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BSG - Entscheidung vom 20.10.2021

B 3 P 1/21 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
SGG § 118 Abs. 1 S. 1
ZPO § 403

BSG, Beschluss vom 20.10.2021 - Aktenzeichen B 3 P 1/21 B

DRsp Nr. 2022/599

Anspruch auf Leistungen nach Pflegestufe II Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin A aus B für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 8. Oktober 2020 wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; SGG § 118 Abs. 1 S. 1; ZPO § 403 ;

Gründe

I

Mit Urteil vom 8.10.2020 hat das LSG Niedersachsen-Bremen einen Anspruch des Klägers auf Leistungen nach Pflegestufe II abgelehnt.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt und mit Verfahrensfehlern begründet. Zudem hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten beantragt.

II

1. Der Antrag des Klägers auf Gewährung von PKH zur Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 8.10.2020 ist abzulehnen.

Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 114 , 121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG ua nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil die vom Kläger eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nicht erfolgreich sein kann. Der Kläger hat PKH für eine von einer beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten bereits eingelegte und bis zum Ablauf der Begründungsfrist begründete Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beantragt. Die Revision wäre daher nur zuzulassen, wenn mit dieser Beschwerde einer der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG genannten Zulassungsgründe in der gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG vorgeschriebenen Form dargelegt wäre. Solche Erfolgsaussicht besteht hier nicht, weil die Beschwerde unzulässig ist (dazu unter 2.).

Mit der Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von PKH entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO ).

2. Die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels, mit der ausschließlich Verfahrensmängel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG gerügt werden, entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels zunächst die diesen (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Den sich daraus ergebenden Anforderungen ist die Beschwerdebegründung nicht gerecht geworden.

a) Soweit - wie vorliegend - Verstöße gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht 103 SGG ) gerügt werden, muss die Beschwerdebegründung einen vom LSG nicht nachgekommenen Beweisantrag bezeichnen und die Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, wiedergeben. Darüber hinaus sind die von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, und das voraussichtliche Ergebnis der unterbliebenen Beweisaufnahme darzulegen. Schließlich ist zu schildern, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (vgl zB Senatsbeschluss vom 11.11.2020 - B 3 KR 33/20 B - juris RdNr 5 mwN).

Die Beschwerde hat es bereits versäumt, einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag zu bezeichnen. Zwar hat der Kläger mit seiner Beschwerde vorgetragen, in der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag gestellt zu haben, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sei. Mit diesen Ausführungen ist indes kein prozessordnungsgemäßer Beweisantrag iS von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG iVm § 118 Abs 1 Satz 1 SGG , § 403 ZPO dargelegt. Dafür muss nicht nur die Stellung des Antrags, sondern auch aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte Beweis erhoben werden soll (vgl BSG Beschluss vom 5.7.2018 - B 9 SB 26/18 B - juris RdNr 10). Merkmal eines substantiierten Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache. Dafür ist die behauptete Tatsache möglichst präzise und bestimmt zu behaupten und zumindest hypothetisch zu umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben hätte. Nur dies versetzt die Vorinstanz in die Lage, die Entscheidungserheblichkeit eines Antrags zu prüfen und ggf seine Ablehnung iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ausreichend zu begründen. Solche Angaben sind dem Vorbringen nicht zu entnehmen.

Das LSG ist als letzte Tatsacheninstanz zudem nur dann einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt, wenn es sich hätte gedrängt fühlen müssen, den beantragten Beweis zu erheben. Insoweit hätte es klägerseitigen Vortrags bedurft, weshalb nach den dem LSG vorliegenden Beweismitteln Fragen zum tatsächlichen und medizinischen Sachverhalt aus der rechtlichen Sicht des LSG erkennbar offengeblieben sind und damit zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts zwingende Veranlassung bestanden haben soll (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig ua, SGG , 13. Aufl 2020, § 160 RdNr 18a). Die bloß abstrakte Darlegung des Klägers, es sei ein gerichtliches Gutachten statt eines "parteilichen" Gutachtens des MDK erforderlich gewesen wären, entspricht diesem Erfordernis nicht. Tatsächlich kritisiert der Kläger die Beweiswürdigung des LSG (vgl § 128 Abs 1 Satz 1 SGG ), womit er nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG von vornherein keine Revisionszulassung erreichen kann.

b) Soweit der Kläger rügt, das LSG habe die Akten des Eilverfahrens S 7 KR 241/13 ER nicht beigezogen und somit entscheidungserhebliche medizinische Unterlagen nicht bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt, wird ein Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG gleichfalls nicht hinreichend bezeichnet. Der Kläger trägt nicht substantiiert vor, dass und aus welchen Gründen das LSG auf dieser tatsächlichen Grundlage hätte anders entscheiden sollen. Insbesondere legt er nicht dar, dass und bejahendenfalls welche in diesem Gerichtsverfahren eingeholten medizinischen Berichte und sonstigen für die Entscheidung des LSG tragenden Unterlagen durch den Inhalt der nicht beigezogenen Akten und medizinischen Unterlagen hätten in Zweifel gezogen werden sollen. Mangels Darstellung, welche nicht beigezogenen medizinischen Unterlagen überhaupt den Anspruch des Klägers stützen, zeigt er auch nicht auf, dass sich das Berufungsgericht hätte gedrängt fühlen müssen, weitere Sachaufklärung 103 SGG ) zu betreiben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Niedersachsen-Bremen, vom 08.10.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 15 P 41/17
Vorinstanz: SG Bremen, vom 30.06.2017 - Vorinstanzaktenzeichen S 25 P 27/14