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BSG - Entscheidung vom 24.03.2021

B 14 AS 307/20 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 24.03.2021 - Aktenzeichen B 14 AS 307/20 B

DRsp Nr. 2021/8604

Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Formulierung einer klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechtsfrage

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 4. Juni 2020 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) nicht in der gebotenen Weise dargelegt worden ist. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Die Klägerin formuliert zwar die Frage, ob Kosten, die von einer gesetzlichen Krankenkasse freiwillig, aber nicht in voller Höhe übernommen werden, durch einen Sozialleistungsträger zu übernehmen sind. Dabei handelt es sich jedoch schon nicht um eine konkrete Rechtsfrage, deren Entscheidung durch den Senat angestrebt wird. Vielmehr würde die Beantwortung der von ihr formulierten Frage eine kommentar- oder lehrbuchmäßige Aufarbeitung einer abstrakten Fragestellung verlangen, was aber nicht zur Aufgabe des Senats gehört (vgl nur BSG vom 16.4.2018 - B 8 SO 2/18 B). Zudem wird ein Klärungsbedarf der aufgeworfenen Frage nicht hinreichend aufgezeigt. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als bereits höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § Nr 8, S 17). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu dem angesprochenen Fragenbereich noch keine Entscheidung vorliege oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet sei.

Die Klägerin behauptet insoweit zwar, das vom LSG zitierte Urteil des BSG vom 26.5.2011 (B 14 AS 146/10 R - BSGE 108, 235 = SozR 4-4200 § 20 Nr 13, RdNr 23 f) zur Übernahme der Kosten für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel wegen chronischer Erkrankung "sei nicht einschlägig", weil es im vorliegenden Verfahren um Kosten für osteopathische Behandlungen gehe, die den von der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig übernommenen Betrag übersteigen würden, während in dem genannten Urteil über Kosten entschieden worden sei, die über eine notwendige Versorgung hinaus gingen. Aus welchen rechtlichen Gesichtspunkten von der gesetzlichen Krankenkasse freiwillig (dh über den verpflichtenden Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus) übernommene Behandlungskosten nicht zugleich auch solche sind, die über die für alle Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich kostenfrei gewährleistete notwendige Versorgung hinausgehen, die von ihr gestellte Frage also nicht bereits durch die Rechtsprechung des BSG geklärt ist, trägt die Klägerin jedoch nicht vor. Soweit sie die Übernahme der überschießenden Behandlungskosten wegen des in Art 2 Abs 2 GG gewährleisteten Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit für geboten erachtet, macht sie im Kern die inhaltliche Unrichtigkeit der Entscheidung des LSG geltend, die jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen kann. Soweit die Beschwerdebegründung im Übrigen dahin zu verstehen ist, dass die Entscheidung des LSG inhaltlich falsch sein soll, vermag dies die Revisionsinstanz nicht zu eröffnen. Denn Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht, ob das Berufungsgericht in der Sache richtig entschieden hat ( BSG vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § Nr 7).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183 , 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Thüringen, vom 04.06.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 9 AS 17/18
Vorinstanz: SG Nordhausen, vom 13.11.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 31 AS 865/15