Kfz-Haftpflichtversicherung soll Detektivbericht offenlegen
Darum geht es
Die Versicherung hatte den Verdacht, dass die unfallbedingten Einschränkungen des Klägers tatsächlich geringer waren als angegeben und ging davon aus, dass der Kläger unberechtigte Ansprüche geltend mache.
Die daraufhin von der Versicherung beauftragte Detektei observierte den Kläger über mehrere Wochen und fasste ihre Erkenntnisse über die gesundheitlichen Alltagseinschränkungen des Klägers für die Versicherung in einem Ermittlungsbericht zusammen.
Der Kläger aus dem Landkreis Osnabrück erhob Klage gegen den Haftpflichtversicherer vor dem Landgericht Osnabrück.
Die Klage war unter anderem auf Auskunft zu den von der Versicherung verarbeiteten personenbezogenen Daten sowie auf Herausgabe einer Kopie der Informationen gerichtet, welche die von der Versicherung beauftragte Detektei vom Kläger gesammelt hatte.
Die Versicherung hatte die Auskunft lediglich teilweise erteilt und sich im Übrigen auf ein datenschutzrechtliches Geheimhaltungsinteresse berufen. Zur Begründung führte die Versicherung an, die medizinischen Befunde begründeten Zweifel an der Tragweite der behaupteten Unfallfolgen.
Die Versicherung sah die Gefahr, dass der Kläger die Informationen aus den Ermittlungsberichten in einem späteren Rechtsstreit zum Umfang der Versicherungsleistungen dazu nutzen könnte, den eigenen Vortrag an die Erkenntnisse aus dem Bericht anzupassen.
Sie berief sich darauf, dass sie sich im Interesse effektiver Verteidigung durch Zurückhaltung von Informationen gegen ein solches Vorgehen schützen müsse.
Das Landgericht hatte der Versicherung ein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse zuerkannt und die Klagen abgewiesen. Nach dem Urteil des Landgerichts habe der Versicherer ein legitimes Interesse daran, seine Einstandspflicht festzustellen und unberechtigte Ansprüche durch einen Wissensvorsprung abzuwehren.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die vom Kläger eingelegte Berufung hatte Erfolg. Das OLG Oldenburg hat die Versicherung zur Auskunft über die personenbezogenen Daten des Klägers und zur Herausgabe einer Kopie des Observationsberichts der Detektei verurteilt.
Der Senat hat festgestellt, dass dem Kläger ein Auskunftsanspruch nach der Datenschutzgrundverordnung (Art. 15 DSGVO) zustehe, da vom Kläger personenbezogene Daten gesammelt und verarbeitet worden seien.
Betroffenen stünde in solchen Fällen ein generell schutzwürdiges Interesse an der Auskunft zu. Denn das Auskunftsrecht verfolgte gerade den Zweck, sich der Verarbeitung der personenbezogenen Daten bewusst zu werden und deren Rechtmäßigkeit zu überprüfen.
Grundsätzlich könne der Auskunftsanspruch zwar durch Rechte anderer Personen eingeschränkt sein. Ein solches Gegenrecht habe die Versicherung in diesem Fall aber nicht darlegen können. Bei den personenbezogenen Daten des Klägers handele es sich nicht um Geschäftsgeheimnisse im Rechtssinne.
Auch sonst bestehe kein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse, da die Versicherung die Erkenntnisse aus den Ermittlungsberichten bei späteren Rechtsstreitigkeiten ohnehin offenlegen und dem Kläger eine Reaktion hierauf ermöglichen müsse.
Auch dass der Kläger die Informationen später in einem Rechtsstreit gegen die Versicherung verwenden würde, sei nicht zwingend. Es sei nach dem Senat ebenso denkbar, dass sich der Kläger nach Offenlegung des Ermittlungsergebnisses – je nach Inhalt der Berichte – sogar dazu entscheide, von einer Inanspruchnahme der Versicherung abzusehen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
OLG Oldenburg, Urt. v. 09.04.2024 – 13 U 48/23