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BGH - Entscheidung vom 03.05.2021

AnwZ (Brfg) 63/18

Normen:
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 Hs. 1-2
ZPO § 882b

BGH, Urteil vom 03.05.2021 - Aktenzeichen AnwZ (Brfg) 63/18

DRsp Nr. 2021/9194

Widerruf der Zulassung eines Rechtsanwalts zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls bzgl. Gefährdung der Interessen der rechtsuchenden Mandanten; Erwirken von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt als Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall

1. Der Aspekt des Gesundheitsschutzes in der gegenwärtigen Corona-Pandemie kann zwar im Einzelfall einen erheblichen Grund für eine Verlegung im Sinne des § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO darstellen. Ein - wie hier - lediglich allgemeiner Hinweis auf die Corona-Pandemie und das generelle Infektionsrisiko reicht aber mit Blick auf das geltende Gebot der Beschleunigung des Verfahrens, insbesondere auch im Hinblick auf die - hier - durch einen Vermögensverfall des betroffenen Rechtsanwalts indizierte Gefährdung der Interessen der rechtsuchenden Mandanten, nicht aus.2. Gewichtige Gründe, die eine persönliche Anwesenheit des Klägers - neben derjenigen eines anwaltlichen Vertreters - erfordern könnten, ergeben sich nicht schon aus der Bedeutung, die die verwaltungsrechtliche Anwaltssache - hier in einem Verfahren des Widerrufs seiner Zulassung - für den Kläger hat.3. Die Vermutung des Vermögensverfalls gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO wird durch die Löschung einer im Zeitpunkt des Widerrufs bestehenden Eintragung im Laufe des gerichtlichen Verfahrens nicht beseitigt, da bei der gerichtlichen Nachprüfung einer Rücknahme- oder Widerrufsverfügung der Verwaltungsbehörde grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihres Erlasses maßgeblich ist, wenn der Betroffene - wie hier - bei Wegfall des Rücknahme- oder Widerrufsgrundes einen erneuten Zulassungsantrag stellen kann. Insbesondere kommt die Annahme einer Einschränkung der Vermutung durch Übertragung der den allgemeinen Löschungsfristen des § 882e ZPO zugrundeliegenden Interessengewichtung nicht in Betracht. Dem den Löschungsfristen des § 882e ZPO zugrundeliegenden Gedanken wird vielmehr dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass zwischenzeitlich gelöschte Eintragungen bei einem Wiederzulassungsantrag des Rechtsanwalts nicht mehr zu berücksichtigen sind.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das ihm am 10. August 2018 an Verkündungs statt zugestellte Urteil des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Normenkette:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 Hs. 1-2; ZPO § 882b;

Tatbestand

Der im August 1968 geborene Kläger ist seit dem Jahr 2001 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 28. Juni 2017 widerrief die Beklagte seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls. Zur Begründung stützte sie sich auf vier Eintragungen des Klägers im Schuldnerverzeichnis und zahlreiche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn.

Die dagegen erhobene Klage des Klägers hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Mit seiner vom Senat wegen eines Verfahrensfehlers des Anwaltsgerichtshofs zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Aufhebung des Widerrufsbescheids weiter. Er macht im Wesentlichen geltend, das angefochtene Urteil beruhe auf einer Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, weil der Anwaltsgerichtshof zu Unrecht seinem krankheitsbedingten Terminverlegungsantrag nicht stattgegeben und in seiner Abwesenheit verhandelt habe. Tatsächlich lägen die Voraussetzungen für einen Widerruf seiner Zulassung wegen Vermögensverfalls nicht vor. Seine im Zeitpunkt des Widerrufs bestehenden Eintragungen im Schuldnerverzeichnis könnten zur Begründung der gesetzlichen Vermutung eines Vermögensverfalls gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO nicht mehr herangezogen werden, weil sie sämtlich spätestens nach Ablauf der dreijährigen Löschungsfrist des § 882e Abs. 1 ZPO am 28. Juni 2020 gelöscht worden seien. Der dieser Löschung zugrundeliegende Rechtsgedanke sei unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung auch bei der Prüfung des Vermögensverfalls im laufenden Rechtsmittelverfahren zu berücksichtigen. Dies sei zudem aufgrund der überlangen Dauer des Berufungszulassungsverfahrens, das seit Mai 2019 mehrfach ohne sein Zutun rechtswidrig durch die Beklagte verzögert worden sei, geboten. Schließlich seien die vier Eintragungen nicht nur zu Unrecht durch den Gerichtsvollzieher veranlasst worden, sondern auch durch Zahlung an den Gerichtsvollzieher erledigt und gelöscht. Die im Widerruf weiter genannten Zwangsvollstreckungsverfahren seien ebenfalls zwischenzeitlich erledigt und die angebliche Gefährdung von Mandanteninteressen sowohl durch die Beklagte als auch im angefochtenen Urteil lediglich unsubstantiiert und nicht einlassungsfähig dargetan.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des ihm am 10. August 2018 an Verkündungs statt zugestellten Urteils des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs den Widerrufsbescheid der Beklagten vom 28. Juni 2017 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt unter Verteidigung des angefochtenen Urteils,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Nach Ladung der Beteiligten zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 3. Mai 2021 um 9.30 Uhr hat der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 26. April 2021 unter Hinweis auf die Pandemie-Lage und die darauf beruhenden behördlichen Beschränkungen die Verlegung des Termins beantragt. Die Vorsitzende des Senats für Anwaltssachen hat den Antrag mit Verfügung vom 28. April 2021 abgelehnt. Mit Beschluss vom 29. April 2021 hat der Senat dem Kläger und seinem Prozessbevollmächtigten eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung in den Räumen des Landgerichts O. mittels Bild-Ton-Übertragung gemäß § 112e Satz 2 BRAO , § 125 Abs. 1 Satz 1, § 102a Abs. 1 VwGO gestattet.

