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BSG - Entscheidung vom 06.10.2021

B 9 V 28/21 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2

BSG, Beschluss vom 06.10.2021 - Aktenzeichen B 9 V 28/21 B

DRsp Nr. 2021/17457

Anspruch auf Leistungen nach dem OEG nach der Ermordung der Tochter Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 2021 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2 ;

Gründe

I

In dem der Beschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über einen Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz ( OEG ) iVm dem Bundesversorgungsgesetz ( BVG ). Die Klägerin macht gesundheitliche Schädigungen durch die Ermordung ihrer Tochter geltend. Ihren Antrag auf Versorgungsleistungen lehnte die Beklagte ab. Widerspruch und Klage sind ohne Erfolg geblieben. Die Berufung der Klägerin hat das LSG durch Beschluss vom 18.5.2021 zurückgewiesen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung genügt nicht der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form. Die Klägerin hat darin keinen der in § 160 Abs 2 SGG abschließend benannten die Zulassungsgründe in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dargelegt oder bezeichnet.

1. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist. Die Beschwerdebegründung hat deshalb anhand des anwendbaren Rechts auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Schrifttum nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (stRspr; zB BSG Beschluss vom 29.1.2018 - B 9 V 39/17 B - juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 19.10.2011 - B 13 R 241/11 B - SozR 4-4200 § 25 Nr 1 RdNr 9). Hierzu enthält die Beschwerdebegründung der Klägerin keinerlei Ausführungen.

2. Auch der Zulassungsgrund der Divergenz wird nicht formgerecht bezeichnet. Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt sind. Zur ordnungsgemäßen Bezeichnung einer Divergenz sind ein oder mehrere entscheidungstragende Rechtssätze aus der Berufungsentscheidung und zu demselben Gegenstand gemachte und fortbestehende aktuelle abstrakte Aussagen aus einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG einander gegenüberzustellen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 25.10.2018 - B 9 V 27/18 B - juris RdNr 8 mwN). Zudem ist näher zu begründen, weshalb diese nicht miteinander vereinbar sind und inwiefern die Entscheidung des LSG auf der Abweichung beruht (stRspr; vgl BSG Beschluss vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 21; BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17). Vorliegend fehlt es in der Beschwerdebegründung bereits an der Bezeichnung einer Entscheidung der vorstehend genannten Gerichte und der Behauptung, dass die angefochtene Entscheidung hiervon abgewichen sei.

3. Soweit die Klägerin meint, dass das LSG seiner Amtsermittlungspflicht 103 SGG ) nicht nachgekommen sei, weil es keine weitere "Aufklärungsarbeit" durch Einholen eines ergänzenden Sachverständigengutachtens geleistet habe, erfüllt ihr Vorbringen nicht die notwendigen Darlegungsanforderungen einer Sachaufklärungsrüge (s hierzu allgemein BSG Beschluss vom 21.12.2017 - B 9 SB 70/17 B - juris RdNr 3). Auf den Verfahrensmangel einer unterlassenen Sachaufklärung kann sich die Klägerin schon deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil sie keinen vor dem LSG bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrag benannt hat, den das Berufungsgericht übergangen haben könnte (vgl § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 3 SGG ).

4. Auch ein Verfahrensmangel wegen Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG , § 62 SGG ) oder des Fehlens von Entscheidungsgründen wird von der Klägerin nicht formgerecht bezeichnet, wenn sie ihren Vortrag in Bezug auf die Stellungnahme des Bundesverbandes A eV durch die Tatsacheninstanzen und die knappen Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung "kaum gewürdigt" sieht.

Nach § 128 Abs 1 Satz 2 SGG sind in dem Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Das bedeutet, aus den Entscheidungsgründen muss ersichtlich sein, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Dafür muss das Gericht aber nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 25.3.2010 - 1 BvR 2446/09 - juris RdNr 11; BVerfG Beschluss vom 1.8.1984 - 1 BvR 1387/83 - SozR 1500 § 62 Nr 16 S 14). Zudem kann das LSG in der Entscheidung über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist 153 Abs 2 SGG ). Schließlich gebietet der Anspruch auf rechtliches Gehör nur, dass die Gerichte die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen, es verpflichtet sie aber nicht, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen, ihn also zu "erhören" (BVerfG <Kammer> Beschluss vom 8.4.2014 - 1 BvR 2933/13 - juris RdNr 12 f mwN).

5. Dass die Klägerin die Berufungsentscheidung inhaltlich für unrichtig hält, kann als solches nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 17.4.2019 - B 13 R 83/18 B - juris RdNr 5 mwN).

6. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

7. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (vgl § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 SGG ).

8. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Rheinland-Pfalz, vom 18.05.2021 - Vorinstanzaktenzeichen L 4 VG 2/21
Vorinstanz: SG Koblenz, vom 13.11.2020 - Vorinstanzaktenzeichen S 10 VG 23/19