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Sturz in Gleisanlagen

Das Betreten von Bahnanlagen ist Reisenden nicht gestattet. Demnach besteht ihnen gegenüber dort auch keine Verkehrssicherungspflicht. Denn Verkehrssicherungspflichten reichen nur soweit, wie ein Verkehr auch tatsächlich eröffnet worden ist. Die Betriebsanlagen der Bahn sind aber nur einem beschränkten Personenkreis eröffnet. Dies hat das Amtsgericht München entschieden.

Darum geht es

Am 06.06.2013 stürzte der damals 35-jährige Kläger aus Markt Indersdorf um 10.30 Uhr beim Verlassen der S-Bahnstation Donnersberger Brücke in München. Am Fuß der Abgangstreppe befinden sich mehrere Eingänge (Türen) zu Betriebsanlagen der Bahn (beschilderte Trafforäume). Vor der ersten Tür befand sich im Verbundsteinpflaster eine Vertiefung von mehr als zwei Zentimetern. Der Weg, der zu den Traforäumen führt, grenzt unmittelbar an den Weg zu der Treppe, die zu den Bahngleisen führt und ist weder baulich noch durch Schilder als nicht zu betretendes Betriebsgelände abgegrenzt.

Der klagende Bahnkunde ging die Treppe hinunter, um – wie er aussagt – seine BahnCard100 in seinem Koffer zu verstauen. Er trat in die Vertiefung und stürzte. Dabei zog er sich eine Halswirbelsäulen-Distorsion und eine OSG Distorsion zu.

Er verlangt von der für das Gelände zuständigen Betreiberfirma Schmerzensgeld i.H.v. 500 Euro wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Die Firma weigert sich zu zahlen. Der Reisende erhob Klage vor dem Amtsgericht München.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die zuständige Richterin wies die Klage ab. Der Reisende bekommt kein Schmerzensgeld.

Das Gericht stellte fest, dass die beklagte Firma dem Kläger gegenüber nicht verkehrssicherungspflichtig war. Verkehrssicherungspflichten reichen nur soweit, wie ein Verkehr auch tatsächlich eröffnet worden ist.

An der Unfallstelle hat die beklagte Firma aber lediglich einen eingeschränkten Verkehr zugunsten von Bahnbediensteten, Handwerkern etc. eröffnet, da dort nicht eine Zuwegung zum Bahnsteig ist, sondern lediglich einen Zugang zu Betriebsanlagen der Bahn, der von der Zuwegung zum Bahnsteig abgeht. Der Weg führt lediglich zu den Traforäumen und wird von einer Grünfläche eingefasst.

Das Betreten von Bahnanlagen ist Reisenden aber gem. § 62 Abs. 1 EBO nicht gestattet, weswegen eine Verkehrssicherungspflicht gegenüber dem Kläger nicht bestand. Eine Verantwortlichkeit für den verkehrssicheren Zustand der Zuwegung zu den Betriebsanlagen der Bahn besteht daher nur denjenigen gegenüber, die zu dem beschränkten Personenkreis gehören, gegenüber dem der Verkehr eröffnet ist. Hierzu zählt der Kläger nicht.

Der Kläger legte gegen das Urteil Berufung zum Landgericht München I ein. Dieses wies mit Urteil vom 20.05.2015 die Berufung zurück. Das Gericht führte ergänzend aus: „Dabei muss nach der Verlaufsschilderung des Klägers eher davon ausgegangen werden, dass er nach Beendigung seiner Verrichtung beim Umdrehen rückwärtsgegangen sein könnte, was an einem solchem Ort besonders sorgfaltswidrig ist“.

Amtsgericht München, Urt. v. 27.01.2015 – 172 C 5701/14