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BGH - Entscheidung vom 13.04.2021

RiZ 2/16

Normen:
ZPO § 42 Abs. 2
DRiG § 66 Abs. 1 S. 1
VwGO § 54 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 13.04.2021 - Aktenzeichen RiZ 2/16

DRsp Nr. 2021/7923

Unbegründeter Ablehnungsgesuch gegen einen Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit wegen Eigenbetroffenheit und angeblicher Aktenverfälschung; Keine Rechtsverletzung bei Befolgen der Anordnung des Geschäftsverteilungsplans durch den Senatsvorsitzenden und Ausüben der Vorsitzendentätigkeit mit dessen Inkrafttreten

1. Geschäftsverteilungspläne sind inhaltlich nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar, da sie vom Präsidium in richterlicher Unabhängigkeit sowie in Ausübung eines weiten Einschätzungs- und Prognosespielraums gestaltet werden. Dieser Spielraum ist erst überschritten, wenn für die Entscheidung kein sachlicher Grund ersichtlich ist und die Verteilung der Geschäfte maßgeblich durch sachfremde Erwägungen geprägt, also die Grenze zur objektiven Willkür überschritten ist.2. Das Vorrangprinzip in der Geschäftsverteilung des Bundesgerichtshofs besagt nicht, dass bei einer Neuverteilung der richterlichen Geschäfte das Dienstgericht des Bundes Vorrang vor sonstigen Senaten hätte, sondern nur, dass bei einer aufgrund einer geltenden Geschäftsverteilung auftretenden Kollision die Tätigkeit im Dienstgericht des Bundes gegenüber derjenigen in den hiervon erfassten anderen Senaten des Bundesgerichtshofs vorrangig ist.3. Die dienstliche Äußerung nach § 44 Abs. 3 ZPO istkeine Pflicht, die einem abgelehnten Richter gerade gegenüber dem die Äußerung anfordernden Richter obliegt, sondern sie entspricht dessen allgemeiner Dienstpflicht.

Tenor

Die Ablehnungsgesuche der Antragstellerin gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Pamp, den Vorsitzenden Richter am Bundesfinanzhof Prof. Dr. Schneider, den Richter am Bundesfinanzhof Prof. Dr. Nöcker, die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Mayen und den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dose werden als unzulässig verworfen.

Das Ablehnungsgesuch der Antragstellerin gegen die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Menges wird für unbegründet erklärt.

Normenkette:

ZPO § 42 Abs. 2 ; DRiG § 66 Abs. 1 S. 1; VwGO § 54 Abs. 1 ;

Gründe

I.

Die Antragstellerin, Richterin am Bundesfinanzhof, hat in einem bei dem Senat anhängigen Prüfungsverfahren mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2020 die Senatsvorsitzende und die Berichterstatterin sowie den geschäftsplanmäßigen ersten Vertreter der Vorsitzenden jeweils wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das auf den Vertreter der Vorsitzenden bezogene Ablehnungsgesuch hat sie mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2020 ergänzt. Die Berichterstatterin hat sich am 20. November 2020 zu dem gegen sie gerichteten Ablehnungsgesuch dienstlich geäußert. Diese dienstliche Äußerung ist der Antragstellerin zweimal übersandt worden.

Aufgrund des Geschäftsverteilungsplans des Bundesgerichtshofs für das Geschäftsjahr 2021 ist die Vorsitzende aus dem Senat ausgeschieden und Vorsitzendem Richter am Bundesgerichtshof Pamp ist der Senatsvorsitz übertragen worden. Dieser hat die Antragstellerin mit Verfügung vom 10. Februar 2021 auf die geänderte Senatsbesetzung sowie darauf hingewiesen, dass Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der gegen die ehemalige Senatsvorsitzende und deren Stellvertreter gerichteten Ablehnungsgesuche bestünden. Daraufhin hat die Antragstellerin den neuen Senatsvorsitzenden mit Schriftsatz vom 9. März 2021 ebenfalls abgelehnt und zugleich auch Ablehnungsgesuche gegen Vorsitzenden Richter am Bundesfinanzhof Prof. Dr. Schneider und Richter am Bundesfinanzhof Prof. Dr. Nöcker angebracht.

Auf die bezeichneten Schriftsätze der Antragstellerin sowie auf die dienstliche Äußerung der Berichterstatterin wird in vollem Umfang Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die Ablehnungsgesuche unter Beteiligung des Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof Pamp, des Vorsitzenden Richters am Bundesfinanzhof Prof. Dr. Schneider und des Richters am Bundesfinanzhof Prof. Dr. Nöcker. Trotz der gegen diese angebrachten Ablehnungsgesuche sind sie nicht nach § 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG , § 54 Abs. 1 VwGO , § 45 Abs. 1 ZPO von der Mitwirkung ausgeschlossen, weil die Gesuche offensichtlich unzulässig sind. Sie enthalten lediglich Ausführungen, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind (vgl. BVerfG NJW 2018, 3438 Rn. 1 mwN und Beschluss vom 6. Oktober 2020 - 2 BvC 32/19 - juris Rn. 8; vgl. auch BGH Beschluss vom 8. Juli 2015 - XII ZA 34/15 - FamRZ 2015, 1698 Rn. 2 mwN).

