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Mindestdauer/-länge bei Abstandsverstößen

Ein bußgeldrechtliche Ahndung wegen einer Abstandsunterschreitung i.S.e. nicht nur vorübergehenden Verstoßes" ist jedenfalls dann rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die vorwerfbare Dauer der Abstandsunterschreitung mindestens drei Sekunden oder die Strecke der Abstandsunterschreitung mindestens 140 m betragen hat."

Darum geht es

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstandes zu einer Geldbuße von 180 Euro verurteilt. Er hatte auf der BAB 1 bei einer Geschwindigkeit von 131 km/h (nach Abzug der Toleranz von 5 km/h) einen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug von nur 26 m eingehalten. Die Messstrecke betrug dabei lediglich 123 m. Ein vorausgehender Spurwechsel wurde ausgeschlossen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit dem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Er meint, die Rechtsbeschwerde sei zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, um die Mindestlänge bzw. die Mindestdauer der Abstandsunterschreitung obergerichtlich zu klären.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung war die Rechtsbeschwerde zuzulassen, weil ansonsten schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung fortbestehen würden. So hat das AG Lüdinghausen für eine Ahndung eine Abstandsunterschreitung auf einer Fahrstrecke von mindestens 150 m, ja sogar eher noch von 250 bis 300 m für erforderlich erachtet. Im angefochtenen Urteil wird hingegen die deutlich geringere, den Mindestabstand unterschreitende, Fahrstrecke von 123 m für ausreichend erachtet.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

Für die Ahndung eines Abstandsverstoßes ist es erforderlich, dass die Abstandsunterschreitung nicht nur ganz vorübergehend ist. Wann eine nicht nur ganz vorübergehende Abstandsunterschreitung vorliegt, werde in der Rechtsprechung der Obergerichte unterschiedlich beurteilt. Einige Gerichte hielten eine Strecke von 250 - 300 m, in der die Abstandsunterschreitung vorliegen muss, für ausreichend. Andere ließen jedenfalls 150 m ausreichen, wenn die Messung in einem standardisierten Messverfahren durchgeführt wurde, ein kurz zuvor erfolgter Spurwechsel eines vorausfahrenden Fahrzeugs ausgeschlossen werden kann und die Dauer der abstandsunterschreitenden Fahrt mehr als drei Sekunden betrug.

Bei der Frage, wann eine Abstandsunterschreitung nicht nur vorübergehend ist, stehe für den Senat die zeitliche Komponente im Vordergrund. Er halte jedenfalls eine Abstandsunterschreitung für die Dauer von mehr als drei Sekunden - wie hier - für kein kurzfristiges Versagen des Fahrzeugführers mehr. Auch unter angemessener Berücksichtigung üblicher Reaktionszeiten sei von jedem Betroffenen noch innerhalb einer Dauer der Abstandsunterschreitung von drei Sekunden ohne Dritteinwirkung einerseits das Bewusstsein zu verlangen, dass er handeln und den Sicherheitsabstand vergrößern muss, sowie andererseits auch eine entsprechende Umsetzung.

Um  besonders schnell fahrende Fahrzeugführer nicht zu privilegieren, halte der Senat aber auch eine Abstandsunterschreitung auf einer Strecke von jedenfalls 140 m für nicht nur vorübergehend, soweit  ein abstandsverkürzenden Ereignisses ausgeschlossen werden kann, auf das der Betroffene noch nicht reagieren konnte. Das beruht auf der Erwägung, dass derjenige, der die Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen von 130 km/h deutlich überschreitet und damit die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs deutlich erhöht, wegen der erhöhten durch ihn begründeten Gefahr bei einer Abstandsunterschreitung auch schneller wieder den erforderlichen Mindestabstand herstellen muss.

Weiter zum Volltext: OLG Hamm, Beschl. v. 09.07.2013 - 1 RBs 78/13, DRsp-Nr. 2013/18644

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