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BFH - Entscheidung vom 19.07.2005

VI B 175/04

Normen:
EStG § 9
GG Art. 3

Fundstellen:
BFH/NV 2005, 2000
BFH/NV 2005, 2000

BFH, Beschluss vom 19.07.2005 - Aktenzeichen VI B 175/04

DRsp Nr. 2005/16347

Häusliches Arbeitszimmer - Nutzung für ehrenamtliche Tätigkeiten

Es folgt aus dem Nettoprinzip und der danach gebotenen Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für die Erwerbstätigkeit, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, das lediglich für ehrenamtliche Tätigkeiten genutzt wird, im Gegensatz zu Aufwendungen für Arbeitszimmer, die der Erzielung von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit dienen, steuerlich nicht abziehbar sind.

Normenkette:

EStG § 9 ; GG Art. 3 ;

Gründe:

Die Beschwerde ist nicht begründet. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) formulierten Fragen sind nicht klärungsbedürftig. Denn sie lassen sich anhand der gesetzlichen Regelungen und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- eindeutig in dem vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) und Finanzgericht (FG) entschiedenen Sinne beantworten.

1. Der Kläger sieht eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung darin, dass er für seine umfangreiche Arbeit im öffentlichen Interesse ein häusliches Arbeitszimmer nutzt, eine anderen Steuerbürgern (z.B. Lehrern, Berufsrichtern) gewährte steuerliche Ermäßigung jedoch nicht erhalte.

a) Der Kläger verkennt damit den Charakter des Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzugs. Denn es handelt sich dabei nicht um eine steuerliche Ermäßigung für besondere Opferbereitschaft beruflicher oder außerberuflicher Art. Die Abziehbarkeit von Werbungskosten/Betriebsausgaben ist vielmehr deshalb verfassungsrechtlich geboten, weil der Einkommensteuer grundsätzlich nur das Nettoeinkommen unterliegt. Das ist der Saldo aus den Erwerbseinnahmen einerseits und den betrieblichen/beruflichen Erwerbsaufwendungen sowie den privaten existenzsichernden Aufwendungen andererseits (s. Beschluss des BVerfG vom 4. Dezember 2002 2 BvR 400/98 und 1735/00, BStBl II 2003, 534 unter C I. c). Deshalb sind Aufwendungen für die Erwerbstätigkeit gemäß § 4 und § 9 des Einkommensteuergesetzes ( EStG ) --wie auch existenzsichernde Aufwendungen im Rahmen von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen-- grundsätzlich steuerlich abziehbar (BVerfG in BStBl II 2003, 534 ).

b) Zu den erwerbssichernden Aufwendungen gehören auch die Kosten des häuslichen Arbeitszimmers, wenn es ausschließlich oder zumindest nahezu ausschließlich betrieblichen oder beruflichen Zwecken dient (vgl. Urteil des BVerfG vom 7. Dezember 1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 , BStBl II 2000, 162 ). Auf die Frage, ob dadurch höhere Einkünfte erzielt werden, kommt es dagegen --anders als der Kläger meint-- ebenso wenig wie bei anderen Betriebsausgaben/Werbungskosten an. Allerdings ist der Abzug der Erwerbsaufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG eingeschränkt. Dazu war der Gesetzgeber berechtigt, weil die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer die private Lebensführung berühren (BVerfG in BVerfGE 101, 297 , BStBl II 2000, 162 , 164).

c) Bei den Aufwendungen des Klägers für sein häusliches Arbeitszimmer handelte es sich --wie unstreitig ist-- weder um Aufwendungen für eine Erwerbstätigkeit i.S. der §§ 4 oder 9 EStG noch um existenzsichernde Aufwendungen. Anders als Erwerbsaufwendungen oder existenzsichernde Aufwendungen können sie daher steuerlich nicht abgezogen werden.

d) Die unterschiedliche Behandlung im Vergleich zu Aufwendungen für ein beruflich/betrieblich genutztes häusliches Arbeitszimmer ergibt sich aus § 4 und § 9 EStG und folgt aus dem von Verfassungs wegen zu beachtenden objektiven Nettoprinzip. Deshalb sind auch bei den vom Kläger als Vergleichsgruppe angesprochenen Lehrern oder Richtern Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer dem Grunde nach nur dann steuerlich abziehbar, wenn sie es ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich nutzen. Dementsprechend können auch Lehrer oder Richter die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht abziehen, wenn sie es in einem nicht unerheblichen Umfang für außerberufliche Zwecke nutzen; dazu zählen auch ehrenamtliche Tätigkeiten. Die vom Kläger unterstellte Ungleichbehandlung liegt daher nicht vor.

2. Entsprechendes gilt für den vom Kläger begehrten Schuldzinsenabzug. Auch Schuldzinsen sind steuerlich nur abziehbar, wenn sie im Rahmen einer Einkunftsart anfallen, so dass es sich um Betriebsausgaben oder Werbungskosten i.S. der §§ 4 oder 9 EStG handelt. Daran fehlt es vorliegend, wie unstreitig ist.

Vorinstanz: FG Hessen, vom 24.06.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 4 K 1699/03
Fundstellen
BFH/NV 2005, 2000
BFH/NV 2005, 2000