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BSG - Entscheidung vom 19.10.2021

B 3 KR 20/21 B

Normen:
SGB VI § 116 Abs. 2
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1
SGG § 78 Abs. 1 S. 1

BSG, Beschluss vom 19.10.2021 - Aktenzeichen B 3 KR 20/21 B

DRsp Nr. 2021/17913

Umdeutung eines Rehabilitationantrags in einen Rentenantrag Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 10. Mai 2021 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGB VI § 116 Abs. 2 ; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ; SGG § 78 Abs. 1 S. 1;

Gründe

I

Das LSG hat die Berufung des Klägers als unbegründet zurückgewiesen und ist der Rechtsauffassung des SG zur zulässigen nachträglichen Beschränkung des Dispositionsrechts des Klägers durch die beklagte Krankenkasse nach Maßgabe des § 51 SGB V beigetreten. Zur Begründung hat das LSG im Wesentlichen Bezug auf die Entscheidungsgründe des SG genommen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG. Er macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und eine Abweichung des LSG vom BSG geltend.

II

Die Beschwerde des Klägers ist als unzulässig zu verwerfen 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 SGG ).

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision ua zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2). Beide hier geltend gemachten Zulassungsgründe hat der Kläger in der Begründung der Beschwerde nicht schlüssig dargelegt oder bezeichnet 160a Abs 2 Satz 3 SGG ).

1. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet worden sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 65 f). Hierfür ist eine substantielle Auseinandersetzung mit den einschlägigen oberstgerichtlichen Entscheidungen ebenso erforderlich wie die Darlegung, dass sich aus diesen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben (vgl BSG vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § Nr 8).

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet sie die Frage: "Kann ein Ermessensnichtgebrauch bei einer Entscheidung der gesetzlichen Krankenversicherung, mit der sie das Dispositionsrecht über die Umdeutung eines Reha-Antrags in einen Rentenantrag (§ 116 Abs. 2 SGB VI ) zu Lasten der Krankenkasse nach § 51 Abs. 1 SGB V einschränkt, durch ein Nachschieben der Begründung im Widerspruchsbescheid nach § 41 SGB X geheilt werden?".

Zur schlüssigen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit dieser Frage wäre eine Auseinandersetzung mit bereits vorliegender Rechtsprechung des BSG zur Nachholung der Ermessensausübung im Widerspruchsverfahren geboten gewesen. Nach dieser ist die Widerspruchsbehörde zur Beseitigung des Fehlens der Ermessensbetätigung im Ausgangsbescheid im und durch das Widerspruchsverfahren auf der Grundlage des § 78 Abs 1 Satz 1 SGG , wonach auch die Zweckmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen ist, befugt und gehalten ( BSG vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - BSGE 119, 271 = SozR 4-4200 § 12a Nr 1, RdNr 38; vgl auch Schütze in Schütze, SGB X , 9. Aufl 2020, § RdNr 11). An dieser Auseinandersetzung fehlt es ebenso wie an Darlegungen dazu, dass und warum im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung wie hier insoweit Besonderheiten gelten könnten.

2. Für die Bezeichnung einer Abweichung (Divergenz) ist aufzuzeigen, mit welchem genau bezeichneten entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssatz die angefochtene Entscheidung des LSG von welchem ebenfalls genau bezeichneten entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssatz des BSG im Grundsätzlichen abweicht. Die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, dass das LSG dem BSG im Grundsätzlichen widersprochen und von den bezeichneten rechtlichen Aussagen des BSG abweichende, dh mit diesen unvereinbare eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (vgl zB BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 196 mwN).

Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerdebegründung schon deshalb nicht, weil Rechtssätze des LSG, mit denen es eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt und nicht nur auf die Entscheidungsgründe des SG Bezug genommen hat, nicht bezeichnet werden. Zudem macht die Beschwerdebegründung eine Abweichung des LSG von rechtlichen Maßstäben des BSG zu Anhörungsmängeln geltend, obgleich es ausweislich der Beschwerdebegründung in den Ausgangsentscheidungen entscheidungserheblich um die Nachholung der Ermessensausübung im Widerspruchsbescheid ging.

Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Hessen, vom 10.05.2021 - Vorinstanzaktenzeichen L 1 KR 5/20
Vorinstanz: SG Gießen, vom 08.10.2019 - Vorinstanzaktenzeichen S 7 KR 1407/18