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„Scheckheftgepflegt“ beim Privatverkauf

Wer als Privatperson einen Pkw als „scheckheftgepflegt“ anbietet, muss sich dies später beim Verkauf an eine Privatperson als Beschaffenheitsvereinbarung zurechnen lassen. Ein zuvor im Kaufvertrag vereinbarter Gewährleistungsausschluss greift dann insoweit nicht. Das Gleiche gilt für falsche Angaben bei der Motorleistung des Fahrzeugs. Das hat das Amtsgericht München entschieden.

Darum geht es

Die 55-jährige Klägerin aus München kaufte von dem 32-jährigen Beklagten aus München am 08.11.2014 einen gebrauchten VW Polo zum Preis von 1.950 €. Der Beklagte hatte das Fahrzeug zuvor auf einer Internetplattform angeboten. Das Inserat wies zur Beschreibung des Fahrzeugs unter anderem die Leistung des Fahrzeugs mit 55 kW und die Eigenschaft „scheckheftgepflegt“ aus. Die beiden Parteien benutzten einen vorgedruckten Kaufvertrag für den privaten Verkauf von gebrauchten Fahrzeugen. Darin findet sich der Hinweis, dass das Fahrzeug „unter Ausschluss der Sachmängelhaftung“ verkauft wird.

Am 13.01.2015 ließ die Klägerin das Fahrzeug in einer Werkstatt untersuchen. Dabei wurde festgestellt, dass die Motorleistung nur 44 kW betrug und, das Fahrzeug nicht scheckheftgepflegt ist und zudem weitere Mängel aufweist. Die Klägerin trat darauf von dem Vertrag zurück. Sie verlangt von dem Beklagten gegen Rückgabe des Fahrzeugs die von ihr bezahlten 1.950 € zurück. Der Beklagte weigerte sich, den Vertrag rückgängig zu machen. Deshalb erhob die Klägerin Klage zum Amtsgericht München.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die zuständige Richterin gab der Klägerin Recht. Sie könne die Rückabwicklung verlangen, da das Fahrzeug nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweise und damit mangelhaft ist. Eine Beschaffenheitsvereinbarung liege hinsichtlich der Eigenschaft „scheckheftgepflegt“ und der Motorleistung vor.

Unter Beschaffenheit falle jede Eigenschaft und jeder der Sache anhaftende tatsächliche, wirtschaftliche oder rechtliche Umstand. Vereinbart werde die Beschaffenheit, wenn der Inhalt des Kaufvertrags die Pflicht des Verkäufers bestimmt, die gekaufte Sache in dem Zustand zu übereignen und zu übergeben, wie sie im Vertrag festgelegt ist.

Die Scheckheftpflege eines Fahrzeugs stelle eine Beschaffenheit dar, da sie ein wertbildender Faktor des Fahrzeugs sei. Die Angebotsbeschreibung im Internet habe nicht lediglich werbenden Charakter. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass im Kaufvertragsformular eine nähere Beschreibung des Fahrzeugs hinsichtlich Ausstattung und Zustand des Fahrzeugs nicht mehr im Detail erfolgt sei. Die Scheckheftpflege als Beschaffenheit des Fahrzeugs sei auch nicht bloß eine einseitige Erwartung der Klägerin gewesen, da der beklagte Verkäufer ohne Anlass darauf im Internetangebot hingewiesen habe und somit die Erwartung nicht einseitig von der Klägerin ausgegangen sei.

Für die Klägerin sei die Angabe, dass das Fahrzeug scheckheftgepflegt ist, maßgebend für den Kaufentschluss gewesen. Sie habe erwarten können, dass die vorgeschriebenen Inspektionen von einer hierzu autorisierten Fachwerkstatt durchgeführt und im Scheckheft dokumentiert sind. Eine weitere Beschaffenheitsvereinbarung hätten die Parteien über die Motorstärke getroffen i.H.v. 55 kW. Obwohl im Kaufvertrag vom 08.11.2014 auf die Motorleistung nicht erneut eingegangen wurde, habe die Angabe im Angebot auch hier nicht nur werbenden Charakter, sondern bestimme die geschuldete Leistungspflicht des Beklagten. Der beklagte Verkäufer kann sich nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen.

Das Gericht führt weiter aus:

Abgesehen davon müsste sich der Beklagte bei einem Gewährleistungsausschluss den Vorwurf der Arglist gefallen lassen und könnte sich gem. § 444 BGB wegen der vorbezeichneten Mängel nicht auf den Haftungsausschluss berufen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt ein Verkäufer arglistig, wenn er zu Fragen, deren Beantwortung erkennbar maßgebliche Bedeutung für den Kaufentschluss seines Kontrahenten hat, ohne tatsächliche Grundlagen ins Blaue hinein unrichtige Angaben macht. Davon sei hier auszugehen.

Der Beklagte habe das Fahrzeug als scheckheftgepflegt angeboten, ohne den Nachweis dafür zu erbringen, obwohl er wissen musste, ob die nach den Herstellerangaben erforderlichen Wartungen durch eine autorisierte Fachwerkstatt regelmäßig durchgeführt worden sind. Dass die Klägerin nicht sofort nach dem Scheckheft gefragt hat, lasse nicht den Schluss zu, dass die Scheckheftpflege für sie keine maßgebliche Bedeutung gehabt hätte. Vielmehr durfte die Klägerin sich auf die Angaben des Beklagten in dessen Angebot verlassen; „dass sie es nicht sofort überprüft hat, hat nicht zur Folge, dass sie sich ihrer diesbezüglichen Rechte begeben hat.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Amtsgericht München, Urt. v. 05.05.2015 – 191 C 8106/15