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BSG - Entscheidung vom 08.09.2021

B 5 R 193/21 B

Normen:
SGB VI § 236b
SGB VI §§ 64 ff.
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1
SGB VI § 109

BSG, Beschluss vom 08.09.2021 - Aktenzeichen B 5 R 193/21 B

DRsp Nr. 2021/15609

Altersrente für besonders langjährig Versicherte Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Juni 2021 - L 33 R 803/20 - vor dem Bundessozialgericht Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Beschluss wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten für dieses Verfahren zu erstatten.

Normenkette:

SGB VI § 236b ; SGB VI §§ 64 ff.; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ; SGB VI § 109 ;

Gründe

I

Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Altersrente für besonders langjährig Versicherte.

Der 1956 geborene Kläger bezog ab März 2018 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Beklagten. Die Rente war ausgehend von 52,6191 Entgeltpunkten für die Zeit bis Februar 2018 und mit einem Zugangsfaktor von 0,949 berechnet worden. Im Oktober 2019 erhielt der Kläger eine Renteninformation von der Beklagten, wonach die Regelaltersrente mit dem Juni 2022 und die Rente für besonders langjährig Versicherte, für die er die Wartezeit erfülle, ab dem April 2020 beginnen könne; die bislang erreichte Rentenanwartschaft entspreche nach seinerzeitigem Stand einer monatlichen Bruttorente von 1987,28 Euro. Seit April 2020 bezieht der Kläger eine Rente für besonders langjährig Versicherte von der Beklagten, die ihm mit einem Bruttobetrag iHv zunächst 1893,57 Euro bewilligt wurde (Bescheid vom 23.1.2020). Bei der Rentenberechnung wurde hinsichtlich der Entgeltpunkte, auf deren Grundlage die Erwerbsminderungsrente gewährt worden war, weiterhin ein Zugangsfaktor von 0,949 zugrunde gelegt; hinsichtlich der erstmals berücksichtigten weiteren Entgeltpunkte für die Zeit ab März 2019 ein Zugangsfaktor von 1. Das Begehren des Klägers, eine Altersrente in Höhe des in der Renteninformation mitgeteilten Betrags zu erhalten, ist im Widerspruchs- und Klageverfahren erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 13.5.2020; Urteil des SG vom 1.10.2020). Im dagegen vom Kläger angestrengten Berufungsverfahren hat die Beklagte auf Aufforderung des LSG die Rentenberechnung im Einzelnen dargelegt und herausgearbeitet, dass die Renteninformation aus 2019 fehlerhaft sei, wofür sie sich entschuldige. Sie vermute, dass bei der manuell erstellten Renteninformation versehentlich der Zugangsfaktor 1 hinsichtlich aller Zeiten zugrunde gelegt worden sei. Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Beschluss vom 18.6.2021). Zur Begründung hat es ausgeführt, die Altersrente für besonders langjährig Versicherte sei zutreffend festgesetzt worden. Insbesondere entspreche es den gesetzlichen Vorgaben, dass die Beklagte für die Entgeltpunkte, die bereits Grundlage für die Gewährung der Erwerbsminderungsrente gewesen seien, weiterhin den verminderten Zugangsfaktor zugrunde gelegt habe 77 Abs 3 SGB VI ). Auch seien alle vom Kläger seit März 2018 zurückgelegten Zeiten berücksichtigt worden. Es sei verständlich, dass es für den Kläger nur schwer nachvollziehbar und im Ergebnis ärgerlich sei, wenn die gewährte Altersrente hinter dem in der Renteninformation mitgeteilten Betrag zurückbleibe. Hieraus könne er indes keinen Anspruch auf Festsetzung eines höheren Zahlbetrags herleiten. In der Renteninformation sei weder ein bindender Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X noch eine Zusicherung iS des § 34 SGB X enthalten gewesen. Auch aus dem Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs könne der Kläger nichts Günstigeres für sich herleiten, denn damit ließe sich allenfalls der Zustand herstellen, der bestehen würde, wenn die Beklagte ihn von Anfang an zutreffend über die Höhe der zu erwartenden Rente informiert hätte.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger am 28.6.2021 zur Niederschrift bei der Geschäftsstelle des LSG Beschwerde zum BSG eingelegt, die er nicht weiter begründet hat. Zugleich hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines noch zu benennenden Bevollmächtigten beantragt.

