Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BVerfG - Entscheidung vom 07.07.2021

1 BvR 249/21

Normen:
BVerfGG § 32 Abs. 1
BVerfGG § 34a Abs. 3
BVerfGG § 90
RVG § 14 Abs. 1
RVG § 37 Abs. 2 S. 2
BVerfGG § 32 Abs. 1
BVerfGG § 34a Abs. 3
BVerfGG § 90
RVG § 14 Abs. 1
RVG § 37 Abs. 2 S. 2
BVerfGG § 34a Abs. 3

BVerfG, Beschluss vom 07.07.2021 - Aktenzeichen 1 BvR 249/21

DRsp Nr. 2021/11898

Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit

Tenor

1.

Das Land Berlin hat der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen im Verfahren über die Verfassungsbeschwerde zu erstatten.

2.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 25.000 Euro (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro), für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde auf 5.000 Euro (in Worten: fünftausend Euro) festgesetzt.

Normenkette:

BVerfGG § 34a Abs. 3 ;

[Gründe]

1. Im vorliegenden Verfahren hat die Kammer am 6. Februar 2021 im Wege der einstweiligen Anordnung die Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Berlin vom 26. Januar 2021, mit dem der Beschwerdeführerin die Wiederholung bestimmter Äußerungen untersagt worden war, ausgesetzt.

Mit Schriftsatz vom 17. März 2021 ließ die Beschwerdeführerin mitteilen, dass der Antragsteller seinen Verfügungsantrag zwischenzeitlich zurückgenommen habe. Sie erkläre das Verfahren daher für erledigt. Weiter beantragte sie, dem Land Berlin die Erstattung ihrer notwendigen Auslagen im Verfahren über die Verfassungsbeschwerde aufzuerlegen sowie den Gegenstandswert festzusetzen.

2. Nach der Erledigungserklärung der Beschwerdeführerin ist gemäß § 34a Abs. 3 BVerfGG nach Billigkeit über die Auslagenerstattung zu entscheiden. Eine Auslagenerstattung entspricht der Billigkeit, soweit ausnahmsweise die Erfolgsaussichten im Verfassungsbeschwerdeverfahren unterstellt werden können, weil die verfassungsrechtliche Lage insoweit schon geklärt ist (vgl. BVerfGE 133, 37 <38 Rn. 2>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 25. August 2020 - 1 BvR 2022/16 -, Rn. 3).

Nach diesem Maßstab entspricht im vorliegenden Fall die vollständige Auslagenerstattung der Billigkeit. Eine Klärung der verfassungsrechtlichen Lage, aufgrund derer ein Obsiegen der Beschwerdeführerin im Verfassungsbeschwerdeverfahren unterstellt werden kann, ist hinsichtlich des mit Beschluss der Kammer vom 6. Februar 2021 außer Vollzug gesetzten Beschluss des Landgerichts gegeben. Denn die Kammer hat ihren Beschluss gerade mit Blick auf die insoweit offenkundigen Erfolgsaussichten der gleichzeitig eingelegten Verfassungsbeschwerde erlassen.

3. Die Festsetzung des Gegenstandswerts hat gesondert für die Verfahren der einstweiligen Anordnung und der Verfassungsbeschwerde zu erfolgen, wobei jeweils mindestens 5.000 Euro anzusetzen sind. Dabei ist der Gegenstandswert des Verfassungsbeschwerdeverfahrens grundsätzlich höher als derjenige der einstweiligen Anordnung zu bemessen. Anders liegt es jedoch, wenn das Verfahren der einstweiligen Anordnung die Hauptsache im Wesentlichen ersetzt und vorweggenommen hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 25. August 2020 - 1 BvR 2309/19 -, Rn. 3 mit Verweis auf Barczak, in: ders., BVerfGG , § 32 Rn. 81).

Um einen solchen Fall handelt es sich hier, da die einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin aufgrund des offensichtlichen Verstoßes gegen die prozessuale Waffengleichheit im einstweiligen Verfügungsverfahren außer Wirksamkeit gesetzt wurde. Bereits im Verfahren der einstweiligen Anordnung hatte die Kammer die in dem Verfassungsbeschwerdeverfahren zu klärenden Tatsachen- und Rechtsfragen umfassend verfassungsgerichtlich zu beurteilen. Das Verfahren der einstweiligen Anordnung ist somit im Wesentlichen an die Stelle des Verfassungsbeschwerdeverfahrens getreten, so dass sich sein Gegenstandswert dem Wert einer stattgebenden Kammerentscheidung im Verfassungsbeschwerdeverfahren annähert. Im Gegenzug war das nach Rücknahme des Verfügungsantrags für erledigt erklärte Verfassungsbeschwerdeverfahren nur mit dem Mindestwert von 5.000 Euro zu veranschlagen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Vorinstanz: LG Berlin, vom 26.01.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 27 O 29/21