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BSG - Entscheidung vom 13.01.2021

B 13 R 54/20 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 13.01.2021 - Aktenzeichen B 13 R 54/20 B

DRsp Nr. 2021/3023

Anspruch auf höheres Übergangsgeld für die Dauer der Teilnahme an einem Rehabilitationsvorbereitungslehrgang Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. Januar 2020 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

I

Mit Urteil vom 29.1.2020 hat das LSG Niedersachsen-Bremen einen Anspruch des Klägers auf ein höheres Übergangsgeld für die Dauer der Teilnahme an einem Reha-Vorbereitungslehrgang sowie einer Weiterbildung zum Verwaltungsfachwirt verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich ausschließlich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache(Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ).

II

Die Beschwerde des Klägers ist als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt.

Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist. Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (stRspr; zB BSG Beschluss vom 19.10.2011 - B 13 R 241/11 B - SozR 4-4200 § 25 Nr 1 RdNr 9 mwN; vgl auch BVerfG <Kammer> Beschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7; jüngst BSG Beschluss vom 22.9.2020 - B 13 R 45/20 B - juris RdNr 5).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig,

"ob im Zusammenhang mit der Einteilung nach § 68 SGB IX weitere Kriterien als die abgeschlossene Ausbildung zu berücksichtigen sind, insbesondere die Berufserfahrung" bzw. "ob diese Anknüpfung ausschließlich an den abgeschlossenen Ausbildungsweg durch den Gesetzgeber gewollt ist und dem Gesetzeszweck entspricht, oder ob individuelle Aspekte des beruflichen Werdegangs, insb. Berufserfahrung die einer abgeschlossenen Berufsausbildung gleichzusetzen sind, weitere Berücksichtigung finden" müssen.

Es kann dahinstehen, ob der Kläger damit eine hinreichend konkrete Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer bestimmten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG ) mit höherrangigem Recht aufgeworfen und in den folgenden Ausführungen den vom Revisionsgericht erwarteten klärenden Schritt ausreichend konkret dargelegt hat, oder ob er vielmehr im Kern eine Frage zur Rechtsanwendung im Einzelfall gestellt hat. Jedenfalls hat er - die Qualität als Rechtsfrage unterstellt - die Klärungsfähigkeit dieser Frage nicht den nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG diesbezüglich geltenden Anforderungen genügend dargelegt.

Es ist bereits zweifelhaft, ob die Beschwerdebegründung vom 23.4.2020 die Anforderungen an die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit erfüllt. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als bereits höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben(vgl BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17; BSG Beschluss vom 8.2.2017 - B 13 R 294/16 B - juris RdNr 4). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu dem angesprochenen Fragenbereich noch keine Entscheidung vorliege oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet sei(Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 183 mwN). Insoweit hätte es dem Kläger oblegen, die bereits vom LSG herangezogene Rechtsprechung des BSG zu § 152 Abs 2 SGB III bzw § 132 Abs 2 SGB III aF (zB BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 11 AL 42/08 R - BSGE 105, 94 = SozR 4-4300 § 132 Nr 4; BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 49/08 R - SozR 4-4300 § 122 Nr 8; BSG Urteil vom 4.7.2012 - B 11 AL 21/11 R - SozR 4-4300 § 132 Nr 8) auf Hinweise zur Beantwortung der von ihm formulierten Frage zu untersuchen. Denn ausweislich der in der Beschwerdebegründung in Bezug genommenen, nur unvollständig zitierten Passage des angefochtenen Urteils ist § 68 SGB IX der Gesetzesbegründung zufolge dem § 152 SGB III nachgebildet. Dass die formulierte Frage auf Grundlage dieser Rechtsprechung nicht zu beantworten wäre, wird mit der Beschwerdebegründung nicht dargetan. Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass das BSG bei der Zuordnung zu Qualifikationsgruppen nach § 152 Abs 2 SGB III in erster Linie darauf abstellt, ob der Arbeitslose über den erforderlichen Berufsabschluss verfügt (stRspr; s BSG Urteil vom 4.7.2012 - B 11 AL 21/11 R - SozR 4-4300 § 132 Nr 8 RdNr 17 mwN).

Jedenfalls wird aber die Klärungsfähigkeit der formulierten Frage nicht anforderungsgerecht dargelegt. Hierzu wäre auszuführen gewesen, dass der Senat in dem angestrebten Revisionsverfahren tatsächlich über die formulierte Frage entscheiden müsste und das Urteil des LSG nicht bereits aus anderen, naheliegenden Gründen bestätigen könnte (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 13. Aufl 2020, § 160a RdNr 14k mwN). Dies liegt hier schon deshalb nahe, weil das LSG das angegriffene Urteil ausweislich der Beschwerdebegründung (dort S 3) nicht nur darauf gestützt hat, dass der Kläger über keinen förmlichen Abschluss im maßgeblichen Ausbildungsberuf verfügt. Vielmehr hat es danach auch darauf abgestellt, dass die Tätigkeit als Kraftfahrer schon im Ausgangspunkt keine "formale Qualifikation" im Sinne etwa einer Ausbildung in einem Ausbildungsberuf iS des § 68 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB IX erfordere, in die ein Arbeitnehmer hineinwachsen könne. Weiterbildungen würden einer Ausbildung nicht entsprechen.

Schließlich fehlt es in der Beschwerdebegründung an Angaben zu den im Urteil des LSG mit Bindungswirkung163 SGG ) für das BSG festgestellten Tatsachen in Bezug die vom Kläger geltend gemachte besondere Berufserfahrung. Ohne die Angabe dieser Tatsachen ist der Senat jedoch nicht in der Lage, wie erforderlich, allein aufgrund der Beschwerdebegründung die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage zu beurteilen (vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 13. Aufl 2020, § 160a RdNr 13e mwN). Insbesondere ist nicht erkennbar, ob auf Grundlage der vom LSG festgestellten Tatsachen die vom Kläger angestrebte Gleichstellung seiner Kenntnisse mit einer abgeschlossenen Ausbildung in einem Ausbildungsberuf iS der Qualifikationsgruppe 3 überhaupt in Betracht kommt oder ob dies vom LSG bereits verneint wurde, ohne dass dies im Rahmen der angestrebten Revision in Frage gestellt werden könnte.

Dass der Kläger das Berufungsurteil inhaltlich für unrichtig hält, kann nicht zur Zulassung der Revision führen(stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Niedersachsen-Bremen, vom 29.01.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 2 R 377/19
Vorinstanz: SG Stade, vom 26.08.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 9 R 230/18