1. Hinsichtlich des Vorsitzenden Richters am Bundesfinanzhof Prof. Dr. Schneider und des Richters am Bundesfinanzhof Prof. Dr. Nöcker hat die Antragstellerin ihre Ablehnungsgesuche allein auf deren Mitwirkung an den im vorliegenden Verfahren ergangenen Senatsentscheidungen vom 27. März 2019 (NJW -RR 2019, 883 ) und vom 31. Oktober 2019 (juris) gestützt, mit denen unter anderem frühere Ablehnungsgesuche der Antragstellerin bzw. deren Anhörungsrüge zurückgewiesen wurden. Die Beteiligung an derartigen Vorentscheidungen kann jedoch ohne Hinzutreten weiterer Gründe die Besorgnis der Befangenheit nicht begründen (BGH Beschluss vom 8. Mai 2014 - 1 StR 726/13 - NJW 2014, 2372 Rn. 12; vgl. auch BVerfG Beschluss vom 6. Oktober 2020 - 2 BvC 32/19 - juris Rn. 11 mwN). Solche Gründe hat die Antragstellerin nicht benannt, sondern lediglich die von ihr behauptete "Aktenverfälschung" angeführt, mit der sich der Senat bereits im Beschluss vom 27. März 2019 (NJW -RR 2019, 883 Rn. 21 ff.) auseinandergesetzt hat. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die gegen die beiden Senatsbeschlüsse gerichtete Verfassungsbeschwerde der Antragstellerin inzwischen mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2021 ( 2 BvR 2143/19), beim Bundesgerichtshof eingegangen am 18. Februar 2021, nicht zur Entscheidung angenommen worden ist.

2. Aber auch die Ausführungen der Antragstellerin zur Besorgnis einer Befangenheit des Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof Pamp können einen Befangenheitsgrund im Sinne des § 42 Abs. 2 ZPO schon im Ansatz nicht aufzeigen.

a) Das gilt zum einen, soweit die Antragstellerin geltend macht, der abgelehnte Richter sei durch den Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs für das Geschäftsjahr 2021 in verfassungswidriger Weise als Senatsvorsitzender bestellt worden. Denn damit wird kein Befangenheitsgrund bezeichnet, sondern allenfalls eine Besetzungsrüge erhoben, die zudem ersichtlich ins Leere geht.

aa) Zwar ist richtig, dass mit dem diese Geschäftsverteilung vornehmenden Beschluss des Präsidiums des Bundesgerichtshofs ein Wechsel im Senatsvorsitz erfolgt ist, obwohl die sich aktuell noch bis Ende 2021 erstreckende Fünf-Jahres-Frist des § 61 Abs. 3 Satz 1 DRiG , nach dem das Präsidium des Bundesgerichtshofs den Vorsitzenden und die Beisitzer sowie deren Vertreter für fünf Geschäftsjahre bestimmt, nicht abgelaufen war. Auch während dieser Frist sind aber Änderungen des Geschäftsverteilungsplans jedenfalls auf dahingehendes Ersuchen eines noch dem Dienstgericht des Bundes zugewiesenen Richters entsprechend den Voraussetzungen möglich, unter denen § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG Anordnungen des Präsidiums zur Geschäftsverteilung im Laufe eines Geschäftsjahres gestattet (vgl. Senatsbeschluss vom 12. September 2018 - RiZ 2/16 - NJW-RR 2019, 123 Rn. 3 mwN). Denn das Präsidium muss auch für das Dienstgericht des Bundes auf bei der ursprünglichen Geschäftsverteilung unvorhergesehene Entwicklungen reagieren können, um eine ordnungsgemäße Senatsbesetzung und damit die Rechtsgewährung durch diesen Spruchkörper sicherzustellen.

bb) Geschäftsverteilungspläne sind inhaltlich nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar, da sie vom Präsidium in richterlicher Unab hängigkeit sowie in Ausübung eines weiten Einschätzungs- und Prognosespielraums gestaltet werden. Dieser Spielraum ist erst überschritten, wenn für die Entscheidung kein sachlicher Grund ersichtlich ist und die Verteilung der Geschäfte maßgeblich durch sachfremde Erwägungen geprägt, also die Grenze zur objektiven Willkür überschritten ist (BGH Beschluss vom 11. Januar 2012 - 2 StR 346/11 - NStZ 2012, 406 mwN; Stein/Jonas/Jacobs ZPO 23. Aufl. § 21e GVG Rn. 35).

cc) Dies ist jedoch selbst bei Zugrundelegung des von der Antragstellerin gehaltenen Vortrags ausgeschlossen.

