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BFH - Entscheidung vom 04.08.2005

VIII B 218/04

BFH, Beschluss vom 04.08.2005 - Aktenzeichen VIII B 218/04

DRsp Nr. 2005/20878

Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) liegt nicht vor.

Die Frage, wann von einer Auflösung nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung ( GmbHG ) und in der Folge von § 17 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes ( EStG ) auszugehen ist, ist nicht klärungsbedürftig. Die Entstehung eines Auflösungsverlusts setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die zivilrechtliche Auflösung der Kapitalgesellschaft voraus (Urteil des Senats vom 4. November 1997 VIII R 18/94, BFHE 184, 374 , BStBl II 1999, 344, unter 1.b aa der Gründe, m.w.N.). Ob eine GmbH aufgelöst ist, bestimmt sich nach dem GmbHG oder in anderen Gesetzen bzw. in der Satzung hierfür vorgesehenen Auflösungsgründen (Senatsurteil vom 21. Januar 2004 VIII R 2/02, BFHE 205, 117 , BStBl II 2004, 551, unter II.3.c aa der Gründe, m.w.N.). § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG verlangt einen Beschluss der Gesellschafter. Dabei handelt es sich nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen um eine Willenserklärung. Der Auflösungswille muss zumindest konkludent zum Ausdruck kommen (vgl. nur Lutter/Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz , 16. Aufl., § 60 Rn. 5, m.w.N.). Die bloße Einstellung des Betriebs genügt hierfür nicht. Zwar kann ausnahmsweise eine einvernehmliche Betriebseinstellung durch die Gesellschaft als Auflösungsbeschluss i.S. von § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG mit der Folge auszulegen sein, dass die nachfolgende Eintragung im Handelsregister nur noch deklaratorische Bedeutung hat (Senatsurteil in BFHE 205, 117 , BStBl II 2004, 551, unter II.3.c bb der Gründe, m.w.N.). Der Senat hat in dem genannten Urteil jedoch klargestellt, dass es insoweit auf die Auslegung im Einzelfall ankommt. Ob danach im Streitfall ein konkludenter Auflösungsbeschluss vorliegt, ist keine abstrakte Rechtsfrage, sondern eine im konkreten Einzelfall zu klärende Tatfrage. Dem Tatbestand des angegriffenen Urteils ist zu entnehmen, dass nach den ausdrücklichen Angaben des Prozessbevollmächtigten im Erörterungstermin kein Auflösungsbeschluss gefasst wurde. Insoweit haben die Kläger keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen erhoben.

Da die zu klärende Frage die Würdigung des Einzelfalls betrifft, liegen auch die Voraussetzungen der Rechtsfortbildungsrevision (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO ) nicht vor.

2. Auch soweit die Nichtzulassungsbeschwerde Divergenz zum Urteil des Senats vom 27. November 2001 VIII R 36/00 (BFHE 197, 394 , BStBl II 2002, 731 ) rügt, kann ihr dies nicht zum Erfolg verhelfen.

Das angegriffene Urteil ist kumulativ begründet. Das Finanzgericht (FG) geht davon aus, dass die GmbH mangels Auflösungsbeschlusses nicht aufgelöst war. Lediglich hilfsweise stützt es sich darauf, dass der Auflösungsverlust auch in den Streitjahren noch nicht entstanden wäre. Für die Zulassung der Revision genügt es jedoch nicht, dass die Klärung einer Rechtsfrage theoretisch möglich ist, vielmehr muss zu erwarten sein, dass es tatsächlich zu einer Klärung der Grundsatzfrage kommen wird. Ist ein Urteil auf mehrere Gründe gestützt, so muss hinsichtlich jeder der Begründungen ein Zulassungsgrund vorliegen, soll die Nichtzulassungsbeschwerde Erfolg haben (Senatsbeschluss vom 9. Dezember 1996 VIII B 15/96, BFH/NV 1997, 500, m.w.N.). Daran fehlt es hier jedenfalls hinsichtlich der Auflösung der GmbH. Im Übrigen sind die Voraussetzungen einer Divergenz zum Senatsurteil in BFHE 197, 394 , BStBl II 2002, 731 weder schlüssig dargelegt noch liegen sie vor. Einen abstrakten tragenden, mit dem genannten Senatsurteil ggf. divergierenden Rechtssatz des finanzgerichtlichen Urteils haben die Kläger nicht benannt. Dem Senatsurteil vom 27. November 2001 ist auch ein abstrakter Rechtssatz, "dass nur eine mögliche Erhöhung nachträglicher Anschaffungsverluste oder Auflösungskosten die (vorzeitige, nämlich vor Liquidationsabschluss liegende) Feststellbarkeit des Auflösungsverlustes ausschließt" nicht zu entnehmen.

Nicht dargelegt sind zu dem von den Klägern genannten Aspekt der konkreten Absehbarkeit des Auflösungsverlustes auch die Voraussetzungen von § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO . Es ist nicht ersichtlich, inwieweit eine Entscheidung des BFH zur Rechtsfortbildung über den Einzelfall hinaus im allgemeinen Interesse läge. Hierzu hätte es der Darlegung bedurft, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der abstrakt zu formulierenden Rechtsfrage zweifelhaft und streitig ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. April 2000 VIII B 99/99, BFH/NV 2000, 985 ).

3. Die Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 76 FGO ) wegen der unterbliebenen Vernehmung des Vergleichsverwalters als Zeugen genügt ebenfalls nicht den Anforderungen von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO . Es fehlt an der Darlegung, aus welchen Gründen im Einzelnen sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts zur Entstehung des Liquidationsüberschusses durch die Zeugenvernehmung hätte aufdrängen müssen und welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung voraussichtlich ergeben hätten (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung , 5. Aufl., § 120 Rz. 70, m.w.N.). Da die Verletzung der Sachaufklärungspflicht zu den verzichtbaren Mängeln zählt (Gräber/Ruban, aaO., § 115 Rz. 101, m.w.N.), hätte es zudem des Vortrags bedurft, dass die mangelnde Sachaufklärung in der Vorinstanz gerügt wurde, oder weshalb den Klägern eine derartige Rüge nicht möglich war (Gräber/Ruban, aaO., § 120 Rz. 67, m.w.N.).

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg, vom 13.05.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 6 K 445/01