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BSG - Entscheidung vom 20.04.2021

B 5 R 18/21 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
SGG § 62
GG Art. 103 Abs. 1

BSG, Beschluss vom 20.04.2021 - Aktenzeichen B 5 R 18/21 B

DRsp Nr. 2021/9379

Rente wegen Erwerbsminderung Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 7. Januar 2021 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; SGG § 62 ; GG Art. 103 Abs. 1 ;

Gründe

I

Zwischen den Beteiligten ist streitig ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Das SG Halle hat die Klage mit Urteil vom 31.8.2020 abgewiesen. Im Berufungsverfahren ist der Klägerin mit gerichtlichem Schreiben vom 8.12.2020 der geplante Termin zur mündlichen Verhandlung am 7.1.2021 angekündigt worden. Die Ladung datiert vom 15.12.2020. Am 4.1.2021 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt, den Verhandlungstermin aufzuheben, zunächst mit der Begründung, am selben Tag einen Termin beim Amtsgericht M wahrnehmen zu müssen. In dem daraufhin mit der Senatsvorsitzenden geführten Telefonat hat er angegeben, der von dieser vorgeschlagenen Vorverlegung des Verhandlungstermins am Sitzungstag auf 11:15 Uhr stehe ebenfalls ein anderer Termin entgegen, den er nicht näher bezeichnete. In einem weiteren Schriftsatz vom 4.1.2021 hat er sein Terminverlegungsgesuch darauf gestützt, sich nach einem Aufenthalt in Tschechien (19.12. bis 30.12.2020) in Quarantäne zu befinden. Mit Beschluss vom 5.1.2021 hat die Senatsvorsitzende den Antrag auf Terminsaufhebung abgelehnt. Auf den dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am selben Tag per Telefax zugestellten Beschluss hat dieser ebenfalls am 5.1.2021 per Telefax zum einen mitgeteilt, der Termin beim Amtsgericht M am 7.1.2021 um 13:30 Uhr sei aufgehoben worden, und zum anderen angekündigt, nun wohl unter Verletzung der Coronaschutzmaßnahmen den Termin beim Senat wahrnehmen zu müssen. Daraufhin hat die Vorsitzende ihn mit Telefax vom selben Tag darauf hingewiesen, dass die Vertretung der Klägerin im Verhandlungstermin unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere der Coronaschutzverordnungen, zu erfolgen habe. Zum Termin der mündlichen Verhandlung sind weder die Klägerin noch deren Prozessbevollmächtigter erschienen. Mit Urteil vom 7.1.2021 hat das LSG einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente verneint und die Berufung gegen das Urteil des SG Halle zurückgewiesen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt und mit Schriftsatz vom 25.2.2021 begründet. Sie macht als Zulassungsgründe eine Divergenz sowie Verfahrensmängel geltend 160 Abs 2 Nr 2 und 3 SGG ).

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Die geltend gemachten Gründe für die Zulassung einer Revision wurden nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

1. Einen Zulassungsgrund der Divergenz 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt.

Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Bezogen auf die Darlegungspflicht muss die Beschwerdebegründung erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht (vgl BSG Beschluss vom 14.4.2020 - B 5 RS 13/19 B - juris RdNr 4 mwN). Nicht ausreichend ist hingegen, wenn die fehlerhafte Anwendung eines als solchen nicht in Frage gestellten höchstrichterlichen Rechtssatzes durch das Berufungsgericht geltend gemacht wird (bloße Subsumtionsrüge), denn nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen ermöglicht die Zulassung der Revision wegen Divergenz (stRspr, zB BSG Beschluss vom 8.8.2019 - B 5 R 282/18 B - juris RdNr 16 mwN).

Diesen Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin legt schon nicht dar, welche abstrakten Rechtssätze sie den von ihr angeführten Urteilen des BSG (Urteil vom 5.3.1959 - 4 RJ 27/58 - BSGE 9, 192 ; Urteil vom 26.9.1975 - 12 RJ 208/74 - SozR 2200 § 1247 Nr 12; Urteil vom 23.3.1977 - 4 RJ 49/76 - SozR 2200 § 1247 Nr 16; Urteil vom 21.7.1992 - 4 RA 13/91 - juris; Urteil vom 31.3.1993 - 13 RJ 65/91 - SozR 3-2200 § 1247 Nr 14) entnehmen möchte. Mit ihren Ausführungen, "ein Versicherter, der eine Erwerbstätigkeit noch ausüben könne, sei nicht deshalb eu, weil er häufig krank feiern müsse" und etwas anderes könne allenfalls dann gelten, "wenn der Versicherte so häufig krank feiern müsse, dass die von ihm während eines Arbeitsjahres erbrachten Arbeitsleistungen nicht mehr die Mindestanforderungen erfüllen" (unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 5.3.1959 - 4 RJ 27/58 - BSGE 9, 192 und Urteil vom 26.9.1975 - 12 RJ 208/74 - SozR 2200 § 1247 Nr 12), beschreibt sie schon keine verwertbaren abstrakten Rechtssätze. Soweit sie der Rechtsprechung des BSG entnimmt, "Erwerbsminderung kann nur vorliegen, wenn der Gesundheitszustand des Versicherten objektiv 'auf nicht absehbare Zeit' keine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit mehr zulässt" ( BSG Urteil vom 23.3.1977 - 4 RJ 49/76 - SozR 2200 § Nr 16), stellt sie dem keine davon abweichenden Rechtssätze des LSG gegenüber.

