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BSG - Entscheidung vom 25.03.2021

B 3 KR 45/20 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 25.03.2021 - Aktenzeichen B 3 KR 45/20 B

DRsp Nr. 2021/7629

Anspruch auf Gewährung von Krankengeld Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. Juli 2020 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

I

Das Bayerische LSG hat mit Urteil vom 14.7.2020 den Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Krankengeld (Krg) ab 16.12.2015 verneint: Der Anspruch scheitere daran, dass die Klägerin in der Zeit vom 24.11.2011 bis 20.11.2013 für 78 Wochen Krg bezogen habe, sodass der Krg-Anspruch erschöpft gewesen sei und nicht wieder aufgelebt habe 48 SGB V ).

Hiergegen hat die Klägerin Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und auf eine Rechtsprechungsabweichung 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG ).

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Divergenz nicht hinreichend dargetan hat 160a Abs 2 Satz 3 SGG ). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).

Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Die Klägerin hält für grundsätzlich bedeutsam die Frage:

"Wonach die Last des nicht erbrachten Beweises zu würdigen ist".

Unter Hinweis auf eine Entscheidung des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 23.5.2017 - L 11 KR 4075/16) vertritt die Klägerin die Ansicht, dass bei der Beurteilung einer Arbeitsunfähigkeit (AU) bzw einer Arbeitsfähigkeit in der Vergangenheit eine Beweislastumkehr zulasten des Sozialleistungsträgers eintrete. Der Beurteilungsmaßstab der Arbeitsfähigkeit mit der objektiven Beweislast als rechtshindernde Tatsache für die Gewährung des Krg sei eine klärungsbedürftige Rechtsfrage, die das LSG hier abweichend von der Entscheidung des LSG Baden-Württemberg (aaO) beantwortet habe.

Mit diesem Vorbringen erfüllt die Klägerin weder die Anforderungen an die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit noch der Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Frage. Es fehlt daran, dass sie sich bereits nicht mit der umfangreichen Rechtsprechung des BSG zu Fragen der objektiven Beweislast auseinandersetzt (stRspr; vgl nur BSGE 41, 297 = SozR 2200 § 1399 Nr 4 mwN). Überdies ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin keine Entscheidungserheblichkeit dieser Frage für das angestrebte Revisionsverfahren. Denn sie legt selbst dar, dass das LSG die von ihr befürwortete Beweislastumkehr nicht angewendet habe, sondern sich vielmehr den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. G. angeschlossen und auf dieser Grundlage festgestellt habe, dass durchgängig AU seit der Erstoperation bestanden habe. Danach stellt das angegriffene Berufungsurteil schon nach dem Vortrag der Klägerin nicht auf eine Beweislastverteilung ab.

2. Die Klägerin hat auch keine Rechtsprechungsabweichung hinreichend aufgezeigt. Divergenz liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Bezogen auf die Darlegungspflicht einer Divergenz bedeutet dies, dass die Beschwerdebegründung erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz in der in Bezug genommenen Entscheidung des BSG enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das BSG die oberstgerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (stRspr; vgl nur BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17).

Die Klägerin ist der Ansicht, das angefochtene Berufungsurteil weiche von der Bewertung des BSG im Urteil vom 21.6.2011 ( B 1 KR 15/10 R - SozR 4-2500 § 48 Nr ) ab. Das LSG habe den Sachverhalt unter § 48 Abs 2 SGB V subsumiert und den Rechtssatz aufgestellt, dass der Sechs-Monats-Zeitraum erst zu laufen beginne, wenn die AU aufgrund der Krankheit, die zur Erschöpfung des Leistungsanspruchs geführt habe, beendigt sei. Damit sei ein erneuter Krg- Anspruch praktisch ausgeschlossen, wenn seit dem Beginn der AU diese wegen derselben Krankheit fortbestehe (Hinweis auf LSG-Urteil S 15 Abs ). Demgegenüber enthalte § 48 Abs 1 SGB V nach Auffassung des BSG drei unterschiedliche Regelungen. Die erste Regelung stelle den Grundsatz der Krg-Gewährung ohne zeitliche Begrenzung auf. Die beiden weiteren Regelungen von § 48 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB V stellten die Ausnahmen von dem Grundsatz dar. Weitergehende Ausnahmen enthalte die abschließend formulierte Norm nicht (Hinweis auf BSG Urteil vom 21.6.2011 - aaO - RdNr 11, 21). Die Divergenz liege darin, dass die Klägerin die Voraussetzung von § 48 Abs 2 SGB V erfülle. Das LSG habe damit die Rechtsfrage entschieden, dass bei Einschlägigkeit von § 48 Abs 2 SGB V ein erneuter Krg-Anspruch nicht bestehe, wenn seit dem Beginn der AU diese wegen derselben Krankheit fortbestehe.

Bereits aus diesem Vortrag ergibt sich, dass die Klägerin nicht zwei sich einander widersprechende Rechtssätze gegenübergestellt hat und damit keine Divergenz formgerecht aufgezeigt hat. Der Vortrag der Klägerin erschöpft sich im Wesentlichen darin, dass sie meint, der Rechtsstreit sei unzutreffend entschieden, weil das Berufungsgericht den Sachverhalt unter § 48 Abs 2 SGB V subsumiert und den Krg-Anspruch unzutreffend verneint habe. Darin liegt aber nicht das Aufzeigen einer Divergenz, sondern allenfalls einer Subsumtionsrüge, die keinen Revisionszulassungsgrund begründet (stRspr; vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 f).

Dass die Klägerin das Urteil des LSG für unzutreffend hält, begründet ebenfalls keinen gesetzlichen Revisionszulassungsgrund (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Bayern, vom 14.07.2020 - Vorinstanzaktenzeichen L 4 KR 536/18
Vorinstanz: SG Regensburg, vom 06.11.2018 - Vorinstanzaktenzeichen S 8 KR 479/16