Mit Schriftsatz vom 29. April 2021 hat der Kläger telefonisch angekündigt, er erwäge, das Mandatsverhältnis zu seinem Prozessbevollmächtigten zu beenden und wegen einer Erkrankung einen Verlegungsantrag zu stellen. Nachdem der Senat am 30. April 2021 mitgeteilt hatte, zu einer Verlegung des Termins derzeit keinen Anlass zu sehen, hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom selben Tage angezeigt, dass er den Kläger in diesem Verfahren nicht mehr anwaltlich vertrete, der Kläger hat - ebenfalls am 30. April 2021 - schriftsätzlich erklärt, dass er sich ab sofort wieder selbst vertrete, und hat "im Anschluss an den gestrigen Terminverlegungsantrag" ein zahnärztliches Attest zum Nachweis seiner Reise- und Verhandlungsunfähigkeit eingereicht. Auf die Verfügung der Vorsitzenden des Senats, dem Kläger am 30. April 2021 um 17.56 Uhr per Telefax übersandt, dass sein - als Terminverlegungsantrag auszulegender - Schriftsatz keinen Anlass zu einer Terminverlegung gebe, weil das vorgelegte Attest für eine Glaubhaftmachung der Verhandlungsunfähigkeit nicht ausreiche, sondern die Vorlage eines amtsärztlichen Attests nötig sei, und zudem triftige Gründe für eine Beendigung des Mandats seines Prozessbevollmächtigten unter den gegebenen Umständen substantiiert darzulegen und glaubhaft zu machen wären, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 3. Mai 2021, per Telefax übersandt um 7.09 Uhr, angekündigt, um 8.00 Uhr das Gesundheitsamt aufzusuchen, und näher zum Grund der Beendigung des Mandats seines Prozessbevollmächtigten vorgetragen. Außerdem hat er die Vorsitzende des Senats als befangen abgelehnt. Das Ablehnungsgesuch ist - nach Übersendung der dienstlichen Stellungnahme der Vorsitzenden des Senats per Telefax an den Kläger um 9.46 Uhr - nach Ablauf der dem Kläger bis um 10.10 Uhr gesetzten Stellungnahmefrist als unbegründet zurückgewiesen worden. Anschließend hat der Senat bei fortbestehender Möglichkeit der Teilnahme mittels Bild-Ton-Übertragung in den Räumen des Landgerichts O. in Abwesenheit der Parteien verhandelt und die Berufung des Klägers mit - nach Unterbrechung der Verhandlung und Wiederaufruf der Sache nach mündlicher Verhandlung in anderen Verfahren - am Schluss der Sitzung verkündetem Urteil zurückgewiesen. Zuvor hatte der Kläger mit um 10.36 Uhr eingegangenem Telefax eine amtsärztliche Stellungnahme übersandt, in der seine Verhandlungsunfähigkeit für den Vormittag des 3. Mai 2021 festgestellt wird.

Entscheidungsgründe

I.

Über die Berufung konnte gemäß § 112e Satz 2 BRAO i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 102 Abs. 2 VwGO in Abwesenheit der Parteien verhandelt und entschieden werden. Die Parteien wurden ordnungsgemäß und unter Hinweis auf die Möglichkeit der Verhandlung und Entscheidung in Abwesenheit eines Beteiligten nach § 102 Abs. 2 VwGO zum Verhandlungstermin am 3. Mai 2021 geladen (der vormalige Prozessbevollmächtigte des Klägers und die Beklagte laut Empfangsbekenntnissen am 21. bzw. 22. Januar, der Kläger persönlich laut Postzustellungsurkunde am 20. Januar 2021).

Den Terminverlegungsanträgen des vormaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers und des Klägers war nicht stattzugeben.

1. Dem Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 26. April 2021 auf Verlegung des Verhandlungstermins war nicht stattzugeben, weil keine erheblichen Gründe im Sinne des § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO , § 173 Satz 1 VwGO , § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO für eine Verlegung dargetan wurden. Der von ihm zur Begründung angeführte Aspekt des Gesundheitsschutzes in der gegenwärtigen Corona-Pandemie kann zwar im Einzelfall einen erheblichen Grund für eine Verlegung im Sinne des § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO darstellen (vgl. etwa OLG Zweibrücken, MDR 2020, 1274 f.). Ein - wie hier - lediglich allgemeiner Hinweis auf die Corona-Pandemie und das generelle Infektionsrisiko reicht aber mit Blick auf das geltende Gebot der Beschleunigung des Verfahrens (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 20. April 2017 - 2 B 69/16, juris Rn. 7), insbesondere auch im Hinblick auf die im vorliegenden Verfahren durch einen Vermögensverfall des Rechtsanwalts indizierte Gefährdung der Interessen der rechtsuchenden Mandanten, nicht aus (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. November 2016 - AnwZ (Brfg) 23/16, juris Rn. 10 und vom 31. Dezember 2018 - AnwZ (Brfg) 45/17, juris Rn. 33). Gleiches gilt für die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers geltend gemachten besonderen Erschwernisse einer Anreise aus N. und Übernachtung in K. aufgrund der pandemiebedingten behördlichen Beschränkungen, denen der Senat dadurch Rechnung getragen hat, dass er dem Kläger und seinem Prozessbevollmächtigten mit Beschluss vom 29. April 2021 die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung im Wege der Bild-Ton-Übertragung nach § 112e Satz 2 BRAO , § 125 Abs. 1 Satz 1, § 102a Abs. 1 VwGO vom Landgericht O. aus gestattet hat.

