Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BSG - Entscheidung vom 14.04.2021

B 10 ÜG 2/21 BH

Normen:
SGG § 160a Abs. 1 S. 2
SGG § 64 Abs. 2

BSG, Beschluss vom 14.04.2021 - Aktenzeichen B 10 ÜG 2/21 BH

DRsp Nr. 2021/8435

Parallelentscheidung zu BSG B 10 ÜG 3/21 BH v. 14.04.2021

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. Juni 2019 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Normenkette:

SGG § 160a Abs. 1 S. 2; SGG § 64 Abs. 2 ;

Gründe

I

Das LSG hat mit Urteil vom 6.6.2019 eine Entschädigungsklage des Klägers abgewiesen. Das Urteil ist der damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers (Rechtsanwältin O aus M) am 8.7.2019 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 8.2.2021, beim BSG am selben Tag per Telefax eingegangen, hat der Kläger zur Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt und ua angegeben, dass die Entscheidung des LSG bislang nicht an ihn zugestellt worden sei.

II

Der Antrag des Klägers auf PKH ist abzulehnen.

Voraussetzung für die Bewilligung von PKH ist nach der Rechtsprechung des BSG und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes, dass sowohl der (grundsätzlich formlose) Antrag auf PKH als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Erklärung) in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form 73a Abs 1 Satz 1 SGG , § 117 Abs 2 und 4 ZPO ), dh auf dem durch die Prozesskostenhilfeformularverordnung vom 6.1.2014 (BGBl I 34) eingeführten Formular, bis zum Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht werden (Senatsbeschluss vom 6.11.2017 - B 10 EG 2/17 BH - juris RdNr 2; BSG Beschluss vom 11.1.2018 - B 9 SB 87/17 B - juris RdNr 3, jeweils mwN).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Beschwerdefrist nach Zustellung des Urteils an die Prozessbevollmächtigte am 8.7.2019 endete bereits am 8.8.2019 160a Abs 1 Satz 2, § 64 Abs 2 SGG ). Bei der Zustellung eines Urteils an einen inländischen Bevollmächtigen handelt es sich um eine Zustellung im Inland (vgl LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 12.1.2018 - L 14 R 185/17 - juris RdNr 51; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 13. Aufl 2020, § 87 RdNr 3 mwN), auch wenn der Kläger seinen Wohnsitz im Ausland hat; insofern galt hier nicht die Beschwerdeeinlegungsfrist entsprechend § 87 Abs 1 Satz 2 SGG von drei Monaten. Innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist hat der Kläger weder den Antrag auf Bewilligung von PKH gestellt noch die erforderliche Erklärung vorgelegt. Der Antrag und die Erklärung sind erst am 8.2.2021 und damit deutlich nach Fristablauf beim BSG eingegangen.

Mit der Ablehnung von PKH entfällt zugleich auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO ).

Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG ist abzulehnen. Es ist schon nicht erkennbar, dass er nach § 67 Abs 1 SGG ohne Verschulden verhindert war, die vorgenannte Frist einzuhalten. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Zustellung des Urteils ordnungsgemäß an seine damalige Prozessbevollmächtigte am 8.7.2019 per Empfangsbekenntnis (EB) erfolgt. Nach § 73 Abs 6 Satz 6 SGG sind gerichtliche Zustellungen an den Bevollmächtigten zu richten, sofern ein Bevollmächtigter bestellt ist. Mit Beschluss vom 22.5.2019 hat das LSG dem Kläger für das Verfahren vor dem LSG Rechtsanwältin O aus M beigeordnet. Zugleich hat der Kläger am 22.5.2019 eine von ihm unterschriebene Prozessvollmacht für Rechtsanwältin O zu den Gerichtsakten gereicht, ausweislich derer er sie ua bevollmächtigt hat, "Zustellungen zu bewirken und entgegenzunehmen". Das LSG-Urteil ist demnach per EB rechtswirksam am 8.7.2019 an Rechtsanwältin O zugestellt worden 63 Abs 2 SGG iVm § 174 Abs 1 ZPO , § 73 Abs 6 Satz 7 SGG iVm § 81 ZPO ). Eine Beschränkung der Vollmacht iS des § 73 Abs 6 Satz 7 SGG iVm § 83 ZPO auf die "Hauptverhandlung", wie sie der Kläger vorträgt, ist nicht erfolgt. Zudem hat das LSG bereits mit Schreiben vom 8.7.2019 auf Anfrage des Klägers vom 15.6.2019 mitgeteilt, dass Zustellungen des Gerichts an den Prozessbevollmächtigen zu richten sind. Ausweislich dieses aktenkundigen Schreibens hat es "informationshalber" die "angeforderten Schriftstücke" (Beiordnungsbeschlüsse, Sitzungsniederschriften und Urteile) beigefügt. Auf seine weitere Anfrage vom 7.1.2020 hat das LSG den Kläger ausweislich der Gerichtsakten mit Schreiben vom 16.1.2020 darauf hingewiesen, dass das Urteil seiner Prozessbevollmächtigen zugestellt worden ist und ihn gebeten, sich an diese zu wenden. Im Übrigen ist gemäß § 67 Abs 3 SGG ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist unzulässig. Dass der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war, ist nicht ersichtlich.

Vorinstanz: LSG Bayern, vom 06.06.2019 - Vorinstanzaktenzeichen L 8 SF 340/17