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MPU bei Fahrerlaubnis auf Probe

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Regeln für die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens („MPU“) näher geklärt. Demnach ist § 2a Abs. 5 Satz 5 StVG entsprechend auch für den Fall anwendbar, dass der Betroffene zuvor selbst auf die Fahrerlaubnis verzichtet hat und nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis in der neuen Probezeit erneut entsprechende Verkehrsverstöße begeht.

Darum geht es

Dem Kläger wurde erstmals im Juli 2014 die Fahrerlaubnis der Klasse B erteilt. Bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle und einer weiteren Kontrolle aus Anlass von Verkehrsverstößen wurde der Konsum von Cannabis festgestellt.

Darauf verlangte die Fahrerlaubnisbehörde ein medizinisch-psychologisches Gutachten. Das von dem Kläger vorgelegte Gutachten führte zu einer negativen Beurteilung seiner Fahreignung, worauf er auf seine Fahrerlaubnis verzichtete.

Auf der Grundlage eines nunmehr positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens wurde dem Kläger im Juli 2020 die Fahrerlaubnis der Klasse B neu erteilt.

Zwei Monate später überfuhr er eine bereits länger als eine Sekunde rote Ampel. Die Fahrerlaubnisbehörde ordnete erneut die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an und stützte sich hierfür auf § 2a Abs. 5 Satz 5 StVG.

Nachdem der Kläger das Gutachten nicht fristgerecht vorlegt hatte, wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen.

Das Verwaltungsgericht Koblenz hat die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgehoben, weil die Anordnung der Beibringung eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht auf § 2a Abs. 5 Satz 5 StVG habe gestützt werden können (Urt. v. 07.04.2022 – 4 K 119/22.KO).

Die Vorschrift gelte nach ihrem Wortlaut nur, wenn die erste Fahrerlaubnis entzogen worden sei und nicht, wenn der Betroffene – wie hier – auf die Fahrerlaubnis verzichtet habe.

Das Oberverwaltungsgericht hat hingegen die Vorschrift auf den Verzicht für entsprechend anwendbar gehalten und die Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis abgewiesen (OVG Koblenz, Urt. v. 24.01.2023 – 10 A 10412/22.OVG).
Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts bestätigt. Die Anforderung des medizinisch-psychologischen Gutachtens konnte demnach auf § 2a Abs. 5 Satz 5 StVG in entsprechender Anwendung gestützt werden.

Die Fahrerlaubnis auf Probe wurde im Jahr 1986 eingeführt. Sie soll allen Fahranfängern deutlich machen, dass sie sich in einer Probezeit bewähren müssen.

Mit dem Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes vom 24.04.1998 reagierte der Gesetzgeber auf den Versuch, die Regelungen der Fahrerlaubnis auf Probe durch Verzicht und anschließenden Neuerwerb zu umgehen.

Es hatte zum Ziel, dass die Regelungen für den Fall der Entziehung auch beim Verzicht auf die Fahrerlaubnis Anwendung finden. Für die hier in Rede stehenden Regelungen über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis und Zuwiderhandlung in der neuen Probezeit (§ 2a Abs. 5 StVG) sollte ebenfalls eine Gleichstellung erfolgen.

Ausdrücklich geregelt wurde sie nur für das Erfordernis der Teilnahme an einem Aufbauseminar vor Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis, nicht für die Anforderung eines Gutachtens nach erneuter Nichtbewährung in der neuen Probezeit.

Das Ziel, einer Umgehung der Probezeit mit ihren besonderen Maßnahmen zu begegnen, sowie Sinn und Zweck der Vorschriften, im Interesse der Verkehrssicherheit auf alle Fahranfänger gleiche Regeln anzuwenden, rechtfertigen die Annahme einer nicht beabsichtigten Regelungslücke, die durch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift zu schließen ist.

BVerwG, Urt. v. 10.10.2024 – 3 C 3.23