2. Auch dem Verlegungsantrag des Klägers vom 30. April 2021, zu dem der Kläger mit seinen Schriftsätzen vom 3. Mai 2021 ergänzend vorgetragen hat, war mangels hinreichender Darlegung und Glaubhaftmachung erheblicher Gründe im Sinne von § 227 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO nicht stattzugeben.

a) Entzieht eine Partei ihrem Prozessbevollmächtigten das Mandat, liegen erhebliche Gründe für eine Terminverlegung nicht schon dann vor, wenn sie wegen der Entziehung voraussichtlich im Termin nicht vertreten sein wird. Entscheidend ist vielmehr, ob die Entziehung ihrerseits auf erheblichen Gründen beruht, aufgrund derer es der Partei ohne eigenes Verschulden nicht mehr zugemutet werden konnte, sich durch den von ihr bestellten Bevollmächtigten weiterhin vertreten zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. August 1998 - 7 B 127/98, juris Rn. 3). Ein Anwaltswechsel nach der Erschütterung des Vertrauensverhältnisses ist nur dann ein erheblicher Grund für eine Terminverlegung, wenn die Partei darlegt, dass der Anwalt den Vertrauensverlust verschuldet hat und der Grund zum Anwaltswechsel erst zu diesem Zeitpunkt im Rechtsstreit offenbar wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2008 - II ZR 251/06, NJW-RR 2008, 876 Rn. 14). Im Übrigen ist eine Terminverlegung bei Anwaltswechsel nur dann geboten, wenn es der Partei unter Berücksichtigung aller Umstände trotz zumutbarer Bemühungen unmöglich ist, einen neuen Anwalt zu finden, der bereit und in der Lage ist, sie in dem angesetzten Termin zu vertreten (vgl. BGH, Beschluss vom 24. November 1988 - III ZR 69/88, BGHR § 227 ZPO - Anwaltswechsel 1).

b) Nach diesen Grundsätzen lagen die Voraussetzungen für eine Terminverlegung hier nicht vor. Der Kläger hat weder ein ihm erst im Zeitpunkt der Mandatsentziehung offenbar gewordenes Verschulden seines Prozessbevollmächtigten noch Bemühungen um eine anderweitige anwaltliche Vertretung dargetan und glaubhaft gemacht.

Zur Begründung der Mandatsentziehung hat der Kläger in seinem Verlegungsantrag vom 30. April 2021 lediglich pauschal "unüberbrückbare Differenzen" mit seinem bisherigen Anwalt angeführt, ohne diese jedoch näher darzulegen. Soweit er bereits zuvor im Schriftsatz vom 29. April 2021 vorgetragen hatte, sein bisheriger Anwalt stelle "ausweislich des Terminverlegungsantrags familiäre Belange offenbar bedenkenlos über die berufliche Zukunft" des Klägers, entbehrt auch dies einer inhaltlichen Substanz.

Sein weiteres Vorbringen im Schriftsatz vom 3. Mai 2021 rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Kläger macht geltend, sein Prozessbevollmächtigter habe nach seiner Mandatierung keine Aktivitäten zur Förderung des Verfahrens oder zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung entfaltet und offenbar beabsichtigt, ohne Kenntnis von der streitgegenständlichen und gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation des Klägers in die mündliche Verhandlung zu gehen. Dies sei so lange hinnehmbar gewesen, wie sichergestellt gewesen sei, dass er persönlich am Verhandlungstermin würde teilnehmen und sich selbst würde verteidigen können. Mit seiner krankheitsbedingten Verhinderung und der Weigerung des Senats, den anberaumten Verhandlungstermin zu verlegen, sei die mangelnde Vorbereitung und das mangelnde Interesse seines Prozessbevollmächtigten jedoch nicht mehr tragbar gewesen. Danach war dem Kläger nicht nur das von ihm als Grund für die Mandatsentziehung genannte Verhalten seines Prozessbevollmächtigten, den er bereits im Mai 2020 im Hauptsacheverfahren mandatiert hatte, schon seit längerem bekannt, sondern er hat bewusst mit der Entziehung des Mandats eine Situation herbeigeführt, in der er im Termin nicht vertreten sein würde, weil er - seine Verhandlungsunfähigkeit unterstellt - wusste, dass er selbst am Termin nicht persönlich würde teilnehmen können. In dieser Situation hätte es ihm oblegen, sich umgehend um die Mandatierung eines anderen Anwalts für seine Vertretung in dem anberaumten Termin zu bemühen. Solche Bemühungen hat der Kläger nicht dargetan.

Es sind auch keine gewichtigen Gründe dargetan oder sonst ersichtlich, die eine persönliche Anwesenheit des Klägers - neben derjenigen eines anwaltlichen Vertreters - erfordern könnten (vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 30. August 1982 - 9 C 1/81, juris Rn. 11 f.). Sie ergeben sich insbesondere nicht schon aus der Bedeutung, die die verwaltungsrechtliche Anwaltssache für den Kläger hat (vgl. Schmidt-Räntsch in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 112c BRAO Rn. 253). Die persönliche Anwesenheit des Klägers ist auch zur weiteren Klärung der Sach- und Rechtslage nicht erforderlich. Der Kläger hatte im Verfahren hinreichend Gelegenheit, zu seiner finanziellen Situation im - für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs seiner Zulassung maßgeblichen (siehe dazu unter II.2.a) - Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung vorzutragen. Dass er darüber hinaus neue entscheidungserhebliche Gesichtspunkte hätte vortragen können, ist seinen Schriftsätzen vom 29. und 30. April 2021 sowie vom 3. Mai 2021 nicht zu entnehmen. Soweit er darin geltend macht, er müsse zu den Ursachen seiner damaligen finanziellen Schwierigkeiten und zu seiner gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation persönlich vortragen können, ist dies nicht entscheidungserheblich. Welche Gründe zu dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts geführt haben, insbesondere, ob der Rechtsanwalt seinen Vermögensverfall verschuldet hat, spielt im Rahmen von § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO keine Rolle (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juni 2015 - AnwZ (Brfg) 11/15, juris Rn. 7). Eine nachträgliche Verbesserung der Vermögenssituation ist für die Beurteilung der Widerrufsverfügung ebenfalls ohne Belang, sondern in einem eventuellen Wiederzulassungsverfahren geltend zu machen (siehe dazu unter II.2.a).

