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BSG - Entscheidung vom 24.03.2021

B 3 KR 55/20 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2

BSG, Beschluss vom 24.03.2021 - Aktenzeichen B 3 KR 55/20 B

DRsp Nr. 2021/8441

Anspruch auf Kostenerstattung für einen selbstbeschafften E-Scooter Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 28. August 2020 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2 ;

Gründe

I

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat mit Beschluss vom 28.8.2020 den Anspruch des Klägers auf einen selbstbeschafften E-Scooter Rolektro eco-Fun 20 V.2 SE abgelehnt. Der Kläger habe keinen Anspruch, weil er zum einen den gesetzlich vorgesehenen Beschaffungsweg nicht eingehalten habe und zum anderen der Kostenerstattungsanspruch nicht weiter reiche als der Sachleistungsanspruch. Dieser scheide bereits deswegen aus, weil es sich bei dem E-Scooter Rolektro um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handele. Auch habe der Kläger unabhängig von der Frage der Drei-Wochen-Frist für die Entscheidung der Beklagten keinen Anspruch aufgrund einer Genehmigungsfiktion, weil § 13 Abs 3a SGB V nach der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf Urteil des BSG vom 15.3.2018 - B 3 KR 4/16 R - juris RdNr 22 ff) für ein Hilfsmittel, welches wie vorliegend dem Ausgleich der Behinderung diene, nicht anwendbar sei.

Gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Beschluss hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, eine Divergenz und auf Verfahrensmängel 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG ).

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht formgerecht dargetan hat 160a Abs 2 Satz 3 SGG ). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr ). Keinen der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe hat der Kläger in der Begründung der Beschwerde schlüssig dargelegt oder bezeichnet 160a Abs 2 Satz 3 SGG ).

1. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSG Beschluss vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die Revisionszulassung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG prüfen zu können (Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 181). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Der Kläger ist ohne Formulierung einer konkreten Rechtsfrage der Ansicht, dass es grundlegender Klärung bedürfe, ob der streitgegenständliche E-Roller eine Leistung der gesetzlichen Krankversicherung darstelle und es sich nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handele. Dieser Vortrag entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung einer grundsätzlich bedeutsamen Rechtsfrage. Der Kläger hat es bereits versäumt, eine revisible Norm des Bundesrechts 162 SGG ) zu benennen, deren Überprüfung und Klärung er durch das Revisionsgericht anstrebt. Der Kläger wirft mit dem Problemkreis zudem lediglich Tatsachenfragen auf, die der Beweiswürdigung und Feststellung durch das LSG zugänglich sind und die daher keine über den Einzelfall hinausgehenden Rechtsfragen darstellen.

2. Es ist auch nicht dargelegt, dass die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht 160 Abs 2 Nr 2 SGG ). Mit dem Vortrag des Klägers zur offensichtlichen Fehlerhaftigkeit der Entscheidung des LSG bezeichnet er keinen zu einer Abweichung führenden Rechtssatz des LSG, welcher im Gegensatz zu einer Rechtsprechung des BSG steht (stRspr; vgl nur BSG Beschlüsse vom 9.4.2008 - B 6 KA 18/07 B - juris RdNr 17 und vom 17.6.2009 - B 6 KA 6/09 B - juris RdNr 16).

3. Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt wird, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels 160a Abs 2 Satz 3 SGG ) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Daran fehlt es bereits. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (zum Ganzen vgl BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN).

Der Kläger hat aber nicht aufgezeigt, dass er einen (prozessordnungsgemäßen) Beweisantrag gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG gestellt und bis zuletzt vor dem Berufungsgericht aufrechterhalten habe (stRspr; vgl BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Hierzu bietet der Kläger in Verkennung der Darlegungsvoraussetzungen für eine Nichtzulassungsbeschwerde zwar umfangreichen (neuen) Beweisantritt an, er kann aber nicht mit seiner Beschwerdebegründung auf einen in der Tatsacheninstanz gestellten Beweisantrag verweisen, so dass keine Verletzung der Amtsermittlungspflicht bezeichnet ist.

Ein formgerechtes Aufzeigen eines Verfahrensfehlers besteht auch nicht darin, dass der Kläger die "unrichtige Tatsachenbewertung" durch das LSG bemängelt. Mit diesem Vortrag wendet sich der Kläger im Kern gegen eine vermeintliche Verletzung von Beweisregeln durch das LSG. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision aber ausdrücklich nicht auf die Rüge einer fehlerhaften Beweiswürdigung (Verletzung von § 128 Abs 1 Satz 1 SGG ) gestützt werden (vgl näher BSG Beschluss vom 21.1.2020 - B 13 R 287/18 B - juris RdNr 10).

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Niedersachsen-Bremen, vom 28.08.2020 - Vorinstanzaktenzeichen L 16 KR 151/20
Vorinstanz: SG Lüneburg, vom 27.02.2020 - Vorinstanzaktenzeichen S 16 KR 257/19