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BSG - Entscheidung vom 10.09.2021

B 9 V 1/21 BH

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2

BSG, Beschluss vom 10.09.2021 - Aktenzeichen B 9 V 1/21 BH

DRsp Nr. 2021/16227

Waisenrente nach dem BVG Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Februar 2021 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu gewähren, wird abgelehnt.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2 ;

Gründe

I

Die Klägerin begehrt im Wege des Überprüfungsverfahrens zum wiederholten Mal die Bewilligung einer Waisenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz ( BVG ).

Die 1938 geborene Klägerin ist die Tochter des 1944 in der damaligen Sowjetunion an den Folgen einer Schädigung iS des § 1 BVG gestorbenen B.

Nachdem der Klägerin einen Monat vor Vollendung ihres 18. Lebensjahres das rechte Bein wegen Knochenkrebs amputiert werden musste, wurde bei ihr ein Grad der Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit von 70 vH festgestellt (Bescheid vom 8.4.1957). Für die Dauer der dadurch bedingten Erwerbsunfähigkeit gewährte das beklagte Land der Klägerin nach der damals geltenden Gesetzeslage Waisenrente als Ermessensleistung (Bescheid vom 27.11.1956). Ab Februar 1957 stellte es diese Rentenzahlung wieder ein, weil die Klägerin seit Januar 1957 in Arbeit stehe und Erwerbsunfähigkeit nicht mehr vorliege (Bescheid vom 27.4.1957). Die Klägerin war danach bis Oktober 1974 pflichtversichert beschäftigt. Von Juli 1977 bis März 2003 bezog sie eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf der Grundlage von 28,3929 Entgeltpunkten (EP), seit April 2003 eine Altersrente auf der Grundlage von 33,9398 EP.

Den im Jahr 2008 gestellten Antrag der Klägerin, ihr erneut Waisenrente zu gewähren, lehnte der Beklagte ab, weil die Klägerin sich durch ihre Erwerbstätigkeit bei Vollendung des 27. Lebensjahres selbst habe unterhalten können und diese Fähigkeit auch danach nicht wieder verloren habe. Widerspruch, Klage, Berufung und Revision sind erfolglos geblieben (Senatsurteil vom 16.3.2016 - B 9 V 8/15 R - SozR 4-3100 § 45 Nr 1).

Mit Schreiben vom 27.7.2016 machte die Klägerin geltend, sie habe im Januar 2008 auch beantragt, den Bescheid über die Einstellung der Rentenzahlung vom 27.4.1957 zu überprüfen. Das sei bislang unterblieben.

Der Beklagte lehnte die Rücknahme des Bescheids ab (Bescheid vom 6.9.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2016). Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat ausgeführt, die Entziehung der Waisenrente im Jahr 1957 sei nicht zu beanstanden. Die Klägerin sei nach den Vorgaben des Senatsurteils vom 16.3.2016 (aaO) seit 1957 durchgängig zum Selbstunterhalt in der Lage gewesen. Durch ihre Erwerbstätigkeit habe sie sich später in das Sicherungssystem der gesetzlichen Rentenversicherung eingegliedert. Das schütze sie gegen die Wechselfälle des Lebens, weshalb sie keines Schutzes durch den Anspruch auf Waisenrente mehr bedürfe (Urteil vom 18.2.2021).

Mit ihrem Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) für eine Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin erneut geltend, der Bescheid vom 27.4.1957 sei rechtswidrig. Insbesondere habe er zu Unrecht ihre Fähigkeit zum Selbstbehalt angenommen.

II

Der PKH-Antrag der Klägerin ist unbegründet.

PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO ). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter 73 Abs 4 SGG ) in der Lage wäre, die von der Klägerin angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen. Da ihr keine PKH zusteht, kann sie auch keine Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO ).

Hinreichende Erfolgsaussicht hätte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat 160 Abs 2 Nr 1 SGG ), das Urteil von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Bundesgerichte (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann 160 Abs 2 Nr 3 SGG ). Nach Durchsicht der Akten fehlen - auch unter Würdigung des Vorbringens der Klägerin - Anhaltspunkte dafür, dass sie einen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe darlegen oder bezeichnen könnte. Die Sache bietet keine Hinweise für eine über ihren Einzelfall hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ). Auch ist nicht ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend von der Rechtsprechung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ). Vielmehr hat das LSG seiner Entscheidung zutreffend das Urteil des Senats vom 16.3.2016 (aaO) über den Wegfall des Waisenrentenanspruchs der Klägerin zugrunde gelegt. Soweit die Klägerin weiterhin der Ansicht ist, der Entzug ihrer Waisenrente im Jahr 1957 und eine damit verbundene Zahlungsrückforderung sei rechtswidrig gewesen, was das LSG verkannt habe, rügt sie ohnehin der Sache nach nur einen im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde unerheblichen Rechtsanwendungsfehler im Einzelfall (vgl Senatsbeschluss vom 24.8.2017 - B 9 SB 24/17 B - juris RdNr 16 mwN).

Schließlich fehlt ein ausreichender Anhalt dafür, dass die Klägerin einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehler des LSG bezeichnen könnte (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG (Anhörung eines bestimmten Arztes) und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Solche im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde relevanten Verfahrensmängel hat die Klägerin nicht benannt; sie sind nach Durchsicht der Akten auch nicht ersichtlich.

Vorinstanz: LSG Berlin-Brandenburg, vom 18.02.2021 - Vorinstanzaktenzeichen L 11 VK 14/19
Vorinstanz: SG Berlin, vom 02.04.2019 - Vorinstanzaktenzeichen S 113 VK 161/16