensschutzes eingeschränkt (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 7. Juli 1992 2 BvR 1631, 1728/90, BVerfGE 87, 48 , 62 ff.; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11. November 2002 7 AV 3/02, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2003, 490, m.w.N.). Dieser Vertrauensschutz ist zu beachten, wenn der Gesetzgeber auf eine bislang gegebene verfahrensrechtliche Lage einwirkt, in der sich der Bürger befindet. Zugunsten des Beschwerdeführers, der erst nach dem 1. Januar 2005 sich mit seiner "Beschwerde" gegen den vor In-Kraft-Treten des § 133a FGO ergangenen Senatsbeschluss wendet, ist danach jedenfalls von der Rechtslage vor In-Kraft-Treten der Neuregelung in § 133a FGO auszugehen, soweit diese für ihn günstiger ist.

Es bedarf in diesem Verfahren keiner näheren Erörterung der Frage, ob die Gegenvorstellung in entsprechender Anwendung des § 321a Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO nur innerhalb der Frist von zwei Wochen seit Zustellung des Urteils statthaft ist (BFH-Beschlüsse vom 18. August 2004 III S 6/04, juris Bundesrecht Nr. STRE200451164; vom 27. Januar 2004 IV S 16, 17/03, BFH/NV 2004, 660 ; vom 27. Januar 2004 VIII R 111/01, BFH/NV 2004, 660 , m.w.N.; offenbar a.A. BFH-Beschluss vom 30. März 2005 VII S 13/05, juris Nr. STRE200550469). Ungeachtet der Zweifelsfragen, die diesbezüglich bestehen mögen, ist davon auszugehen, dass ein Rechtsbehelf gegen rechtskräftige Beschlüsse des BFH als obersten Gerichtshof in Steuersachen nur dann zum Erfolg führen kann, wenn von dem Rechtsbehelfsführer Gründe geltend gemacht werden, die geeignet sind, die Richtigkeit des vom BFH erlassenen Beschlusses in Frage zu stellen.

Solche Gründe ergeben sich indes aus dem Vorbringen des Antragstellers nicht. Insbesondere kann sein Vortrag nicht berücksichtigt werden, soweit er andere finanzgerichtliche Verfahren betrifft, die nicht Gegenstand der Entscheidung über den Antrag auf PKH zur Durchführung seiner beabsichtigten Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des FG wegen Ablehnung der Festsetzung von Umsatzsteuer 1984 bis 1990 waren.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, da für das Verfahren betreffend eine Gegenvorstellung kein Gebührentatbestand vorgesehen ist (BFH-Beschluss vom 13. Oktober 2003 I B 63/03, BFH/NV 2004, 347 ).