(1) Sie hat den entsprechenden Auszug aus dem Protokoll der Präsidiumssitzung vom 19. November 2020 vorgelegt, die dem Beschluss über die Jahresgeschäftsverteilung für 2021 vorherging. Aus diesem ergibt sich, dass die Senatsvorsitzende aus gesundheitlichen Gründen mit näher bezeichneten Auswirkungen auf ihre dienstliche Tätigkeit darum ersucht hatte, vorzeitig aus dem Dienstgericht des Bundes auszuscheiden, und das Präsidium diesem Wunsch entsprochen hat. Mithin war die Entscheidung des Präsidiums von einem sachlichen Grund getragen und damit fern objektiver Willkür.

(2) Die von der Antragstellerin insoweit erhobenen Einwände stellen sich teilweise als reine Spekulation und teilweise als unbeachtliche Kritik an der Ermessensausübung des Präsidiums dar, so dass sie evident ungeeignet sind, eine Unwirksamkeit des Präsidiumsbeschlusses aufzudecken.

Ihre Ausführungen dazu, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei dem Präsidiumsbeschluss um eine verfassungswidrige Manipulation des gesetzlichen Richters handele, entbehren einer Tatsachengrundlage. Ebenso verhält es sich mit der Erwägung, als Beweggrund für diese Geschäftsverteilungsänderung liege nahe, ihr - der Antragstellerin - hätte dadurch das Rechtsschutzinteresse für bereits gestellte Ablehnungsgesuche genommen werden sollen. Insoweit ist schlicht kein Zusammenhang zwischen der von ihr erneut mehrfach behaupteten "Aktenverfälschung" und dem Präsidiumsbeschluss erkennbar.

Dass die Antragstellerin die Auffassung vertritt, ein objektiver Grund für den Wechsel im Senatsvorsitz sei - trotz der zitierten Protokollpassage - nicht ersichtlich, stellt lediglich eine von der Einschätzung des Präsidiums abweichende Meinung dar, die für die Beurteilung der Wirksamkeit des Präsidiumsbeschlusses nicht maßgeblich ist. Einer dienstlichen Erklärung der ehemaligen Senatsvorsitzenden hierzu bedurfte es - anders als die Antragstellerin meint - ebenso wenig wie weiterer Darlegungen der Präsidentin des Bundesgerichtshofs zum "regelkonformen Verfahrensablauf" im Präsidium. Nicht erkennbar ist zudem, inwiefern der von der Antragstellerin angeführte Umstand, dass der neue Senatsvorsitzende mehrere Jahre lang Präsidialrichter war, der Wirksamkeit der Präsidiumsentscheidung entgegenstehen könnte. Gleiches gilt dafür, dass - natürlich - auch das vorliegende Verfahren von dem Vorsitzendenwechsel betroffen sein würde, und für ihre Überlegung, der Wechsel im Vorsitz sei nicht notwendig gewesen, weil ohnehin zwei Vertreter für den Vorsitz bestellt gewesen seien.

Das von ihr angeführte Vorrangprinzip in der Geschäftsverteilung des Bundesgerichtshofs (vgl. B. VI. 1. a des Geschäftsverteilungsplans) besagt nicht, dass bei einer Neuverteilung der richterlichen Geschäfte das Dienstgericht des Bundes Vorrang vor sonstigen Senaten hätte, sondern nur, dass bei einer aufgrund einer geltenden Geschäftsverteilung auftretenden Kollision die Tätigkeit im Dienstgericht des Bundes gegenüber derjenigen in den hiervon erfassten anderen Senaten des Bundesgerichtshofs vorrangig ist.