II

1. Der PKH-Antrag des Klägers ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für ein Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die vom Kläger angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde hat keine solchen Erfolgssausichten. Die Revision darf gemäß § 160 Abs 2 SGG nur zugelassen werden, wenn einer der dort abschließend genannten Revisionszulassungsgründe vorliegt. Nach Prüfung des Streitstoffs anhand der beigezogenen Gerichtsakten ist nicht ersichtlich, dass ein vor dem BSG zugelassener Bevollmächtigter 73 Abs 4 SGG ) das Vorliegen eines Zulassungsgrunds erfolgreich geltend machen könnte. Mit der Ablehnung des PKH-Antrags entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO ).

a) Es ist nach Aktenlage nicht ersichtlich, dass eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) erfolgreich geltend gemacht werden könnte. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Derartige Rechtsfragen sind hinsichtlich der Berechnung von Altersrenten für besonders langjährig Versicherte 236b iVm §§ 64 ff SGB VI ) nicht erkennbar, insbesondere nicht in Bezug auf den zu berücksichtigenden Zugangsfaktor bei Vorausgehen einer früheren Rente 77 Abs 3 Satz 1 und 2 SGB VI ). Es ist zudem höchstrichterlich geklärt, dass die Angaben in einer Renteninformation nach § 109 SGB VI als unverbindlich zu qualifizieren sind (vgl zB BSG Urteil vom 21.3.2018 - B 13 R 19/14 R - SozR 4-2600 § 149 Nr 5 RdNr 17 mwN) und der sozialrechtliche Herstellungsanspruch (nur) auf die Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des Zustandes gerichtet ist, der bestehen würde, wenn der Leistungsträger die ihm obliegenden Pflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (vgl aus jüngerer Zeit zB BSG Urteil vom 18.3.2021 - B 10 EG 3/20 R - juris RdNr 54 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen).

b) Ebenso wenig ist nach der Aktenlage zu erkennen, dass der Zulassungsgrund der Divergenz 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) vorliegt. Die angefochtene Entscheidung des LSG ist nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abgewichen.

c) Schließlich weist in den vorliegenden Akten nichts auf das Vorliegen eines entscheidungserheblichen Verfahrensmangels hin, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Indem das LSG im Beschlusswege über die Berufung des Klägers entschieden hat, hat es von einer in § 153 Abs 4 Satz 1 SGG gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht. Es spricht nichts dafür, dass eine solche Verfahrensweise hier ermessensfehlerhaft gewesen sein könnte. Der Kläger ist mit gerichtlichem Schreiben vom 18.2.2021 nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG ordnungsgemäß zu der beabsichtigten Verfahrensweise angehört worden; nach dem Wechsel weiterer Schriftsätze der Beteiligten ist er mit gerichtlichem Schreiben vom 6.5.2021 darauf hingewiesen worden, dass weiterhin eine Entscheidung durch Beschluss beabsichtigt sei. Dass der Kläger mit Schriftsatz vom 2.3.2021 die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verlangt hatte, vermag schon deswegen keinen Verfahrensmangel zu begründen, weil eine Zustimmung der Beteiligten zum Beschlussverfahren nach § 153 Abs 4 SGG nicht erforderlich ist.

2. Die vom Kläger bereits selbst eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG vom 18.6.2021 ist unzulässig. Sie ist daher durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG ). Die Beschwerde entspricht schon nicht der gesetzlich geforderten Form, weil sie nicht von einem vor dem BSG zugelassenen Bevollmächtigten 73 Abs 2 iVm Abs 4 Satz 1 SGG ) eingereicht worden ist. Kosten entstehen dem Kläger durch die Verwerfung seiner Beschwerde nicht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs 1 und 4 SGG .

Vorinstanz: LSG Berlin-Brandenburg, vom 18.06.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 33 R 803/20
Vorinstanz: SG Potsdam, vom 01.10.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 36 R 159/20