c) Damit kann dahinstehen, ob der Kläger die von ihm behauptete krankheitsbedingte Verhinderung nach den hierfür geltenden Grundsätzen hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht hat. Da sein Verlegungsantrag so kurzfristig vor dem Termin gestellt wurde, dass eine Anordnung der Glaubhaftmachung nicht mehr möglich war, hätten die geltend gemachten Gründe sogleich substantiiert dargelegt und gleichzeitig glaubhaft gemacht werden müssen (vgl. BFH/NV 2006, 1490 Rn. 6 mwN). Zudem muss die Erkrankung oder sonstige Verhinderung des Prozessbeteiligten schlüssig aus dem dazu vorgelegten Attest hervorgehen; die Bescheinigung muss so substantiiert sein, dass das Gericht auf ihrer Grundlage in der Lage ist, die Frage der behaupteten Verhandlungsunfähigkeit selbst zu beurteilen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. April 2017 - 2 B 69/16, juris Rn. 9 mwN). Diesen Anforderungen genügte das vom Kläger mit Schriftsatz vom 30. April 2021 vorgelegte zahnärztliche Attest vom 30. April 2021 nicht. Darin wird lediglich bescheinigt, dass der Kläger an einem "ausgeprägten Abszess" eines Zahnes mit einer sehr starken Gesichtsschwellung leide, aufgrund dessen er vom 30. April bis 3. Mai 2021 arbeitsunfähig sei, da wegen der Entzündung eine Extraktion des Zahnes frühestens am 3. Mai 2021 erfolgen könne, und er deswegen reise- und verhandlungsunfähig sei. Dem war nicht zu entnehmen, dass der Kläger am 3. Mai 2021 vor der erneuten zahnärztlichen Vorstellung nicht in der Lage sein würde, an der auf eine Stunde (9.30 Uhr bis 10.30 Uhr) anberaumten Verhandlung per Video-Übertragung aus dem Landgericht O. teilzunehmen. Ob dies nach dem von der Vorsitzenden Richterin vorsorglich angeforderten und von ihm nachgereichten amtsärztlichen Attest anders zu beurteilen wäre, in dem zwar die zeitnah behandlungsbedürftige Entzündung eines Backenzahns, nicht aber die vom Kläger noch in seinem Schriftsatz vom 29. April 2021 als Einschränkung seines Sprechvermögens geltend gemachte Gesichtsschwellung bestätigt und die Feststellung seiner Verhandlungsunfähigkeit stattdessen auf die Angabe des Klägers gestützt wird, er leide an anfallsartig stechenden Schmerzen und fühle sich aufgrund der von ihm in Selbstmedikation eingenommenen Schmerzmitteln stark gedämpft, bedarf keiner Entscheidung, da die fehlende Vertretung des Klägers im Termin - wie oben ausgeführt - auch dann keinen erheblichen Grund für eine Terminverlegung darstellt.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Der vom Kläger mit seinem Zulassungsantrag geltend gemachte Verstoß gegen § 112c Abs. 2 Satz 2 BRAO , § 116 Abs. 2 VwGO liegt - wie der Senat bereits im Zulassungsbeschluss vom 18. Mai 2020 ausgeführt hat - nicht vor. Die fünfwöchige Frist zur Übermittlung des Urteils an die Geschäftsstelle wurde gewahrt, da sie bei Gewährung einer Schriftsatzfrist gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO , § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 283 Abs. 1 Satz 1 ZPO erst mit Ablauf der eingeräumten Frist beginnt (vgl. BVerwGE 119, 329 , 339; Eyermann/Kraft, VwGO , 15. Aufl., § 116 Rn. 15), der Anwaltsgerichtshof dem Kläger mit am 28. Juni 2018 zugestellten Beschluss eine Frist von einer Woche zur Nachreichung eines Attests für seine krankheitsbedingte Verhinderung eingeräumt hat und das Urteil am 3. August 2018 an die Geschäftsstelle übermittelt worden ist.

2. Das angefochtene Urteil beruht auch nicht auf einer Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör.

Allerdings hat der Anwaltsgerichtshof den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt, indem er den Terminverlegungsantrag des Klägers trotz der vom Kläger fristgerecht nachgereichten ärztlichen Atteste für seine krankheitsbedingte Verhinderung im angefochtenen Urteil zurückgewiesen und die mündliche Verhandlung nicht wiedereröffnet hat. Insoweit verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 18. Mai 2020, mit dem er die Berufung des Klägers wegen dieses Verfahrensmangels zugelassen hat.

Dieser Fehler zwingt jedoch nicht zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils, da sich die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs in der Sache im Ergebnis als zutreffend erweist. Der Widerruf der Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO mit Bescheid vom 28. Juni 2017 ist auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens des Klägers in der Berufungsinstanz rechtmäßig.

a) Ein Vermögensverfall im Sinn von § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO wird ein Vermögensverfall kraft Gesetzes vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 InsO , § 882b ZPO ) eingetragen ist. Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall sind das Erwirken von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 29. April 2019 - AnwZ (Brfg) 21/19, juris Rn. 5; vom 13. August 2019 - AnwZ (Brfg) 42/19, juris Rn. 4 und vom 21. Oktober 2019 - AnwZ (Brfg) 32/19, ZInsO 2019, 2520 Rn. 5).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist nach der Rechtsprechung des Senats der Abschluss des behördlichen Widerrufsverfahrens, also der Erlass des Widerspruchsbescheids oder - wenn das nach neuem Recht grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfahren entbehrlich ist - der Ausspruch der Widerrufsverfügung; die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 9 ff.; vom 10. März 2014 - AnwZ (Brfg) 77/13, juris Rn. 3 mwN).

