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BSG - Entscheidung vom 30.08.2021

B 14 AS 15/21 BH

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
SGG § 62

BSG, Beschluss vom 30.08.2021 - Aktenzeichen B 14 AS 15/21 BH

DRsp Nr. 2021/15622

Parallelentscheidung zu BSG B 14 AS 16/21 BH v. 30.08.2021

Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Hamburg vom 10. September 2020 - L 4 AS 223/20 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; SGG § 62 ;

Gründe

Die Klägerin hat mit am 14.10.2020 beim BSG ua zum Verfahren B 14 AS 69/20 BH eingegangenen Schreiben wegen einer beabsichtigten Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG die Bewilligung von PKH beantragt.

Dem PKH-Antrag ist nicht stattzugeben. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter 73 Abs 4 SGG ) in der Lage wäre, die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in der Entscheidung des LSG erfolgreich zu begründen.

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder nach dem Vorbringen der Klägerin noch nach summarischer Prüfung des Streitstoffs aufgrund des Inhalts der beigezogenen Verfahrensakten ersichtlich.

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) ist nicht gegeben. Sie ist nur dann anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Es ist nicht erkennbar, dass sich wegen der Entscheidung der Vorinstanz, auf den Antrag der Klägerin vom 7.7.2020 den Beschluss vom 16.6.2020 zum Verfahren L 4 AS 276/18 WA, mit dem Wiederaufnahmeklagen der Klägerin ua zum Aktenzeichen L 4 AS 129/18 WA (vorgehende Verfahren beim LSG: L 4 AS 215/15 WA und L 4 AS 440/11) als unzulässig verworfen worden sind, nicht zu ergänzen, weil sich die Klägerin in der Sache nicht gegen einen übergangenen Anspruch, sondern gegen die Begründung seines Beschlusses vom 16.6.2020 wende, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen. Die ergänzende Entscheidung im sozialgerichtlichen Verfahren ist gesetzlich geregelt 140 SGG ) und setzt voraus, dass eine gerichtliche Entscheidung einen von einem Beteiligten erhobenen Anspruch oder den Kostenpunkt ganz oder teilweise übergangen hat. Es ist nicht ersichtlich, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter mit der von der Klägerin in diesem Zusammenhang sinngemäß aufgeworfenen Frage, ob der Anspruch auf Wiederaufnahme im Wege der Nichtigkeitsklage (vgl § 579 ZPO ) und auf Wiederaufnahme im Wege der Restitutionsklage (vgl § 580 ZPO ) verschiedene Ansprüche iS von § 140 Abs 1 Satz 1 SGG sind, die Klärungsfähigkeit einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung darlegen könnte. Denn das LSG hat in seinem Beschluss in der Sache L 4 AS 276/18 WA zu beiden Wiederaufnahmevorschriften ausgeführt.

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Entscheidung des LSG über die Ablehnung der Ergänzung seiner Entscheidung vom 16.6.2020 zum Aktenzeichen L 4 AS 276/18 WA von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht 160 Abs 2 Nr 2 SGG ).

Schließlich ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin einen Verfahrensmangel geltend machen könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ). Soweit die Klägerin geltend macht, das LSG habe den Beschluss vom 16.6.2020 zum Verfahren L 4 AS 276/18 WA ergänzen müssen, weil der von ihr erkannte Zusammenhang zwischen Restitution und Nichtigkeit nicht gewürdigt und beschieden worden sei, geht es ihr um die Verletzung rechtlichen Gehörs 62 SGG ). Es spricht nichts dafür, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter eine solche Rechtsverletzung erfolgreich rügen könnte. Das Gebot der Wahrung des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht regelmäßig nur dazu, die Ausführungen von Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Es ist erst verletzt, wenn sich klar ergibt, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung gar nicht erwogen worden ist. Hingegen verpflichtet das Recht auf rechtliches Gehör nicht dazu, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (vgl BSG vom 16.4.2020 - B 3 KR 51/19 B - RdNr mwN; vgl zu Art 103 Abs 1 GG ua BVerfG vom 31.3.2020 - 1 BvR 2392/19 - RdNr 17 mwN), was die Klägerin im Ergebnis erreichen will.

Im Übrigen steht die Entscheidung des LSG durch Beschluss im Einklang mit den Vorgaben des § 153 Abs 4 SGG (vgl BSG vom 9.10.2014 - B 13 R 157/14 B). Insbesondere hat das LSG die Klägerin nochmals (vgl Wolff-Dellen in Fichte/Jüttner, SGG , 3. Aufl 2020, § 140 RdNr 18) zur Entscheidung durch Beschluss über den Antrag auf Ergänzung seiner ebenfalls durch Beschluss ergangenen Entscheidung vom 16.6.2020 im Verfahren L 4 AS 276/18 WA angehört.

Vorinstanz: LSG Hamburg, vom 10.09.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 4 AS 223/20