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BSG - Entscheidung vom 19.10.2021

B 4 AS 244/21 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 19.10.2021 - Aktenzeichen B 4 AS 244/21 B

DRsp Nr. 2021/17220

Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit einer abstrakten Rechtsfrage

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 27. April 2021 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin den von ihr allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) nicht in der gebotenen Weise dargelegt hat 160a Abs 2 Satz 3 SGG ). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG , § 169 SGG ).

Grundsätzliche Bedeutung 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin wendet sich, soweit das trotz der fehlenden Darstellung des Streitgegenstands nachvollziehbar ist, gegen Erstattungsansprüche des Beklagten. Für grundsätzlich bedeutsam hält sie zum einen die Frage, "ob die Regelung des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X direkt oder analog auch auf die hier interessierende Fallgestaltung anwendbar ist, oder ob dies jedenfalls dann gilt, wenn der Leistungsempfänger die relevanten Tatsachen selbst aktiv mitgeteilt hat". Zum anderen habe "die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, weil im Falle der Unanwendbarkeit der Regelung des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X dann zu entscheiden wäre, ob vor Ablauf der allgemeinen Verjährung Verwirkung eintreten kann und welche Umstände für einen solchen Verwirkungseintritt vorliegen müssen".

Es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei diesen Fragen überhaupt um abstrakt-generelle, aus sich heraus verständliche Rechtsfragen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts mit höherrangigem Recht handelt. Denn mit der Bezugnahme auf die "hier interessierende Fallgestaltung" (die die Beschwerde im Einzelnen schon gar nicht aufzeigt) bzw auf "Umstände für einen … Verwirkungseintritt" wird letztlich nur auf die Rechtsanwendung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des konkreten Falls abgestellt. Eine möglicherweise unzutreffende rechtliche Bewertung tatsächlicher Umstände des Einzelfalls (Subsumtion) könnte aber von vornherein nicht zur Zulassung der Revision führen.

Jedenfalls ist aber die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen nicht in der gebotenen Weise dargelegt. Die Beschwerdebegründung setzt sich weder mit Rechtsprechung oder Schrifttum zu Inhalt und Anwendbarkeit des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X im Allgemeinen bzw im Regelungszusammenhang des SGB II im Besonderen auseinander. Noch befasst sie sich mit Rechtsprechung oder Literatur zum Rechtsbegriff der Verwirkung. Es reicht nicht aus, der - ansatzweise wiedergegebenen - Rechtsaufassung des LSG allein die eigene abweichende Rechtsmeinung gegenüberzustellen.

Hinzu kommt, dass sich aufgrund der Beschwerdebegründung mangels der ausreichenden Darstellung des Sach- und Streitstands auch die Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Fragen für den Rechtsstreit kaum nachvollziehen lässt. Ausführungen zur Breitenwirkung fehlen im Übrigen vollständig.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Mecklenburg-Vorpommern, vom 27.04.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 10 AS 112/18
Vorinstanz: SG Schwerin, vom 03.03.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 13 AS 406/15