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BSG - Entscheidung vom 31.03.2021

B 8 SO 31/20 BH

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3

BSG, Beschluss vom 31.03.2021 - Aktenzeichen B 8 SO 31/20 BH

DRsp Nr. 2021/7642

Parallelentscheidung zu BSG B 8 SO 32/20 BH v. 31.03.2021

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Juni 2020 (L 20 SO 499/18) Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ;

Gründe

I

Der Kläger macht die Untätigkeit der beklagten Widerspruchsbehörde geltend.

Der Kläger bezieht eine Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Rheinland. Er lebt in einer Gemeinschaftsunterkunft und erhält seit März 2016 laufend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ( SGB XII ); ua bewilligte der Träger der Sozialhilfe solche Leistungen für die Zeit vom 1.1.2018 bis zum 31.12.2018 (Bescheid der Stadt Stolberg vom 12.12.2017; Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheid der Städteregion Aachen vom 6.3.2018). Die von der Städteregion ausgesprochene Teilabhilfe hat der Sozialhilfeträger umgesetzt und um 6,67 Euro monatlich höhere Leistungen gewährt (Bescheid vom 26.3.2018; Widerspruchsbescheid der Städteregion Aachen vom 29.5.2018). Mit seiner "6. Untätigkeitsklage 2018" hat der Kläger beim Sozialgericht ( SG ) Aachen geltend gemacht, auf seinen Vortrag in seiner Beschwerde gegen den Bescheid vom 12.12.2017 (wegen ungerecht verteilter Betriebskosten) sei bislang kein Widerspruchsbescheid ergangen. Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 10.7.2018). Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die Berufung als unzulässig verworfen (Urteil vom 29.6.2020). Zur Begründung hat es ausgeführt, auch wegen einer Untätigkeitsklage bestimme sich der Wert des Beschwerdegegenstands nach dem letztlich erstrebten geldwerten Vorteil. Soweit der Kläger geltend mache, dass der Träger der Gemeinschaftsunterkunft ungerechtfertigt hohe Zahlungen für Betriebskosten verlange, sei er aber nicht beschwert, weil die Beklagte auf seinen Antrag die Nebenkosten in voller Höhe (67,83 Euro monatlich) direkt an den Träger der Gemeinschaftsunterkunft zahle. Die Berufung sei unzulässig, auch wenn das SG den Gerichtsbescheid mit einer fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung versehen habe.

Der Kläger beantragt beim Bundessozialgericht ( BSG ) die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und die Beiordnung eines Rechtsanwalts.

II

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG> iVm § 114 Zivilprozessordnung <ZPO>); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten 73 Abs 4 SGG ) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Dem Rechtsstreit kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu 160 Abs 2 Nr 1 SGG ). Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Es ist nicht erkennbar, dass sich vorliegend Fragen grundsätzlicher Bedeutung zur Statthaftigkeit einer Berufung stellen. Anhaltspunkte dafür, dass eine Divergenzrüge 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen ebenso wenig.

Es ist auch nicht erkennbar, dass ein zugelassener Rechtsanwalt mit Erfolg einen Verfahrensmangel 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) geltend machen könnte. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass das LSG in der Besetzung mit der vom Kläger zu Beginn der mündlichen Verhandlung wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnten Richterin das gestellte Ablehnungsgesuch als offensichtlich rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen und sodann in der Sache verhandelt und entschieden hat. Diese Vorgehensweise war zulässig; denn das vom Kläger angebrachte Gesuch, mit dem er sich auf die Behauptung der Voreingenommenheit der Richterin wegen einer Parteizugehörigkeit beschränkt hat, war rechtsmissbräuchlich. Es handelte sich um eine pauschale Ablehnung der Richterin auf Grundlage von Behauptungen ohne jeden sachlichen Kern. Damit konnte in der Besetzung mit der abgelehnten Richterin entschieden werden (vgl BVerfGE 131, 239 , 252 f; BVerfGK 5, 269, 280 f).

Es ist auch nicht erkennbar, dass das LSG unzutreffend ein Prozessurteil erlassen hat. Zum einen war die Berufung aus den von ihm dargestellten Gründen unzulässig, weil nicht statthaft. Zum anderen konnte der Kläger ein Urteil in der Sache schon deshalb nicht erreichen, weil bereits die Klage unzulässig war. Über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 12.12.2017 hat die beklagte Widerspruchsbehörde entschieden. Mit der Untätigkeitsklage kann der Kläger nicht durchsetzen, dass bestimmte von ihm angesprochenen Punkte im Widerspruchsbescheid Erwähnung finden. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit seinem Vorbringen ist nicht Gegenstand der Untätigkeitsklage.

Mit der Ablehnung der PKH entfällt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO ).

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 29.06.2020 - Vorinstanzaktenzeichen L 20 SO 499/18
Vorinstanz: SG Aachen, vom 10.07.2018 - Vorinstanzaktenzeichen S 19 SO 106/18