Mit ihrem Vorbringen, das LSG gehe davon aus, "dass die Klägerin im hier maßgebenden Zeitraum ab Rentenantragstellung am 16.06.2017 noch körperlich leichte bis mittelschwere und zumindest geistig einfache und mnestisch (?) anspruchslose Tätigkeiten sechs Stunden und mehr verrichten kann", beschreibt sie keinen abstrakten Rechtssatz, sondern eine Beurteilung des Einzelfalls. Dies gilt auch für die weiteren in Bezug genommenen LSG-Ausführungen "Soweit J ein Fehler bei der Namensschreibung unterlaufen ist, ändert dies ebenso wenig an der Verwertbarkeit seines Gutachtens, wie der fehlerhafte Namensschreibung in der Beweisanordnung des Sozialgerichts vom 02.04.2019, in der A zur gerichtlichen Sachverständigen bestellt worden ist." Eigene rechtliche Maßstäbe, die das LSG im Widerspruch zu der von der Klägerin angegebenen Rechtsprechung des BSG zu den Voraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente aufgestellt haben könnte, gehen aus der Beschwerdebegründung nicht hervor. Mit ihrem Vortrag, eine Verwertung des Gutachtens von J sei ausgeschlossen, das LSG habe die dauerhafte Krankschreibung seit August 2016 nicht zur Kenntnis genommen und es könne nicht abschließend beurteilt werden, ob die Klägerin in absehbarer Zeit regelmäßig arbeiten könne, rügt sie eine fehlerhafte Anwendung des Rechts. Dies vermag den Zulassungsgrund der Divergenz nicht zu begründen (vgl zB BSG Beschluss vom 8.12.2020 - B 1 KR 58/19 B - juris RdNr 5).

2. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels 160a Abs 2 Satz 3 SGG ) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Die Beschwerdebegründung bezeichnet nicht hinreichend solche Verfahrensfehler.

a) Die Klägerin macht zunächst geltend, fehlerhafte Namensschreibungen durchzögen "als Falschangabe" das gesamte sozialgerichtliche Verfahren (s bereits die fehlerhafte Schreibweise in der Klageschrift vom 13.11.2018). Sie verweist auf mehrfache Schreibfehler in ihrem Nachnamen (zB in einer Beweisordnung vom 26.3.2019) und darauf, dass die vom SG bestellte medizinische Sachverständige A ua falsche Angaben zu ihren Lebensumständen im Gutachten vom 28.8.2019 gemacht habe. Bei den Gutachten handle es sich um "falsche Urkunde", es bestehe der Verdacht der "Personenstandsfälschung gem. § 169 StGB ". Ausführungen dazu, welche Verfahrensnorm hierdurch verletzt sein soll, fehlen indes ebenso wie eine nähere Begründung, inwiefern die angefochtene Entscheidung des LSG darauf beruhen könnte. Dies gilt auch, soweit die Klägerin geltend macht, es sei unklar gewesen, ob ihr persönliches Erscheinen in der mündlichen Verhandlung vor dem SG angeordnet gewesen sei.

b) Die Klägerin rügt sodann eine Verletzung ihres Rechts auf Befragung eines Sachverständigen nach § 116 Satz 2, § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 397 , 402 , 411 Abs 4 ZPO , indem sie insgesamt zwölf Fragen auflistet, die sie zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts und der sich daraus ergebenden Leistungsminderung an den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie J formuliert habe. Sie trägt vor, das LSG habe mit Schreiben vom 13.11.2020 auf ihre Fragen mitgeteilt, dass der Gutachter inzwischen verstorben sei. Das Fragerecht, das als Ausfluss des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß § 62 SGG und Art 103 Abs 1 GG anzusehen ist (vgl BSG Urteil vom 12.4.2000 - B 9 VS 2/99 R - SozR 3-1750 § 411 Nr 1 S 4 und zuletzt BSG Beschluss vom 11.3.2021 - B 5 R 301/20 B - juris RdNr 6), besteht grundsätzlich nur hinsichtlich von Gutachten, die in derselben Instanz erstattet wurden. Zu den möglichen Ausnahmen hierzu (vgl BSG Beschluss vom 11.12.2019 - B 13 R 164/18 B - juris RdNr 9) verhält sich die Beschwerdebegründung im Hinblick auf das bereits in der ersten Instanz auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholte Gutachten vom 3.3.2020 ebenso wenig wie dazu, in welcher Weise das Fragerecht hier noch hätte wahrgenommen werden können.

