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Ampel von Grün auf Gelb: Folgen bei Unfall

Ein Kfz-Fahrer verstößt gegen das Gebot, beim Wechsel einer Ampel von Grün auf Gelb anzuhalten, wenn er mit seinem Fahrzeug in den Kreuzungsbereich einfährt, obwohl er mit einer normalen Betriebsbremsung zwar jenseits der Haltelinie, aber noch vor der Ampelanlage hätte anhalten können. Das hat das OLG Hamm entschieden und im Streitfall eine Haftungsquote von 70 % zu 30 % angenommen.

Darum geht es

Der heute 65 Jahre alte Kläger aus Bönen befuhr mit seinem Motorroller im September 2012 morgens die Radbodstraße in Hamm in nördlicher Richtung und beabsichtigte die Kreuzung zur Dortmunder Straße geradeaus zu überqueren. In den Kreuzungsbereich fuhr er ein, als die für ihn geltende Ampel von Rot/Gelb auf Grün umsprang. Aus der Gegenrichtung näherte sich der Beklagte aus Osnabrück mit seinem Sattelzug auf der Linksabbiegespur der Radbodstraße. Der Beklagte beabsichtigte, nach links in die Dortmunder Straße einzubiegen und fuhr in den Kreuzungsbereich ein, – dies ergab die im gerichtlichen Verfahren durchgeführte Beweisaufnahme – nachdem die für ihn geltende Ampel von Grün auf Gelb umgesprungen war.

Der Kläger leitete eine Vollbremsung ein, geriet mit seinem Motorroller in eine Schräglage und kollidierte mit dem Unterfahrschutz des Sattelaufliegers. Er zog sich diverse, zum Teil schwere Verletzungen – einschließlich des Verlustes der Milz – zu. Die ihm entstandenen Schäden, materielle Schäden i.H.v. ca. 13.500 € sowie ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von 40.000 €, hat der Kläger im Prozess vom Beklagten und der mitverklagten Haftpflichtversicherung ersetzt verlangt.

Nach durchgeführter Beweisaufnahme zum Unfallhergang hat das Landgericht der Klage dem Grunde nach mit einer Haftungsquote von 70 % zugunsten des Klägers stattgegeben und ein mit 30 % zu bewertendes klägerisches Mitverschulden angenommen.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil ist erfolglos geblieben. Das OLG Hamm hat das landgerichtliche Urteil bestätigt.

Der Beklagte habe den Unfall überwiegend verschuldet, so der Senat. Ihm sei ein Gelblichtverstoß vorzuwerfen. Das Gelblicht einer Ampel ordne an, das nächste Farbsignal der Ampelanlage abzuwarten. Sei das nächste Farbsignal – wie im vorliegenden Fall – „rot“, habe der Fahrer anzuhalten, soweit ihm dies mit normaler Betriebsbremsung vor der Ampelanlage möglich sei. Andernfalls dürfe er weiterfahren, müsse aber den Kreuzungsbereich hinter der Lichtzeichenanlage möglichst zügig überqueren.

Im vorliegenden Fall habe der Beklagte anhalten müssen und die für ihn geltende Ampelanlage nicht mehr passieren dürfen. Er habe den Sattelzug vor Beginn der Rotlichtphase mit einer normalen Betriebsbremsung vor der Ampelanlage anhalten können. Das stehe nach dem im Prozess eingeholten Sachverständigengutachten fest.

Ob der Beklagte noch vor der Haltelinie seiner Ampelanlage habe zum Stehen kommen können, sei nicht entscheidend. Wer die Haltelinie überquere, ohne einen Verkehrsverstoß zu begehen, dürfe dann nicht in jedem Fall an der Gelb- oder Rotlicht zeigenden Ampelanlage vorbeifahren. Er müsse vielmehr anhalten, wenn er mit normaler Betriebsbremsung noch vor der Ampelanlage zum Stehen kommen könne. Andernfalls gefährde er den Querverkehr in einer nicht hinnehmbaren Weise. Dies gelte besonders, wenn er, was auf den Beklagten zutreffe, ein großes und schwerfälliges Fahrzeug lenke, mit dem er bei Gelblicht nur langsam in den Kreuzungsbereich einfahren könne.

Abgesehen von dem Gelblichtverstoß sei dem Beklagten vorzuwerfen, dass er den Sattelzug nicht angehalten und seinen Abbiegevorgang abgebrochen habe, als der Kläger in den Kreuzungsbereich eingefahren sei. Er habe sich nicht darauf verlassen dürfen, dass der Kläger ihm, dem Beklagten, als "Kreuzungsräumer" den Vorrang belasse.

Im Verhältnis zum Beklagten stelle sich das unfallursächliche Verschulden des Klägers als weniger gewichtig dar. Ihm sei vorzuhalten, dass er in den Kreuzungsbereich eingefahren sei, ohne auf den sich im Kreuzungsbereich bewegenden Sattelzug des Beklagten zu achten. Er habe sich nicht so verhalten, wie es von einem Verkehrsteilnehmer erwartet werden müsse, der eine Gefährdung Anderer möglichst auszuschließen habe.

Die Verursachungsbeiträge des Klägers und des Beklagten am Unfall habe das Landgericht unter Berücksichtigung der Betriebsgefahr beider Fahrzeuge zutreffend abgewogen, die festgestellte Haftungsquote von 70 % zulasten des Beklagten sei nicht zu beanstanden.

OLG Hamm, Urt. v. 30.05.2016 – 6 U 13/16