b) Danach befand sich der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufs seiner Zulassung am 28. Juni 2017 in Vermögensverfall. Da er zu diesem Zeitpunkt mit vier Eintragungen im Schuldnerverzeichnis eingetragen war, wird sein Vermögensverfall gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO kraft Gesetzes vermutet. Darüber hinaus sprechen für seinen Vermögensverfall die im Widerrufsbescheid und im angefochtenen Urteil aufgelisteten zahlreichen weiteren damaligen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn.

c) Entgegen der Ansicht des Klägers sind seine damaligen Eintragungen im Schuldnerverzeichnis trotz des zwischenzeitlichen Ablaufs der dreijährigen Löschungsfrist nach § 882e ZPO bei der gesetzlichen Vermutung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO zu berücksichtigen.

aa) Wie der Senat bereits unter der Geltung der Verfahrensordnung der Freiwilligen Gerichtsbarkeit ( FGG ) für das gerichtliche Verfahren bei verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen ausgeführt hat, wird die Vermutung des Vermögensverfalls durch die Löschung einer im Zeitpunkt des Widerrufs bestehenden Eintragung im Laufe des gerichtlichen Verfahrens nicht beseitigt, da bei der gerichtlichen Nachprüfung einer Rücknahme- oder Widerrufsverfügung der Verwaltungsbehörde grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihres Erlasses maßgeblich ist, wenn der Betroffene, wie hier, bei Wegfall des Rücknahme- oder Widerrufsgrundes einen erneuten Zulassungsantrag stellen kann (vgl. Senat, Beschluss vom 25. März 1991 - AnwZ (B) 80/90, NJW 1991, 2083 zu § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung). Darüber hinaus hat der Senat die bloße Löschung der Eintragungen auch nicht für ausreichend erachtet, um von einem zweifelsfreien, nach damaliger Rechtslage noch im laufenden Rechtsmittelverfahren berücksichtigungsfähigen nachträglichen Wegfall des Rücknahme- oder Widerrufsgrundes auszugehen, weil dies den Zweck der gesetzlichen Vermutung, die Feststellung des Vermögensverfalls zu erleichtern, in sein Gegenteil verkehren würde (Senat, Beschluss vom 25. März 1991 - AnwZ (B) 80/90, NJW 1991, 2083 , 2084 zu § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung).

Diese Erwägungen gelten nunmehr erst Recht, nachdem der Gesetzgeber das gerichtliche Verfahren bei verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen mit Wirkung zum 1. September 2009 weitgehend den Regeln der Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO ) unterstellt hat und damit für die vom Senat zuvor aus verfahrensökonomischen Erwägungen zugelassene ausnahmsweise Berücksichtigung eines zweifelsfreien nachträglichen Wegfalls des Rücknahme- oder Widerrufsgrunds kein Raum mehr ist (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 13 ff.).

bb) Der Einwand des Klägers, die der Löschungsfrist des § 882e ZPO zu entnehmende gesetzgeberische Wertung, dass nach Ablauf von drei Jahren dem Interesse des Schuldners an der Wiederherstellung seiner Bonität Vorrang vor der Warnung des geschäftlichen Verkehrs zu geben sei, sei unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung und des ordre public auch bei der Vermutungswirkung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO zu berücksichtigen, gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.

Der Gesetzgeber hat das gerichtliche Verfahren in verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen im Bewusstsein der besonderen Bedeutung der Entscheidungen über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und deren Widerruf ausdrücklich grundsätzlich den allgemeinen Regeln des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung unterworfen und verfahrens- oder prozessrechtliche Sonderbestimmungen nur noch insoweit treffen wollen, als sie aufgrund von Besonderheiten des Berufsrechts unbedingt erforderlich sind (Begründung des RegE eines Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, BT-Drucks. 16/11385, S. 28). Da er eine solche Sonderbestimmung für die Reichweite der gesetzlichen Vermutung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO nicht getroffen hat und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies auf einer planwidrigen Regelungslücke beruhen könnte, kommt die Annahme einer - vom Gesetzgeber offenbar nicht für erforderlich erachteten - Einschränkung der Vermutung durch Übertragung der den allgemeinen Löschungsfristen des § 882e ZPO zugrundeliegenden Interessengewichtung nicht in Betracht. Dem den Löschungsfristen des § 882e ZPO zugrundeliegenden Gedanken wird entgegen der Ansicht des Klägers dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass zwischenzeitlich gelöschte Eintragungen bei einem Wiederzulassungsantrag des Rechtsanwalts nicht mehr zu berücksichtigen sind.

cc) Die lange Dauer des Berufungszulassungsverfahrens gebietet ebenfalls keine andere Beurteilung.

(1) Der Kläger macht geltend, das Berufungszulassungsverfahren sei seit Mai 2019 mehrfach ohne sein Zutun rechtswidrig durch Verfahrensunterbrechungen nach § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO , § 173 Satz 1 VwGO , § 244 Abs. 1 ZPO verzögert worden; zum einen durch das gegen ihn verhängte, durch das Bundesverfassungsgericht wieder aufgehobene strafrechtliche vorläufige Berufsverbot des Amtsgerichts O. und zum anderen durch die von der Beklagten zwischenzeitlich angeordnete Anordnung der sofortigen Vollziehung des Zulassungswiderrufs vom 28. Juni 2017. Die dadurch verursachte unverhältnismäßige Verzögerung könne unter Berücksichtigung der Verfahrensgarantie des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK und der §§ 198 ff. GVG nur dadurch angemessen kompensiert werden, dass die zwischenzeitliche Löschung seiner Eintragungen im Schuldnerverzeichnis als Verfahrenshindernis gewertet werde.

