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BSG - Entscheidung vom 12.05.2021

B 12 KR 89/20 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2

BSG, Beschluss vom 12.05.2021 - Aktenzeichen B 12 KR 89/20 B

DRsp Nr. 2021/10825

Anspruch auf Bescheidung eines Widerspruchs Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 30. Juli 2020 wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auf 236,73 Euro festgesetzt.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2 ;

Gründe

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob die Beklagte einen Widerspruch zu bescheiden hat.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) forderte von der Klägerin mit Betriebsprüfungsbescheid vom 23.10.2018 und Widerspruchsbescheid vom 26.2.2019 Beiträge und Säumniszuschläge, darunter für zwei bei der beklagten Krankenkasse versicherte Personen in Höhe von insgesamt 1578,24 Euro. Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben.

Mit Schreiben vom 25.10.2018 setzte die beklagte Krankenkasse als Einzugsstelle die Klägerin in Kenntnis, dass sie eine Mehrausfertigung des Prüfberichts erhalten habe und teilte mit, dass sie den Betrag von 1578,24 Euro in Ausführung des erteilten SEPA-Lastschriftmandats vom Konto abbuchen werde. Für die beiden Versicherten fehle es noch an einer Korrektur der Arbeitgebermeldung. Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und Untätigkeitsklage, die nach Trennung von der gegen den Betriebsprüfungsbescheid der DRV Bund erhobenen Anfechtungsklage erfolglos geblieben ist (Gerichtsbescheid des SG München vom 12.8.2019).

Zur Begründung der Zurückweisung der Berufung hat das LSG ausgeführt, die Untätigkeitsklage sei unstatthaft, da das Schreiben der Beklagten vom 25.10.2018 eine Zahlungsaufforderung im weiteren Sinne und kein Verwaltungsakt sei. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, einen Widerspruchsbescheid zu erlassen, der sich - wie hier - gegen schlichtes Verwaltungshandeln wende. Das Schreiben der Beklagten stelle sich als Ankündigung der Abbuchung unter Inanspruchnahme des erteilten SEPA Lastschriftmandats dar (Urteil vom 30.7.2020).

Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.

II

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG ). Die Klägerin hat den geltend gemachten Zulassungsgrund der Divergenz 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) nicht hinreichend bezeichnet.

1. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das LSG seiner Entscheidung nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon dann vor, wenn das angefochtene Urteil nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG , der GmSOGB oder das BVerfG entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien auch widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl BSG Beschluss vom 12.5.2005 - B 3 P 13/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 und BSG Beschluss vom 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6, jeweils mwN).

Diesen Voraussetzungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin hat zwar sich nach ihrer Auffassung widersprechende Rechtssätze zitiert, aber nicht hinreichend dargelegt, dass das LSG die Rechtsprechung des BSG nicht nur nicht beachtet oder unzutreffend angewandt, sondern auch in Frage gestellt hätte. Das wäre aber erforderlich gewesen, denn die von der Klägerin zitierten Sätze in der Entscheidung des BSG vom 28.10.2015 ( B 6 KA 20/15 B)"Es steht jedoch nicht im Belieben einer Behörde, von der Bescheidung eines Widerspruchs abzusehen, nur weil sie diesen rechtlich für 'verfehlt' hält." und "Der Kläger hat Anspruch auf eine Bescheidung eines Widerspruchs, weil das Gesetz die Durchführung eines Vorverfahrens vorschreibt", betrafen die Begründetheit einer Untätigkeitsklage. Das BSG hatte - in einem Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision - darauf hingewiesen, dass auch ein offensichtlich verfristeter Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt beschieden werden müsse und die Fristversäumnis keinen hinreichenden Grund dafür biete, den Widerspruch unentschieden zu lassen. Das LSG hat demgegenüber bereits die Statthaftigkeit der Untätigkeitsklage verneint, weil eine Zahlungsaufforderung kein Verwaltungsakt sei (vgl BSG Urteil vom 25.6.2015 - B 14 AS 38/14 R - BSGE 119, 170 = SozR 4-1300 § 63 Nr 23 RdNr 12 ff) und die Untätigkeitsklage einen Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt voraussetze 88 Abs 2 , § 78 Abs 1 SGG ). Die Klägerin hätte insofern darlegen müssen, inwiefern das LSG dennoch einem Rechtssatz des BSG widersprochen haben und inwiefern das angefochtene Urteil auf dieser Abweichung beruhen soll. Daran fehlt es.

2. Soweit die Klägerin auf Seite 6 der Beschwerdebegründung "Rechtsverweigerung" und Vereitelung des "Zugangs zu den Gerichten" rügt und dazu § 88 Abs 2 , §§ 78 ff SGG iVm Art 19 Abs 4 GG iVm Art 6 Abs 1 EMRK und den Vorbehalt des Gesetzes aus Art 20 Abs 3 GG zitiert, hat sie auch damit einen Verfahrensmangel nicht hinreichend bezeichnet. Mit diesem Vortrag wendet sie sich gegen die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des LSG. Sie meint, das LSG habe § 88 SGG unrichtig angewandt. Die Behauptung, die Berufungsentscheidung sei inhaltlich unrichtig, kann jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18).

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 und 3 VwGO .

5. Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der Festsetzung des LSG, die von keinem der Beteiligten in Frage gestellt worden ist 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 52 Abs 1 und Abs Satz 1, § 47 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 , § 63 Abs 2 Satz 1 GKG ).

Vorinstanz: LSG Bayern, vom 30.07.2020 - Vorinstanzaktenzeichen L 4 KR 516/19
Vorinstanz: SG München, vom 12.08.2019 - Vorinstanzaktenzeichen S 15 KR 1143/19