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BVerfG - Entscheidung vom 22.07.2021

2 BvC 13/21

Normen:
GG Art. 93 Abs. 1 Nr. 4c
BVerfGG § 13 Nr. 3a
BWahlG § 18 Abs. 2 S. 1
BWahlG § 18 Abs. 2 S. 3
BWahlG § 18 Abs. 3 S. 3
GG Art. 93 Abs. 1 Nr. 4c
BVerfGG § 13 Nr. 3a
BWahlG § 18 Abs. 2 S. 1 und S. 3
BWahlG § 18 Abs. 3 S. 3
BWahlG § 18 Abs. 2 S. 1

BVerfG, Beschluss vom 22.07.2021 - Aktenzeichen 2 BvC 13/21

DRsp Nr. 2021/11801

Ablehnung der Anerkennung als Partei für die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag

1. Soweit gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 BWahlG die Beteiligung schriftlich anzuzeigen ist, wird diesen Anforderungen eine per E-Mail versandte Beteiligungsanzeige nicht gerecht. Das gilt jedenfalls, soweit die E-Mail weder handschriftlich unterzeichnet ist noch mit ihr das Original der Beteiligungsanzeige, inklusive der erforderlichen Unterlagen, übermittelt wird.2. Die Verspätung des Eingangs der Beteiligungsanzeige ist nicht heilbar.

Tenor

Die Nichtanerkennungsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Normenkette:

BWahlG § 18 Abs. 2 S. 1;

[Gründe]

I.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Ablehnung der Anerkennung als Partei für die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag.

1. Mit E-Mails vom 20. und 21. Juni 2021 zeigte die Beschwerdeführerin ihre Beteiligung an der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag an. Das von drei Personen unterschriebene Original der Beteiligungsanzeige ging am 24. Juni 2021 beim Bundeswahlleiter ein.

2. Der Bundeswahlleiter wies die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 29. Juni 2021 darauf hin, dass die Beteiligungsanzeige aus verschiedenen Gründen die formellen Anforderungen des § 18 Abs. 2 BWahlG nicht erfülle.

3. In seiner Sitzung vom 9. Juli 2021 stellte der Bundeswahlausschuss fest, dass die Beschwerdeführerin nicht als Partei für die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag anerkannt wird. Die formellen Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 BWahlG seien nicht erfüllt, da die Beteiligungsanzeige nicht im Original eingegangen, die Anzeige nicht von drei Mitgliedern des Bundesvorstandes unterzeichnet gewesen, kein Nachweis über die satzungsgemäße Bestellung des Vorstandes geführt und weder ein schriftliches Programm noch ein Nachweis der Beschlussfassung über die eingereichte Satzung vorgelegt worden sei.

4. Hiergegen hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 13. Juli 2021, eingegangen beim Bundesverfassungsgericht am selben Tag, Beschwerde eingelegt, die von einer namentlich genannten Person ohne Bezeichnung ihrer Funktion für die Beschwerdeführerin unterzeichnet wurde. Darin wird ausgeführt, dass zugunsten der Beschwerdeführerin von einer Zugangsfiktion ausgegangen werden müsse, da sie die Beteiligungsanzeige 72 Stunden vor Fristablauf abgeschickt habe. Außerdem habe der Bundeswahlleiter sein Postfach nicht rechtzeitig geleert, weshalb davon ausgegangen werden müsse, dass ihre Beteiligungsanzeige rechtzeitig eingegangen sei. Jedenfalls sei verfassungsrechtlich eine Heilung der Fristsäumnis geboten, wenn sie unverschuldet sei und die Beteiligungsanzeige schnellstmöglich nach Fristablauf eingereicht werde.

5. Dem Bundeswahlausschuss ist gemäß § 96b BVerfGG Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden. In seinem Schreiben vom 16. Juli 2021 weist der Bundeswahlleiter erneut auf die Formfehler der Beteiligungsanzeige hin, die im Rahmen der Sitzung vom 9. Juli 2021 festgestellt worden sind.

II.

Die Nichtanerkennungsbeschwerde ist jedenfalls unbegründet. Die Beschwerdeführerin ist nicht als wahlvorschlagsberechtigte Partei für die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag anzuerkennen. Sie hat ihre Beteiligung an der Wahl nicht fristgerecht angezeigt.

1. Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 BWahlG müssen Parteien, die im Deutschen Bundestag oder einem Landtag seit deren letzter Wahl nicht aufgrund eigener Wahlvorschläge ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten waren, ihre Beteiligung an der Wahl bis spätestens am siebenundneunzigsten Tage vor der Wahl dem Bundeswahlleiter schriftlich angezeigt haben.

2. Das ist hier nicht der Fall. Die vorab per E-Mail übersandte Beteiligungsanzeige war mangels Schriftform nicht geeignet, die Frist zur Anzeige der Wahlbeteiligung zu wahren. Das Original der Beteiligungsanzeige ist beim Bundeswahlleiter nicht rechtzeitig eingegangen.

a) Zur Wahrung der Anzeigefrist war die am 20. und 21. Juni 2021 per E-Mail versandte Beteiligungsanzeige der Beschwerdeführerin nicht geeignet.

Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 BWahlG ist die Beteiligung schriftlich anzuzeigen. Schriftlichkeit bedeutet gemäß § 54 Abs. 2 BWahlG, dass die Anzeige persönlich und handschriftlich zu unterzeichnen und im Original vorzulegen ist. Die Erforderlichkeit der persönlichen und handschriftlichen Unterzeichnung der Beteiligungsanzeige von mindestens drei Mitgliedern des Bundesvorstandes, darunter dem Vorsitzenden oder seinem Stellvertreter, wird zudem in § 18 Abs. 2 Satz 3 BWahlG verlangt.

Diesen Anforderungen wird die per E-Mail versandte Beteiligungsanzeige der Beschwerdeführerin vom 20. und 21. Juni 2021 nicht gerecht. Die E-Mails sind weder handschriftlich unterzeichnet noch wird mit ihnen das Original der Beteiligungsanzeige, inklusive der erforderlichen Unterlagen, übermittelt.

b) Die formgerecht eingegangene Beteiligungsanzeige der Beschwerdeführerin wahrt die in § 18 Abs. 2 Satz 1 BWahlG vorgesehene Frist nicht.

Die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag findet am 26. September 2021 statt, sodass die Frist zur Beteiligungsanzeige gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 BWahlG am 21. Juni 2021, 18:00 Uhr ablief. Das Original der Beteiligungsanzeige der Beschwerdeführerin ist beim Bundeswahlleiter am 24. Juni 2021 und damit nach Fristablauf eingegangen.

Die Verspätung der Eingabe der Beteiligungsanzeige ist auch nicht heilbar. § 18 Abs. 3 Satz 3 und 4 Nr. 1 BWahlG ordnet für den Mangel in der Form der Beteiligungsanzeige eine Ausschlussfrist an. Die Nachholung der formgerechten Eingabe kann die Fristsäumnis daher nicht ungeschehen machen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt auch wegen § 54 Abs. 1 Satz 2 BWahlG nicht in Betracht.

Ob gleichwohl, wie die Beschwerdeführerin meint, von Verfassungs wegen eine Heilung für den Fall der unverschuldeten Fristsäumnis in Betracht gezogen werden könnte, bedarf keiner Erörterung, weil die Beschwerdeführerin keine Entschuldigungsgründe vorträgt oder nachweist.