(2) Dem ist bereits deshalb nicht zu folgen, weil die vom Kläger beanstandeten Verfahrensunterbrechungen keine unangemessene Verzögerung bewirkt haben, da der Kläger die lange Dauer des Verfahrens zu einem großen Teil mit zu verantworten hat.

Unangemessen lange dauert ein Gerichtsverfahren, wie sich aus § 112g Satz 1 BRAO i.V.m. § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ergibt, wenn seine Dauer nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter, nicht mehr zu rechtfertigen ist. Ob das der Fall ist, lässt sich nicht schematisch oder zahlenmäßig festlegen, sondern ist in umfassender Abwägung aller Gesichtspunkte im Einzelfall festzustellen (vgl. Schmidt-Räntsch in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 112g BRAO Rn. 10 f.).

Hier sind zwischen dem Antrag des Klägers vom 10. September 2018 auf Zulassung der Berufung und dem Zulassungsbeschluss des Senats vom 18. Mai 2020 20 Monate vergangen. Hiervon entfallen auf die Verfahrensunterbrechung durch das strafrechtliche vorläufige Berufsverbot 3 1/2 Monate (Anordnung am 9. April 2019, Aussetzung durch das Bundesverfassungsgericht am 19. Juli 2019) und durch die zwischenzeitliche Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Beklagte weitere 1 1/2 Monate (Anordnung am 23. Januar 2020, Aufhebung am 16. März 2020), mithin insgesamt rund 5 Monate.

Demgegenüber ist jedoch nicht nur zu berücksichtigen, dass es dem Kläger unbenommen gewesen wäre, diese Verfahrensunterbrechung durch Beauftragung eines anderen Rechtsanwalts mit seiner Vertretung zu beenden. Hinzu kommt, dass der Kläger selbst auch durch sein übriges Prozessverhalten erheblich zu der langen Verfahrensdauer beigetragen hat. So hat er seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Antragsbegründungsfrist auf den Hinweis des Senats vom 7. November 2018 erst nach wiederholter Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 26. Februar 2019, d.h. nach etwa 3 1/2 Monaten abschließend begründet. Nach Aussetzung der Vollziehung des strafrechtlichen vorläufigen Berufsverbots durch das Bundesverfassungsgericht am 19. Juli 2019 hat er die Aufnahme des Verfahrens erst nach wiederholter Aufforderung und letztlich Fristsetzung durch den Senat unter dem 28. November 2019 angezeigt und seinen Wiedereinsetzungs- und Berufungszulassungsantrag nach nochmals gewährter Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2019, mithin fast fünf Monate nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, ergänzend begründet. Auch nach Aufhebung der sofortigen Vollziehungsanordnung durch die Beklagte am 16. März 2020 hat der Kläger erst nach Fristsetzung durch den Senat am 5. Mai 2020, d.h. nach 1 1/2 Monaten die Aufnahme des Rechtsstreits erklärt.

Vor diesem Hintergrund ist durch die vom Kläger beanstandeten zwei Verfahrensunterbrechungen - ungeachtet der Frage ihrer Rechtmäßigkeit - jedenfalls keine unangemessen lange Verfahrensdauer bewirkt worden, die eine Kompensation in dem von ihm geltend gemachten Sinne gebietet.

d) Die weiteren Einwände des Klägers gegen das Eingreifen der Vermutung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO sind ebenfalls nicht begründet.

Die Vermutung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO kommt allerdings nicht zur Geltung, wenn die der Eintragung zugrundeliegenden Forderungen bereits im Zeitpunkt des Widerrufs nicht oder nicht mehr bestanden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. November 2002 - AnwZ (B) 18/01, NJW 2003, 577 ; vom 16. Oktober 2019 - AnwZ (Brfg) 28/19, juris Rn. 6; vom 11. Dezember 2019 - AnwZ (Brfg) 50/19, juris Rn. 20 und vom 16. Dezember 2019 - AnwZ (Brfg) 61/19, juris Rn. 9). Das hat der Kläger jedoch weder schlüssig dargetan noch belegt.

aa) Die pauschale Behauptung des Klägers, sämtliche von dem Obergerichtsvollzieher Bo. veranlassten Eintragungen im Schuldnerverzeichnis seien von Beginn an unberechtigt gewesen, weil ihm weder die zugrundeliegenden Ladungen zur Abgabe der Vermögensauskunft noch die Eintragungsanordnungen ordnungsgemäß zugestellt worden seien, reicht für die Annahme einer Löschungsreife wegen Unrichtigkeit (§ 882e Abs. 4 ZPO ) nicht aus. Hierfür hätte es der konkreten Darlegung bedurft, hinsichtlich welcher Eintragung es aus welchem Grund an einer ordnungsgemäßen Zustellung fehlen sollte. Entsprechender Vortrag wäre dem Kläger auch ohne Einsicht in die Vollstreckungsakten des Gerichtsvollziehers möglich gewesen, so dass seinem Antrag auf Beiziehung dieser Akten mangels substantiierten Vorbringens nicht nachzugehen war.

