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BGH - Entscheidung vom 29.04.2021

5 StR 92/21

Normen:
StPO § 349 Abs. 2
StGB § 64

BGH, Beschluss vom 29.04.2021 - Aktenzeichen 5 StR 92/21

DRsp Nr. 2021/8912

Unterbringung in einer Entziehungsanstalt

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 28. August 2020 aufgehoben, soweit von der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Normenkette:

StPO § 349 Abs. 2 ; StGB § 64 ;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Das auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Rechtsmittel des Angeklagten hat im Umfang der Beschlussformel Erfolg. Im Übrigen ist seine Revision im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB abgelehnt. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt:

Die Verneinung eines Hangs des Angeklagten zumindest zum übermäßigen Konsum von Alkohol hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Das Landgericht hat zwar im Ausgangspunkt seiner Überlegungen auf die zutreffende Definition abgestellt. Im Weiteren offenbart es jedoch ein zu enges Verständnis an die an den Hang zu stellenden Anforderungen. Wenngleich erhebliche Beeinträchtigungen der Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betreffenden indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hangs haben können, schließt deren Fehlen nicht notwendigerweise die Annahme eines Hangs aus (BGH, Beschluss vom 19. Februar 2020 – 3 StR 415/19). Nicht vorhandene ausgeprägte Entzugssyndrome sowie Intervalle der Abstinenz stehen der Annahme eines Hangs ebenso wenig entgegen (BGH, a.a.O.).

Vor diesem Hintergrund hätte das Landgericht nicht allein die vorbezeichneten Umstände, sondern vornehmlich den inzwischen über Jahre andauernden und in der Regel mit einer erheblichen Intoxikation einhergehenden Alkoholkonsum des Angeklagten als solchen mehr in den Blick nehmen müssen. Angesichts der dahingehenden Feststellungen, die bereits die Einordnung als Alkoholmissbrauch erlauben, liegt die Annahme eines Hangs zum übermäßigen Konsum von Alkohol mehr als nahe (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Januar 2010 – 5 StR 510/09).

Dem schließt sich der Senat an. Das Urteil beruht auf dem Rechtsfehler, denn der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Prüfung eines Hangs zur Anordnung der Unterbringung nach § 64 StGB gelangt wäre. Die weiteren Voraussetzungen sind nicht von vornherein zu verneinen. Insbesondere lässt sich die Gefahr, dass der Angeklagte weitere erhebliche, der Anlasstat ähnliche Taten begeht, nicht ausschließen.

Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, steht dieser Entscheidung nicht entgegen (vgl. § 358 Abs. 2 Satz 3 StPO ). Er hat trotz entsprechenden Hinweises (vgl. bereits Antragsschrift des Generalbundesanwalts) die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt auch nicht von seinem Revisionsangriff ausgenommen.

Die Aufhebung des Maßregelausspruchs berührt den Strafausspruch nicht. Die Feststellungen können bestehen bleiben, weil diese rechtsfehlerfrei getroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO ); sie dürfen um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.

Vorinstanz: LG Berlin, vom 28.08.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 236 Js 1973/20