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BSG - Entscheidung vom 27.04.2021

B 12 KR 67/20 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
SGG § 153 Abs. 4 S. 1

BSG, Beschluss vom 27.04.2021 - Aktenzeichen B 12 KR 67/20 B

DRsp Nr. 2021/10018

Versicherungspflicht als Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 1.7.2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; SGG § 153 Abs. 4 S. 1;

Gründe

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob der Kläger ab 1.8.2016 als Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versicherungspflichtig ist. Die beklagte Krankenkasse lehnte die Feststellung einer Versicherungspflicht als Rentner mangels Erfüllung der Vorversicherungszeit ab und führte den Kläger als freiwilliges Mitglied. Das LSG Mecklenburg-Vorpommern hat durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 SGG am 1.7.2020 die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG Schwerin vom 1.8.2018 zurückgewiesen. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LSG.

II

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 1.7.2020, mit der der Kläger ausschließlich das Vorliegen von Verfahrensfehlern geltend macht 160 Abs 2 Nr 3 SGG ), bleibt ohne Erfolg, weil sie zum Teil unzulässig und im Übrigen unbegründet ist.

1. Der Kläger rügt in Nr 1 seiner Beschwerdebegründung vom 8.10.2020, dass die Anhörungsmitteilung vom 4.6.2019 keinen Hinweis darauf enthalten habe, dass der vom LSG beabsichtigte Beschluss nach § 153 SGG ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter erfolgen sollte.

Hierdurch bezeichnet der Kläger keinen entscheidungserheblichen Verfahrensfehler. Der Kläger legt nicht hinreichend dar, warum die in § 153 Abs 4 Satz 2 SGG geregelte Pflicht, die Beteiligten vorher zu hören, auch eine Verpflichtung umfassen soll, auf die fehlende Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter hinzuweisen. Deren Nichtmitwirkung an Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung ergibt sich unmittelbar aus § 12 Abs 1 Satz 2 SGG .

2. Unter Nr 2 der Beschwerdebegründung rügt der Kläger, dass der angefochtene Beschluss vom 1.7.2020 ohne neuerliche Anhörung der Beteiligten ergangen sei. Eine Anhörung sei erneut erforderlich gewesen, weil nach der früheren Anhörungsmitteilung vom 4.6.2019 vom LSG eine Auskunft von der Deutschen Rentenversicherung Nord angefordert worden und mit deren Schreiben vom 25.5.2020 eingegangen sei.

Das Vorbringen des Klägers ist mit der Aktenlage nicht in Einklang zu bringen. Danach befindet sich auf der Rückseite von Bl 93 der Gerichtsakte des LSG die Verfügung, eine Kopie des Schreibens der DRV Nord vom 25.5.2000 dem Kläger zur Stellungnahme binnen zwei Wochen zuzustellen mit dem Hinweis, dass weiterhin beabsichtigt sei, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 153 SGG zurückzuweisen. Der Abvermerk datiert auf den 10.6.2020. Laut Postzustellungsurkunde (Bl 94 der Gerichtsakte des LSG) ist dem Kläger das Schriftstück am 11.6.2020 zugestellt worden. Der Kläger hat daraufhin mit Schreiben vom 22.6.2020 (Bl 95 der Gerichtsakte des LSG) Stellung genommen. Darin hat er einleitend ausgeführt: "Das Landessozialgericht M-V ist nach Prüfung sämtlicher ihm vorgelegter Unterlagen (Akteneinsicht) und mit Blick auf seine einschlägige Rechtsprechung der Auffassung, dass das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache ohne mündliche Verhandlung geklärt werden kann und soll."

3. Der Kläger rügt unter Nr 3 seiner Beschwerdebegründung eine wegen der unter Nr 1 und 2 behaupteten Verfahrensfehler unvorschriftsmäßige Besetzung des Berufungsgerichts.

Da entsprechende Verfahrensfehler aber weder hinreichend bezeichnet worden sind (Nr 1) noch vorliegen (Nr ), war das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung nach § 153 Abs 4 SGG auch nicht unvorschriftsmäßig besetzt.

4. Unter Nr 4 der Beschwerdebegründung hält es der Kläger für fraglich, ob die grundsätzliche Entscheidung, die Berufung im Beschlusswege nach § 153 Abs 4 SGG zurückzuweisen, überhaupt sachgerecht und nicht bereits am 8.11.2018, mithin lange vor der Verfügung der Anhörungsmitteilung am 4.6.2019, gefallen sei.

Hierdurch bezeichnet der Kläger keinen entscheidungserheblichen Verfahrensmangel. Er benennt bereits keine konkrete Norm des Verfahrensrecht, gegen die das LSG vermeintlich verstoßen haben soll.

5. Soweit der Kläger die Eignung des Verfahrens für eine Entscheidung nach § 153 Abs 4 SGG mit der Begründung anzweifeln will, gegen den Rentenbescheid vom 4.7.2016 sei ein weiteres Verfahren (L ) anhängig, das zu einer Änderung des Vorversicherungsverlaufs führen könne, ist ebenfalls kein Verfahrensfehler dargetan. Die Entscheidung, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 SGG zurückzuweisen, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Berufungsgerichts und kann nur auf fehlerhaften Gebrauch, also sachfremde Erwägungen und grobe Fehleinschätzungen überprüft werden (stRspr; BSG Beschluss vom 23.6.2016 - B 3 KR 4/16 B - SozR 4-1500 § 140 Nr 3 RdNr 11 mwN). Nur in Ausnahmefällen ist das dem LSG bei der Frage eines Verfahrens nach § 153 Abs 4 SGG eingeräumte Ermessen auf Null reduziert (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 13. Aufl 2020, § 153 RdNr 15b mwN). Entsprechende Ausführungen hierzu sind der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Die hypothetische Möglichkeit einer späteren Änderung des Versicherungsverlaufs steht einer Entscheidung über die Versicherungspflicht in der GKV auf der Grundlage des aktuellen, festgestellten Versicherungsverlaufs nicht entgegen.

6. Hinsichtlich der unter Nr 2 der Beschwerdebegründung ergänzend vorgebrachten Aufklärungsrüge ist die Beschwerde unzulässig, weil nach § 160 Abs 2 Teilsatz 3 SGG ein geltend gemachter Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden kann, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Im Übrigen kann die Behauptung, die Berufungsentscheidung sei inhaltlich unrichtig, nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18).

7. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

8. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Mecklenburg-Vorpommern, vom 01.07.2020 - Vorinstanzaktenzeichen L 6 KR 83/18
Vorinstanz: SG Schwerin, vom 01.08.2018 - Vorinstanzaktenzeichen S 8 KR 40/17