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BSG - Entscheidung vom 31.03.2021

B 8 SO 28/20 BH

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3

BSG, Beschluss vom 31.03.2021 - Aktenzeichen B 8 SO 28/20 BH

DRsp Nr. 2021/7639

Parallelentscheidung zu BSG B 8 SO 32/20 BH v. 31.03.2021

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Juni 2020 (L 20 SO 436/18) Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ;

Gründe

I

Im Streit ist die Höhe von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ( SGB XII ).

Der Kläger bezieht eine Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Rheinland und erhält von der Beklagten seit März 2016 laufend Grundsicherungsleistungen; ua bewilligte die Beklagte solche Leistungen für die Zeit vom 1.1.2017 bis zum 31.12.2017 (Bescheid vom 6.12.2016; Widerspruchsbescheid der Städteregion Aachen vom 7.3.2017). Im Ergebnis eines Rechtsstreits wegen der Höhe dieser Leistungen (Urteil des Sozialgerichts <SG> Aachen vom 27.10.2017) bewilligte die Beklagte für die Zeit weitere Leistungen in Höhe von 6,67 Euro monatlich (Bescheid vom 5.2.2018). Wegen der Rentenanpassung zum 1.7.2017, die zu einer Erhöhung der am Ende des Monats Juli 2017 ausgezahlten Altersrente führte, änderte die Beklagte bereits zuvor die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen vom 6.12.2016 für die Zeit ab dem 1.7.2017 und bewilligte für die Zeit vom 1.7.2017 bis zum 31.12.2017 um den Erhöhungsbetrag der Rente niedrigere Grundsicherungsleistungen (Bescheid vom 5.10.2017; Widerspruchsbescheid der Städteregion Aachen vom 16.1.2018). Das SG hat die im Einzelnen nicht begründete Klage abgewiesen (Urteil vom 26.4.2018). Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die Berufung als unzulässig verworfen (Urteil vom 29.6.2020). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe sich im Verwaltungsverfahren gegen den angefochtenen Bescheid wegen der Berücksichtigung der Rentenanpassung in Höhe von 1,47 Euro als Einkommen bereits im Juli 2017 und gegen die Höhe der Stromkostenpauschale sowie die Unterkunftskosten gewandt. Da die Beklagte mit Bescheid vom 18.2.2018 die höhere Stromkostenpauschale nachgezahlt habe und im Übrigen sämtliche Unterkunftskosten übernommen habe, sei der Kläger insoweit wirtschaftlich nicht beschwert. Der Wert des Beschwerdegegenstands betrage damit lediglich 1,47 Euro. Die Berufung sei unzulässig, auch wenn das SG das Urteil mit einer fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung versehen habe.

Der Kläger beantragt beim Bundessozialgericht ( BSG ) die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und die Beiordnung eines Rechtsanwalts.

II

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG> iVm § 114 Zivilprozessordnung <ZPO>); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten 73 Abs 4 SGG ) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu 160 Abs 2 Nr 1 SGG ). Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Es ist nicht erkennbar, dass sich vorliegend Fragen grundsätzlicher Bedeutung zur Statthaftigkeit einer Berufung stellen. Anhaltspunkte dafür, dass eine Divergenzrüge 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen nach dem Vorstehenden ebenso wenig.

Es ist auch nicht erkennbar, dass ein zugelassener Rechtsanwalt mit Erfolg einen Verfahrensmangel 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) geltend machen könnte. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass das LSG in der Besetzung mit der vom Kläger zu Beginn der mündlichen Verhandlung wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnten Richterin das gestellte Ablehnungsgesuch als offensichtlich rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen und sodann in der Sache verhandelt und entschieden hat. Diese Vorgehensweise war zulässig; denn das vom Kläger angebrachte Gesuch, mit dem er sich auf die Behauptung der Voreingenommenheit der Richterin wegen einer Parteizugehörigkeit beschränkt hat, war rechtsmissbräuchlich. Es handelte sich um eine pauschale Ablehnung der Richterin auf Grundlage von Behauptungen ohne jeden sachlichen Kern. Damit konnte in der Besetzung mit der abgelehnten Richterin entschieden werden (vgl BVerfGE 131, 239 , 252 f; BVerfGK 5, 269, 280 f).

Es ist auch nicht erkennbar, dass das LSG unzutreffend ein Prozessurteil erlassen hat, statt über den Grundsicherungsanspruch des Klägers in der Sache zu entscheiden. Ob die Berufung aus den von ihm dargestellten Gründen unzulässig, weil nicht statthaft war, kann offenbleiben; denn der Kläger konnte ein Urteil in der Sache schon deshalb nicht erreichen, weil bereits die Klage unzulässig war. Der Bescheid vom 5.10.2017, der die Höhe von Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1.7.2017 bis zum 31.12.2017 regelt, hat den Bescheid vom 6.12.2016 (ausdrücklich) geändert; er ist nach § 96 Satz 1 SGG Gegenstand des zum Zeitpunkt seines Erlasses noch anhängigen Klageverfahrens gegen den Bescheid vom 6.12.2016 geworden. Einem Anspruch auf höhere Leistungen als mit dem Urteil vom 27.10.2017 zugestanden, steht damit für diesen Zeitraum die Rechtskraft dieses Urteils entgegen (vgl § 77 SGG ).

Mit der Ablehnung der PKH entfällt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO ).

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 29.06.2020 - Vorinstanzaktenzeichen L 20 SO 436/18
Vorinstanz: SG Aachen, vom 26.04.2018 - Vorinstanzaktenzeichen S 19 SO 13/18