bb) Entsprechendes gilt für die Behauptung des Klägers, die den Eintragungen zugrundeliegenden Forderungen seien erledigt. Dass diese Forderungen bereits im Zeitpunkt des Widerrufs nicht oder nicht mehr bestanden hätten, hat der Kläger weder konkret dargetan noch belegt. Soweit er bereits in seiner Anhörung im Widerrufsverfahren mit Schriftsatz vom 31. Mai 2017 behauptet hat, die den ersten drei Eintragungen ( XXX , Gläubiger Dr. L. ; XXX , Gläubigerin RAK O. ; XXX , Gläubigerin H. AG) zugrundeliegenden Forderungen seien zwischenzeitlich ausgeglichen, hat er die von ihm hierzu angekündigten Nachweise weder bis zum Erlass des Widerrufsbescheids noch im weiteren Verfahren vorgelegt. Entsprechendes gilt für seine Behauptung in der Klagebegründung, die im Widerrufsbescheid aufgeführten Verbindlichkeiten seien vollständig beglichen und hinsichtlich der Eintragungen im Schuldnerverzeichnis werde binnen der nächsten drei Wochen eine Löschung erfolgen. Abgesehen davon, dass auch diesem Vortrag bereits der genaue Zeitpunkt der angeblichen Tilgung nicht zu entnehmen ist, hat der Kläger auch die in der Klagebegründung als Anlage K 1 benannte Aufstellung der Verbindlichkeiten und Zahlungsnachweise trotz wiederholter Aufforderung durch den Anwaltsgerichtshof nicht nachgereicht und auch im Berufungsverfahren nicht vorgelegt.

Der Kläger kann sich auch hier nicht darauf berufen, ihm sei der Nachweis des Ausgleichs der Gläubigerforderungen ohne Beiziehung der Vollstreckungsakten des Gerichtsvollziehers nicht möglich. Seine pauschale Behauptung, der Gerichtsvollzieher habe festgesetzte Kosten nicht selten und mutmaßlich mehrfach eingefordert, gesondert ausgewiesene festgesetzte Gerichtskosten regelmäßig den titulierten Gesamtforderungen hinzuaddiert und damit doppelt beigetrieben, entwertete Titel nicht herausgegeben, über die beigetriebenen Vollstreckungskosten nicht abgerechnet und ihm keinen Nachweis dafür gegeben, welche Beträge er tatsächlich an die Gläubiger ausgekehrt habe, reicht dafür nicht aus. Eine Beiziehung der Vollstreckungsakten des Gerichtsvollziehers wäre allenfalls dann geboten, wenn der Kläger seinerseits konkrete Angaben dazu gemacht hätte, welchen Betrag er wann auf welche Forderung gezahlt haben will, dies durch entsprechende Nachweise belegt hätte und damit zumindest konkrete Anhaltspunkte für eine vollständige Begleichung der den Eintragungen zugrundeliegenden Forderungen im maßgeblichen Zeitpunkt substantiiert dargetan hätte. Dies wäre dem Kläger auch ohne Einsicht in die Vollstreckungsakten möglich gewesen. Trotz wiederholter Hinweise auf die Notwendigkeit solcher Angaben sowohl durch die Beklagte als auch im Urteil des Anwaltsgerichtshofs hat er hierzu jedoch auch im Berufungsverfahren nicht konkret und unter Vorlage von Belegen vorgetragen.

cc) Ohne Erfolg bleibt schließlich der Einwand des Klägers, die den Eintragungen zugrundeliegenden Forderungen seien zum Teil bereits wegen ihrer geringen Höhe nicht geeignet, einen Vermögensverfall zu begründen. Vielmehr spricht - wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend ausgeführt hat - gerade auch der Umstand, dass der Kläger es sogar wegen vergleichsweise geringfügiger Forderungen zu Zwangsvollstreckungsmaßnahmen hat kommen lassen, für einen Vermögensverfall (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Juli 2015 - AnwZ (Brfg) 26/15, juris Rn. 3 und vom 30. Januar 2017 - AnwZ (Brfg) 61/16, juris Rn. 5).

e) Die danach für seinen Vermögensverfall im Zeitpunkt des Widerrufs sprechende gesetzliche Vermutung hat der Kläger nicht widerlegt.

Zur Widerlegung der Vermutung bei Eintragung in das Schuldnerverzeichnis hat der Rechtsanwalt ein vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und seiner Verbindlichkeiten vorzulegen und konkret darzulegen, dass seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse nachhaltig geordnet sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2019 - AnwZ (Brfg) 6/19, ZInsO 2020, 1127 Rn. 16 mwN).

Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Klägers nicht. Abgesehen davon, dass es - wie oben ausgeführt - bereits an einer konkreten und durch Unterlagen belegten Darlegung dazu fehlt, welche Forderungen gegen den Kläger im Zeitpunkt des Widerrufs bestanden und wie er sie damals zurückzuführen gedachte, hat der Kläger auch im Berufungsverfahren kein vollständiges und detailliertes Vermögensverzeichnis vorgelegt. Seine pauschalen, nicht durch Unterlagen belegten erstinstanzlichen Angaben zu seiner finanziellen Situation hat der Anwaltsgerichtshof zu Recht nicht als ausreichend angesehen:

Die Behauptung des Klägers, seinen privaten und beruflichen Fixkosten von 100.000 € im Jahr stünden Erlöse aus seiner anwaltlichen Tätigkeit von mindestens 220.000 € im Jahr sowie das Einkommen seiner Ehefrau in Höhe von 30.000 € im Jahr gegenüber, ist in keiner Weise belegt. Gleiches gilt für seine pauschal behaupteten fälligen Forderungen aus rechtlichen und steuerlichen Beratungsleistungen von annähernd 360.000 € und die von ihm dafür in Bezug genommene - aber nicht vorgelegte - Anlage K 2. Bestand, Berechtigung und Werthaltigkeit dieser Forderungen sind damit nicht überprüfbar. Gleiches gilt für den Wert der drei Springpferde, deren Halter der Kläger ist, den er mit ca. 30.000 € beziffert hat, zumal auch nicht ersichtlich oder dargetan ist, inwiefern es sich hierbei um liquide Vermögenswerte handelt (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 29. Juli 2016 - AnwZ (Brfg) 9/16, juris Rn. 7).

