BSG, Beschluss vom 04.01.2022 - Aktenzeichen B 11 AL 58/21 B
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 3. September 2021 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 SGG ).
Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
In der Beschwerdebegründung ist aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des § 162 SGG stellt (zuletzt BSG vom 20.10.2021 - B 12 R 2/21 B juris RdNr 16). Die Beschwerdebegründung muss daher eine aus sich heraus verständliche abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts mit höherrangigem Recht formulieren (zuletzt BSG vom 12.8.2021 - B 12 R 11/21 B - juris RdNr 8; BSG vom 8.9.2021 - B 11 AL 42/21 B - juris RdNr 3 mwN; BSG vom 18.10.2021 - B 9 V 29/21 B - juris RdNr 7; BSG vom 20.10.2021 - B 5 R 230/21 B - juris RdNr 3). Daran fehlt es hier. Die Beschwerdebegründung formuliert bereits keine Rechtsfrage und benennt entsprechend auch keine Norm des Bundesrechts, deren Auslegung im Revisionsverfahren herbeigeführt werden soll. Soweit sich der Beschwerdebegründung sinngemäß entnehmen lässt, dass es dem Kläger um die Klärung geht, wann grobe Fahrlässigkeit iS des § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 Halbsatz 2 SGB X vorliegt, ist jedenfalls die Klärungsbedürftigkeit nicht dargetan. Die Beschwerdebegründung zitiert selbst aus Urteilen des BSG , in denen der Begriff der groben Fahrlässigkeit bereits näher umschrieben worden ist. Der Beschwerdebegründung lässt sich nicht entnehmen, welche weitere revisionsgerichtliche Klärung erforderlich und möglich ist, zumal die Entscheidung über das Vorliegen grober Fahrlässigkeit nur in engen Grenzen revisionsrechtlich nachprüfbar ist (vgl BSG vom 27.7.2000 - B 7 AL 88/99 R - SozR 3-1300 § 45 Nr 42 S 137 = juris RdNr 21 mwN; BSG vom 25.8.2011 - B 11 AL 30/10 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 22 RdNr 13; BSG vom 13.3.2019 - B 8 SO 85/18 B - juris RdNr 6). Der Kläger trägt nicht vor, dass das LSG den revisionsrechtlich nicht überprüfbaren Entscheidungsspielraum bei der Feststellung der groben Fahrlässigkeit überschritten hätte (vgl BSG vom 13.3.2019 - B 8 SO 85/18 B - juris RdNr 6). Zudem legt der Kläger nicht dar, dass in der Rechtsprechung des BSG noch nicht hinreichend geklärt wäre, welche Bedeutung behördliche Merkblätter für die Frage eines Verschuldens des Leistungsbeziehers haben können (vgl etwa BSG vom 20.9.1977 - 8/12 RKg 8/76 - BSGE 44, 264 [273] = SozR 5870 § 13 Nr 2 S 12 f = juris RdNr 25; BSG vom 24.4.1997 - 11 RAr 89/96 - juris RdNr 23 mwN). Letztlich wendet sich der Kläger nur gegen die vom LSG vorgenommene Subsumtion der konkreten Umstände des Einzelfalles unter den Begriff der groben Fahrlässigkeit, deren Richtigkeit indes nicht Gegenstand des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde sein kann (vgl BSG vom 31.10.2018 - B 11 AL 44/18 B - juris RdNr 5).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG .