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Verkehrssicherungspflichten für Werbeanlagen an Straßen

Nach dem OLG Hamm dürfen neben der Straße aufgestellte Werbeanlagen Verkehrsteilnehmer weder ablenken noch behindern. Zudem müssen sie standsicher aufgestellt sein. Weitergehende Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz von Verkehrsteilnehmern müssen sie aber regelmäßig nicht aufweisen. Im Streitfall war ein Kradfahrer gestürzt und mit dem hölzernen Werbeschild eines Landwirts kollidiert.

Darum geht es

Der seinerzeit 30 Jahre alte Kläger aus Greven befuhr im Juni 2013 mit seinem Krad Suzuki die Ostendorfer Straße (Landstraße L 559) von Steinfurt in Richtung Nordwalde. Beim Ausgang einer Linkskurve verlor er die Kontrolle über sein Krad und stürzte. Dabei rutschte er über die Einmündung eines untergeordneten Wirtschaftsweges und prallte gegen ein ca. sechs Meter von der Fahrbahn der L 559 entferntes hölzernes Werbeschild des beklagten Landwirts.

Die Holzpfosten des Schildes waren mit verzinkten Erdhülsen in einem Betonfundament aufgestellt und wiesen keinen Aufprallschutz wie z.B. eine Styroporummantelung auf. Durch den Aufprall wurde ein Holzpfosten des Schildes durchtrennt, dessen Betonfundament sich löste. Der Kläger erlitt schwere Verletzungen. Er ist seit dem Unfall querschnittsgelähmt und ohne Aussicht, wieder erwerbstätig zu sein.

Vom beklagten Landwirt hat der Kläger Schmerzensgeld und materiellen Schadensersatz mit der Begründung verlangt, der Beklagte habe das Werbeschild ohne die erforderliche Genehmigung der Straßenbaubehörde und ohne einen gebotenen Aufprallschutz errichtet und mit der so geschaffenen Gefahrenlage eine Verkehrssicherungspflicht verletzt.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Schadensersatzbegehren des Klägers ist erfolglos geblieben. Eine haftungsbegründende Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten konnte der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm nicht feststellen.

Die beim Aufstellen des Werbeschildes zu beachtenden straßenwegerechtlichen, straßenverkehrsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Vorschriften dienten nicht dazu, so der Senat, Verletzungen eines mit dem Werbeschild kollidierenden Verkehrsteilnehmers zu verhindern.

Dass sie den Verkehr ablenkende und damit die Verkehrssicherheit und -leichtigkeit beeinträchtigende Werbeanlagen untersagten, verhelfe dem Kläger zu keinem Anspruch, weil er seinen Sturz nicht auf die Existenz des Schildes zurückführe. Zudem gingen von dem Schild, das habe das Landgericht zutreffend festgestellt, keine die Verkehrssicherheit beeinträchtigenden Ablenkungswirkungen aus.

Der Beklagte hafte auch nicht deswegen, weil er es unterlassen habe, das Werbeschild durch eine polsternde Ummantelung der Pfosten, einen Fangzaun o.ä. weiter abzusichern oder seine Gründung so stabil auszuführen, dass das Fundament selbst beim heftigen Aufprall eines Krades nicht habe herausgehoben werden können.

Bei nicht direkt an der Straße stehenden Schildern der vorliegenden Art seien derartige Sicherungen nicht üblich und entsprächen auch nicht der Verkehrserwartung. Sie könnten vernünftigerweise auch nicht von Kradfahrern erwartet werden. Diese müssten auch mit sonstigen potenziell (ungesicherten) Hindernissen im Umfeld einer Straße wie z.B. Bäumen o.ä. rechnen.

Derjenige, der ein Werbeschild im Umfeld einer Straße aufstelle, müsse lediglich dafür Sorge tragen, dass das Schild so beschaffen sei, dass sich durch Umwelteinflüsse keine Teile ablösen könnten sowie dass keine Behinderung der Verkehrsteilnehmer durch eine ungünstige Position des Schildes oder eine Ablenkung durch dessen Aufmachung erfolge. Alledem sei der Beklagte nachgekommen. Dabei hätten gerade die mittels Metallbefestigungen und der Betonvorrichtung fest mit dem Erdboden verbunden Pfosten die erforderliche Standfestigkeit gewährleistet und verhindert, dass sich beispielsweise Teile - etwa witterungsbedingt - lösen und mit Verkehrsteilnehmern kollidieren konnten.

Die Entscheidung des OLG Hamm ist rechtskräftig, nachdem der BGH die Nichtzulassungsbeschwerde des im Prozess unterlegenen Kradfahrers zurückgewiesen hat.

OLG Hamm, Beschl. v. 15.03.2016 – 9 U 134/15