Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BSG - Entscheidung vom 18.08.2021

B 2 U 99/21 B

Normen:
SGG § 73a Abs. 1 S. 1
ZPO § 117 Abs. 4

BSG, Beschluss vom 18.08.2021 - Aktenzeichen B 2 U 99/21 B

DRsp Nr. 2021/14681

Verletztenrente aufgrund eines Arbeitsunfalls Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrags

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. April 2021 Prozesskostenhilfe zu gewähren und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorbezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 73a Abs. 1 S. 1; ZPO § 117 Abs. 4 ;

Gründe

Mit Urteil vom 27.4.2021 hat es das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz abgelehnt, dem Kläger Verletztenrente aufgrund des Arbeitsunfalls vom 24.6.1974 zu gewähren. Nach Zustellung am 4.5.2021 in Slowenien hat er dagegen unter dem 9.5.2021 beim LSG privatschriftlich "Berufung" eingelegt und sich unter dem 30.5.2021 dafür bedankt, dass seine "Nichtzulässigkeitsbeschwerde und Akten ans Bundessozialgericht weitergeleitet" wurden. Er verweist ua auf den Prozessvergleich vor dem Sozialgericht Landshut, wonach ihm seit dem 1.8.2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt wird, und beruft sich auf den Bescheid der Slowenischen Anstalt für Renten- und Invalidenversicherung vom 30.9.1998, wonach die Invalidenkommission in Novo mesto einen Körperschaden von 60 % festgestellt hat. Auf den Richterbrief vom 29.6.2021 und die Übersendung des Prozesskostenhilfeformulars hat er mit Schreiben vom 17.7.2021 geantwortet, er könne sich "aus finanziellen Gründen keinen Rechtsanwalt leisten" und sei "nicht imstande die Formulare auszufüllen". Der Senat fasst die Eingaben als Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorbezeichneten Urteil des LSG und als Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) nebst Beiordnung eines Rechtsanwalts auf.

1. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen. Auch Anträge auf grenzüberschreitende PKH setzen nach der Rechtsprechung des BSG und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes voraus, dass sowohl der (grundsätzlich formlose) Antrag auf PKH als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen auf dem hierfür vorgeschriebenen Formular 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 117 Abs 4 ZPO , Prozesskostenhilfeformularverordnung vom 6.1.2014 <BGBl I 34>) innerhalb der Rechtsmittelfrist beim BSG eingereicht werden ( BSG SozR 1750 § 117 Nr 1, 3 und 4; BGH VersR 1981, 884 ; BFH-NV 1989, 802; BVerfG SozR 1750 § 117 Nr 2 und 6). Bis zum Ablauf der dreimonatigen Beschwerdefrist ( BSG Beschluss vom 4.6.1975 - 11 BA 4/75 - BSGE 40, 40 = SozR 1500 § 160a Nr 4), die am 4.8.2021 endete 64 Abs 2 Satz 1, § 63 Abs 2 SGG ), hat der Kläger zwar den Antrag gestellt, aber nicht die erforderliche Erklärung vorgelegt. Das LSG und der Senat haben ihn ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sowohl das PKH-Gesuch als auch die formgerechte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bis zum Ablauf der Beschwerdefrist beim BSG einzureichen sind. Mit dem bloßen Hinweis, er sei "nicht imstande, die Formulare auszufüllen", hat er nicht schlüssig dargetan, an der rechtzeitigen Vorlage eines formgerechten PKH-Gesuchs ohne sein Verschulden gehindert gewesen zu sein.

Dessen ungeachtet bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung nach der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung des Streitstoffs auch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO ). Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Das Vorliegen eines solchen Zulassungsgrundes ist nicht ersichtlich. Insbesondere existieren im Hinblick auf einen Stütztatbestand 56 Abs 1 Satz 2 SGB VII bzw § 581 Abs 3 RVO ) keine Anhaltspunkte für eine Sachverhaltsgleichstellung nach Art 5 Buchstabe a, Art 40 Abs 3 der Verordnung (EG) Nr 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl EU Nr L 166/1 vom 30.4.2004). Denn nach den Feststellungen des LSG im angefochtenen Urteil handelte es sich bei der Kopfverletzung, die der Kläger 1986 in Jugoslawien erlitten und die seine Invalidität (mit)bewirkt hat, um einen "Privatunfall", wie auch dem unfallchirurgischen Gutachten vom 15.9.2011 zu entnehmen ist, das in dem Klageverfahren S 23 U 318/10 vor dem Sozialgericht München erstattet worden ist. Ebenfalls weist die Begründung des Bescheids der Slowenischen Anstalt für Renten- und Invalidenversicherung vom 30.9.1998 ausdrücklich darauf hin, dass der 60%ige Körperschaden "die Folge einer Verletzung außerhalb der Arbeit ist". Da dem Kläger somit PKH nicht zusteht, war auch sein Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO ).

2. Die vom Kläger privatschriftlich eingelegte Beschwerde entspricht nicht der gesetzlichen Form und ist daher durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG ). Der Kläger kann, worauf er in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ausdrücklich hingewiesen worden ist, Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision rechtswirksam nur durch beim BSG zugelassene Prozessbevollmächtigte einlegen lassen 73 Abs 4 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183 , 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Rheinland-Pfalz, vom 27.04.2021 - Vorinstanzaktenzeichen L 3 U 104/20
Vorinstanz: SG Mainz, vom 20.05.2020 - Vorinstanzaktenzeichen S 11 U 165/18