c) Soweit die Klägerin geltend macht, das LSG habe ihrem Antrag auf Anhörung des Facharztes für Nervenheilkunde und Psychiatrie/Psychotherapie K unter Bezugnahme auf neuere Befunde von N und eine sich daraus ergebende Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes nicht entsprochen, vermag ein auf § 109 SGG gestützter Verfahrensmangel eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu begründen 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG ).

d) Die Klägerin rügt weiter sinngemäß, es sei ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil ihr persönliches Erscheinen zum Termin am 7.1.2021 nicht angeordnet worden sei. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens steht im Ermessen des Vorsitzenden (vgl Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 13. Aufl 2020, § 110 RdNr mwN). Weder Art 103 Abs 1 GG noch § 62 SGG verlangen, dass das Gericht stets dafür zu sorgen hat, dass jeder Beteiligte auch persönlich vor Gericht auftreten kann (vgl Bockholdt, NZS 2021, 281 , 282 mwN). Aus welchen Gründen hier ausnahmsweise etwas anderes gelten soll, legt die Klägerin nicht dar. Dass sie dem Gericht bereits vorliegende Befunde weiter hätte erläutern können, reicht hierfür nicht aus.

e) Die Klägerin hat nicht ausreichend substantiiert dargelegt, dass ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt wurde, indem das LSG den Antrag auf Terminverlegung abgelehnt hat.

Der verfassungsrechtlich garantierte Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG , § 62 SGG ) gebietet, den an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt sowie zu den maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkten vor Erlass der Entscheidung zu äußern. Wird aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, müssen die Beteiligten die Möglichkeit erhalten, ihren Standpunkt in der mündlichen Verhandlung darzulegen. Liegt ein erheblicher Grund für eine Terminverlegung iS des § 227 Abs 1 Satz 1 ZPO iVm § 202 SGG vor und wird diese ordnungsgemäß beantragt, begründet dies auch unter Beachtung des allgemeinen Prozessgrundrechts auf ein faires Verfahren grundsätzlich eine Pflicht des Gerichts zur Terminverlegung (vgl BSG Urteil vom 10.8.1995 - 11 RAr 51/95 - SozR 3-1750 § 227 Nr 1 S 2; BSG Urteil vom 12.2.2003 - B 9 SB 5/02 R - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 7.7.2011 - B 14 AS 35/11 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 12.5.2017 - B 8 SO 69/16 B - juris RdNr 7 und aus jüngerer Zeit Senatsbeschluss vom 16.7.2019 - B 5 R 131/18 B - juris RdNr 5 mwN). Die Verhinderung eines Rechtsanwalts wegen eines anderen Termins oder wegen einer Urlaubsabwesenheit kann ein erheblicher Grund sein, der die Verlegung eines Termins erfordert (vgl Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, aaO, § 110 RdNr 5 mwN). Auch eine Verpflichtung zur Absonderung in häuslicher Quarantäne aufgrund der Covid 19-Pandemie kann ein solcher Grund sein. Das gilt jedenfalls dann, wenn ein Kläger nicht zumutbar auf eine anderweitige Vertretung verwiesen werden kann. Dass ein solcher Fall vorlag, hat die Klägerin nicht hinreichend dargetan.

Soweit die Klägerin als Grund für eine Terminverlegung vorträgt, ihr Prozessbevollmächtigter habe bereits zuvor eine Ladung des Amtsgerichts M erhalten, geht aus der Beschwerdebegründung schon nicht hervor, wann diese zugegangen ist. Vorgetragen wird lediglich, die Ladung "datiere" vom 16.12.2020. Jedenfalls hat das Amtsgericht den Termin - wie die Klägerin selbst vorträgt - aufgehoben, so dass am 7.1.2021 keine Terminkollision mehr bestand.