Darüber hinaus beschränkt sich das Vorbringen des Klägers auf eine Gegenüberstellung seiner Fixkosten mit seinem Einkommen und Vermögen, ohne dass die den Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zugrundeliegenden Forderungen darin erwähnt werden. Eine umfassende Darlegung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse unter Einbeziehung sämtlicher Verbindlichkeiten liegt danach nicht vor.

f) Unabhängig von der gesetzlichen Vermutung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO hat der Kläger außerdem die oben genannten Beweisanzeichen für seinen Vermögensverfall in Form der im Widerrufsbescheid aufgelisteten zahlreichen Zwangsvollstreckungsverfahren gegen ihn nicht entkräftet.

Voraussetzung dafür wäre eine umfassende Darlegung des Klägers, welche Forderungen im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheides gegen ihn bestanden und wie er sie - bezogen auf diesen Zeitpunkt - zurückführen oder anderweitig regulieren wollte (BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2019 - AnwZ (Brfg) 6/19, ZInsO 2020, 1127 Rn. 16 mwN). Auch dazu fehlt es an hinreichendem Vortrag des Klägers. Soweit er diesbezüglich in seiner Anhörung durch die Beklagte mit Schriftsatz vom 31. Mai 2017 behauptet hat, er werde das bevorstehende Pfingstwochenende einsetzen, um alle geforderten Zahlungsnachweise vorzulegen und etwa noch ausstehende Zahlungen bis zum 6. Juni 2017 nachzuholen, hat er dafür weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren weiter vorgetragen oder Belege vorgelegt. Auch in der Berufungsbegründung ist hierzu kein relevanter, geschweige denn belegter Vortrag erfolgt.

g) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls des Klägers die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet wären (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 1 BRAO ), liegen nicht vor.

aa) Mit dem Vermögensverfall des Rechtsanwalts ist nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck gekommenen Wertung des Gesetzgebers grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Diese Annahme ist regelmäßig schon im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern gerechtfertigt (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 8, st. Rspr.). Im vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden kann sie nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt die Feststellungslast trifft (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. April 2019 - AnwZ (Brfg) 3/19, ZInsO 2019, 1368 Rn. 6 und vom 27. August 2019 - AnwZ (Brfg) 35/19, ZInsO 2019, 2209 Rn. 21 f.). Die Annahme einer derartigen Sondersituation setzt zumindest voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 5. April 2019 - AnwZ (Brfg) 3/19, juris Rn. 6 ff. und vom 21. Dezember 2018 - AnwZ (Brfg) 33/18, juris Rn. 12). Diese Sicherungsmaßnahmen dienen nicht nur dem Schutz der Mandantengelder vor einem Zugriff durch den Rechtsanwalt als Schuldner, sondern zugleich dem Schutz vor einem Zugriff seitens seiner Gläubiger (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. April 2019 - AnwZ (Brfg) 3/19, ZInsO 2019, 1368 Rn. 10 und vom 27. August 2019 - AnwZ (Brfg) 35/19, ZInsO 2019, 2209 Rn. 22).

bb) Entsprechende Sicherungsmaßnahmen hat der Kläger nicht dargetan. Nach den vorliegenden Unterlagen war und ist der Kläger als Einzelanwalt tätig. Seine Behauptung im Schriftsatz vom 31. Mai 2017, dass er kein Fremdgeld verwalte und nicht beauftragt sei, Forderungen von Mandanten auf Fremdgeldkonten einzuziehen, reicht ebenso wie seine weitere Behauptung, aufgrund seiner aktuellen Mandantenstruktur sei eine Gefährdung der Interessen Rechtsuchender auch in Zukunft ausgeschlossen, für die Annahme eines Ausnahmefalls nicht aus. Rechtliche Sicherungsmaßnahmen hat der Kläger, wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend ausgeführt hat, damit weder für den damaligen Zeitpunkt noch für heute dargetan.

Darüber hinaus hat der Anwaltsgerichtshof zu Recht darauf verwiesen, dass es in der Vergangenheit bereits zu einer konkreten Gefährdung von Mandantengeldern gekommen ist, da in vier Vollstreckungsverfahren bereits Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse erlassen wurden, mit denen auf Konten des Klägers zugegriffen wurde. Die vom Kläger vermisste Zuordnung dieser Vollstreckungsverfahren ist dem Widerrufsbescheid der Beklagten unschwer zu entnehmen: Es handelt sich um die Forderung Nr. 8 und Nr. 9 der Gläubiger V. und B. , aufgrund derer das Konto des Klägers bei der O. L. AG gepfändet wurde, und um zwei Forderungen der Gläubigerin Be. , die zu Pfändungen der Konten des Klägers bei der D. AG und der O. L. AG führten. Auf die außerdem im Widerrufsbescheid genannten steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren und die strafrechtliche Anklage des Klägers wegen Untreue zum Nachteil seiner Mandanten in zwei Fällen kommt es damit nicht mehr an.

III.

Die Berufung des Klägers ist danach durch den Senat zurückzuweisen. Der Senat hat nach § 112e Satz 2 BRAO i.V.m. § 130 Abs. 1 VwGO selbst in der Sache zu entscheiden, da die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung nach § 130 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Der Anwaltsgerichtshof hat in der Sache selbst entschieden (§ 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ). Das erstinstanzliche Verfahren leidet zwar an einem wesentlichen Mangel, der aber keine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme erforderlich macht (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ). Der Kläger hatte auch im Berufungsverfahren ausreichend Gelegenheit, zur Sache vorzutragen und zum Urteil des Anwaltsgerichtshofs Stellung zu nehmen. Eine weitere, gar aufwändige Sachaufklärung war danach - wie oben ausgeführt - nicht geboten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO , § 154 Abs. 2 VwGO . Die Streitwertfestsetzung erfolgt nach § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO .

Verkündet am: 3. Mai 2021

Vorinstanz: AnwGH Niedersachsen, vom 10.08.2018 - Vorinstanzaktenzeichen AGH 18/17 (II 16/1)