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BSG - Entscheidung vom 17.08.2021

B 4 AS 184/21 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1
SGB II § 21 Abs. 6

BSG, Beschluss vom 17.08.2021 - Aktenzeichen B 4 AS 184/21 B

DRsp Nr. 2021/15614

Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II unter Berücksichtigung der Mehrkosten für eine biodynamische Ernährung Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. April 2021 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ; SGB II § 21 Abs. 6 ;

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin den von ihr allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht in der gebotenen Weise dargelegt hat 160a Abs 2 Satz 3 SGG ). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 SGG ).

Grundsätzliche Bedeutung 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin begehrt in der Sache höhere Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II unter Berücksichtigung der Mehrkosten für eine "biodynamische Ernährung". Sie formuliert insgesamt vier Fragen, die sich im Kern alle darauf beziehen, ob besondere Aufwendungen wegen einer "biodynamischen Ernährung" verfassungsrechtlich oder einfachgesetzlich als Bedarf zu berücksichtigen sind und (weitere) Ansprüche begründen können.

Der Senat lässt offen, ob es sich bei diesen Fragen überhaupt um abstrakt beantwortbare Rechtsfragen handelt. Dies erscheint zweifelhaft, weil mit "biodynamischer Ernährung" kein Rechtsbegriff beschrieben sein dürfte. Die Beantwortung der Fragen hinge deshalb insbesondere von der Würdigung des Begriffs "biodynamischer Ernährung" in tatsächlicher Hinsicht ab. Die möglicherweise unzutreffende rechtliche Bewertung tatsächlicher Umstände des Einzelfalls (Subsumtion) könnte indessen von vornherein nicht zur Zulassung der Revision führen.

Jedenfalls ist die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen nicht in der gebotenen Weise dargelegt. Hierzu hätte es einer genaueren Auseinandersetzung mit der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung zur Regelbedarfsbemessung (vgl BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12; BVerfG vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12 ua - BVerfGE 137, 34 = SozR 4-4200 § 20 Nr 20) sowie mit der Rechtsprechung des BSG zum Mehrbedarf bei kostenaufwändiger Ernährung (vgl etwa BSG vom 20.2.2014 - B 14 AS 65/12 R - SozR 4-4200 § 21 Nr , auch zur Vollkosternährung) und zum Mehrbedarf nach § 21 Abs 6 SGB II , auf die sich die zahlreichen von der Klägerin zitierten, aber nicht gewürdigten Entscheidungen beziehen, bedurft. Es reicht nicht aus, insoweit lediglich vorzutragen, die Rechtsprechung habe sich bisher unmittelbar noch nicht mit Kosten für "biodynamisch" hergestellte Lebensmittel bzw Ernährung befasst, ohne sich damit auseinanderzusetzen, ob und ggf warum die formulierten Fragen sich nicht anhand der vorliegenden Rechtsprechung beantworten lassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 26.04.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 2 AS 3260/20
Vorinstanz: SG Konstanz, vom 16.09.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 1 AS 2095/19