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Entschädigung nach Flugannullierung

Fluggesellschaften, die nicht beweisen können, dass ein Fluggast über die Annullierung seines Flugs mindestens zwei Wochen vor Abflug unterrichtet worden ist, müssen auch dann eine Entschädigung zahlen, wenn die Buchung über einen Online-Reisevermittler erfolgt ist. Die Fluggesellschaft kann aber den Reisevermittler ggf. in Regress nehmen. Das hat der EuGH entschieden.

Darum geht es

Herr Krijgsman buchte über einen Online-Reisevermittler einen Hin- und Rückflug von Amsterdam Schiphol (Niederlande) nach Paramaribo (Surinam) mit der Luftfahrtgesellschaft Surinaamse Luchtvaart Maatschappij (SLM). Der Hinflug war für den 14.11.2014 vorgesehen. Am 09.10.2014 unterrichtete SLM den Reisevermittler über die Annullierung dieses Flugs. Am 04.11.2014 wurde Herr Krijgsman mit einer E-Mail des Reisevermittlers darüber unterrichtet.

Unter Berufung auf die Unionsverordnung über Ausgleichsleistungen für Fluggäste bei Annullierung von Flügenforderte Herr Krijgsman von SLM die Zahlung des darin geregelten Pauschalbetrags von 600 €. Diese Verordnung sieht u.a. vor, dass den Fluggästen vom Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen eingeräumt wird, es sei denn sie sind über die Annullierung des Flugs mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden.

SLM verweigerte Herrn Krijgsman jedoch einen Ausgleich mit der Begründung, dass die Information über die Änderung des Abflugdatums am 09.10.2014 an den Reisevermittler weitergegeben worden sei. Der Reisevermittler wies seinerseits gegenüber Herrn Krijgsman jede Verantwortung von sich, da sich seine Geschäftsbesorgung auf den Abschluss von Verträgen zwischen Fluggästen und Luftfahrtunternehmen beschränke und er somit nicht für Flugplanänderungen verantwortlich sei.

Die Unterrichtung der Fluggäste obliege in einer solchen Situation dem Luftfahrtunternehmen, dem die E-Mail-Adresse des Fluggastes mit dem Buchungsvorgang übermittelt werde. Daraufhin verklagte Herr Krijgsman SLM bei der Rechtbank Noord-Nederland (Bezirksgericht Nordniederlande) auf Zahlung des Ausgleichs. Da dieses Gericht der Ansicht war, dass die europäische Verordnung keinen Aufschluss gebe, in welcher Weise ein Luftfahrtunternehmen die Fluggäste im Fall der Annullierung eines Flugs informieren müsse, wenn ein Beförderungsvertrag über einen Reisevermittler oder eine Website geschlossen worden sei, hat es beschlossen, den EuGH dazu zu befragen.

Wesentliche Entscheidungsgründe

In seinem Urteil weist der EuGH darauf hin, dass nach der Verordnung das Luftfahrtunternehmen die Beweislast dafür trägt, ob und wann der Fluggast über die Annullierung des Flugs unterrichtet wurde.

Wenn das Luftfahrtunternehmen nicht beweisen kann, dass der Fluggast über die Annullierung seines Flugs mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden ist, ist es zur Zahlung des in der Verordnung vorgesehen Ausgleichs verpflichtet.

Der Gerichtshof stellt klar, dass eine solche Auslegung nicht nur gilt, wenn der Beförderungsvertrag unmittelbar zwischen dem Fluggast und dem Luftfahrtunternehmen geschlossen wurde, sondern auch dann, wenn er über einen Dritten wie einen Online-Reisevermittler geschlossen wurde.

Der EuGH stellt aber auch fest, dass die Erfüllung der Verpflichtungen gemäß der Verordnung durch das Luftfahrtunternehmen dessen Recht unbeschadet lässt, nach geltendem Recht bei anderen Personen, von denen der Verstoß des Luftfahrtunternehmens gegen seine Verpflichtungen ausgeht, auch Dritten, Regress zu nehmen.

Die Verordnung beschränkt nämlich in keiner Weise das Recht des Luftfahrtunternehmens, Erstattung von einem Reiseunternehmen oder einer anderen Person zu verlangen, mit der es in einer Vertragsbeziehung steht.

EuGH, Urt. v. 11.05.2017 – C-302/16