Hinsichtlich des Vorbringens, dem Antrag auf Terminverlegung hätte stattgegeben werden müssen, weil der Prozessbevollmächtigte sich nach einem Aufenthalt in Tschechien bis zum 30.12.2020 in Quarantäne befunden und überdies eine "15 km-Regel" zu beachten gehabt habe, fehlt es bereits an jeder substantiierten Auseinandersetzung mit den Ausführungen im angefochtenen Urteil hierzu. Aus welchen rechtlichen Gründen es dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht möglich gewesen sein soll, am 7.1.2021 unter Einhaltung der vom LSG erörterten gesetzlichen Bestimmungen sowie gegebenenfalls der Verordnung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Sachsen-Anhalt (SARS-CoV-2QuaV) vom 9.4.2020 (in der vom 19.12.2020 bis 8.1.2021 geltenden Fassung) vor dem LSG zu erscheinen, erläutert die Klägerin nicht. Besonderer Erläuterungsbedarf ergibt sich nicht zuletzt deshalb, weil sich der Prozessbevollmächtigte nach der Beschwerdebegründung "wegen des negativen Coronatests" am 4.1.2021 zu seinem Hausarzt begeben hat. Das LSG hat sich nicht, wie die Klägerin meint, bei der Beurteilung seiner Verhinderung medizinische Kenntnisse angemaßt, sondern sich ausschließlich auf rechtliche Gesichtspunkte gestützt. Inwiefern eine von der Klägerin vorgelegte Mitteilung des Carl-von-Basedow-Klinikums auf Facebook die Darlegungen des LSG widerlegt, erschließt sich dem Senat nicht.

Der weitere Vortrag der Klägerin, mit dem sie sich gegen die Verwertung der aus ihrer Sicht mit Verfahrensfehlern behafteten Gutachten wendet und bemängelt, dass der Termin trotz der vorliegenden Befundberichte nicht verlegt worden sei, verhält sich allenfalls zu anderen Verfahrensmängeln (s dazu bereits die Ausführungen unter a) und c)) und ist nicht geeignet, eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu begründen.

f) Einen Verfahrensfehler iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG hat die Klägerin auch nicht hinreichend bezeichnet mit ihrem Vorbringen, die Vorsitzende Richterin habe nicht selbst an der Entscheidung über den gegen sie gerichteten Befangenheitsantrag mitwirken dürfen. Ein solcher Mangel in der Besetzung des Gerichts 202 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO ) lässt sich ihrer Beschwerdebegründung nicht entnehmen (zu den Anforderungen vgl BSG Beschluss vom 27.6.2019 - B 5 R 1/19 B juris RdNr 5 ff).

Art 101 Abs 1 Satz 2 GG lässt in dem Fall eines gänzlich untauglichen oder rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuchs eine Entscheidung des abgelehnten Richters selbst über das Gesuch zu (vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 11.3.2013 - 1 BvR 2853/11 - juris RdNr 30 mwN; BSG Beschluss vom 17.12.2020 - B 10 ÜG 4/20 B - SozR (vorgesehen), juris RdNr 20; BSG Beschluss vom 27.10.2009 - B 1 KR 51/09 B - SozR 4-1500 § 60 Nr 6 RdNr 7). Rechtsmissbräuchlich ist die Verfolgung verfahrensfremder, vom Sinn und Zweck des Ablehnungsrechts offensichtlich nicht erfasster Ziele. Durch das Institut der Richterablehnung soll ausschließlich eine unparteiische Rechtspflege gesichert, nicht aber die Möglichkeit der Überprüfung einzelner Verfahrensfehler eröffnet werden (vgl BSG Beschluss vom 7.12.2017 - B 5 R 208/17 B - juris RdNr 13). Die Klägerin trägt vor, die Vorsitzende Richterin habe mit Beschluss vom 5.1.2021 eine Terminverlegung "willkürlich" abgelehnt, und wiederholt ihre früheren Ausführungen zu einer Terminkollision und zur pandemischen Lage in Sachsen-Anhalt zum Jahreswechsel 2020/2021. Damit legt sie weder hinreichend eine "Willkür" dar noch zeigt sie auf, dass das Ablehnungsgesuch einem anderen Zweck als demjenigen diente, die abgelehnte Terminverlegung zu erzwingen. Entgegen der Auffassung der Klägerin lag ein Fall des § 41 Nr 6 ZPO nicht vor, weil die Vorsitzende nicht bereits an der Entscheidung in der Vorinstanz mitgewirkt hat.

g) Soweit die Klägerin schließlich grobe Verfahrensverstöße bei der Zustellung des angefochtenen Urteils rügt, weil die Übersendung in einem offenen Kuvert erfolgt sei, ist nicht ersichtlich, unter welchem Gesichtspunkt dies die Nichtzulassungsbeschwerde zu begründen vermag.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Sachsen-Anhalt, vom 07.01.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 3 R 255/20
Vorinstanz: SG Halle, vom 31.08.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 3 R 585/18