Von vorneherein ohne Erfolg bleibt weiter der Einwand der Antragstellerin, die ehemalige Senatsvorsitzende und deren Stellvertreter seien als Präsidiumsmitglieder wegen Eigenbetroffenheit von der Mitwirkung an dem - übrigens entgegen der Behauptung der Antragstellerin als Jahresgeschäftsverteilungsplan auf der Homepage des Bundesgerichtshofs veröffentlichten - Präsidiumsbeschluss ausgeschlossen gewesen. Eine Ausschließung von Mitgliedern des Präsidiums ist gesetzlich nicht vorgesehen und mit Blick auf § 21a Abs. 2 , § 21e Abs. 1 Satz 3 GVG auch nicht möglich (vgl. Kissel/Mayer GVG 10. Aufl. § 21e Rn. 68 mwN). Das erhellt sich im Übrigen gerade in Fällen, in denen es - wie hier - um die Jahresgeschäftsverteilung geht, die zwangsläufig sämtliche Mitglieder des Präsidiums als Selbstverwaltungsorgan betrifft, weil sie zugleich am Bundesgerichtshof tätige Richter sind. Bereits deshalb kann auch die weitere Beanstandung der Antragstellerin nicht verfangen, die Präsidentin des Bundesgerichtshofs habe "wegen offensichtlichen Eigeninteresses und nach Aktenlage nachgewiesener Voreingenommenheit gegenüber der Antragstellerin" von der Entscheidung über die Jahresgeschäftsverteilung ausgeschlossen werden müssen. Dies gilt unbeschadet dessen, dass es sich in soweit um eine - wesentlich wieder auf die behauptete "Aktenverfälschung" gestütz te - substanzlose Behauptung handelt und es bei diesem Präsidiumsbeschluss nicht um die Antragstellerin und das sie betreffende Verfahren ging, sondern um die Verteilung der gesamten richterlichen Geschäfte des Bundesgerichtshofs für das Jahr 2021.

Schließlich hat auch der Umstand, dass in dem Präsidiumsbeschluss die Besetzung des Dienstgerichts des Bundes für den Zeitraum 2017 bis 2021 genannt ist (vgl. B. V. 2. des Geschäftsverteilungsplans für das Geschäftsjahr 2021), keinen Einfluss auf dessen Wirksamkeit. Die von der Antragstellerin geäußerte Mutmaßung, damit solle der Wechsel im Vorsitz des Dienstgerichts des Bundes "in sachfremder Weise (…) verborgen" werden, entbehrt schon angesichts der Tatsache, dass auch die Geschäftsverteilungsbeschlüsse der Vorjahre nach wie vor über die Homepage des Bundesgerichtshofs abgerufen werden können, ersichtlich jeder Grundlage.

b) Die von der Antragstellerin aufgeführten Umstände sind zum anderen untauglich, um eine individuelle Voreingenommenheit des Senatsvorsitzenden als Grund im Sinne des § 42 Abs. 2 ZPO darzutun.

Eine derartige Befangenheit kann sich schon im Ansatz nicht daraus ergeben, dass der Senatsvorsitzende die Anordnung des Geschäftsverteilungsplans befolgt und mit dessen Inkrafttreten die Vorsitzendentätigkeit ausgeübt hat (vgl. etwa Stein/Jonas/Jacobs ZPO 23. Aufl. § 21e GVG Rn. 35). Soweit die Antragstellerin auch insoweit auf die behauptete "Aktenverfälschung" abhebt, ist kein Bezug zu dem abgelehnten Richter ersichtlich.

Ebenso gänzlich ungeeignet, einen Grund für die Besorgnis der Befangenheit des Senatsvorsitzenden aufzuzeigen, sind die Ausführungen der Antragstellerin dazu, dieser sei unbefugt zur Unzeit tätig geworden und habe Hinweispflichten verletzt. Mit Übernahme des Senatsvorsitzes am 1. Januar 2021 war nur noch Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Pamp zur Ausübung der Vorsitzendentätigkeit berufen; ein Vertretungsfall lag damit nicht mehr vor. Eine gegenüber der Antragstellerin vorzunehmende Erläuterung über die Gründe des Wechsels im Vorsitz hatte durch ihn gerade nicht zu erfolgen. Vielmehr stand der Antragstellerin die Möglichkeit offen, sich hierzu an die Präsidentin des Bundesgerichtsh ofs als Vorsitzende des den Wechsel anordnenden Präsidiums zu wenden, wovon sie mit der von ihr erwähnten Anfrage vom 29. Januar 2021 offenbar auch erfolgreich Gebrauch gemacht hat. Ein Stillhaltegebot für den Senatsvorsitzenden bis zur Beantwortung dieser Anfrage bestand nicht, sondern es entsprach seiner - selbstverständlichen und von der Antragstellerin in anderen Zusammenhängen immer wieder betonten - Pflicht, das Verfahren zu fördern. Ohne tragfähige Grundlage sind auch die Erwägungen der Antragstellerin zu einem Zusammenhang zwischen der Nichtannahme ihrer Verfassungsbeschwerde durch das Bundesverfassungsgericht und der Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 10. Februar 2021. Ihre spekulative Mutmaßung, diesem sei der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts bereits bekannt gewesen, wird nicht nur dadurch widerlegt, dass der Beschluss erst am 18. Februar 2021 beim Bundesgerichtshof eingegangen ist. Es besteht insoweit auch kein erkennbarer inhaltlicher Zusammenhang, weil es eine Pflicht zur Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht gab. Wenn die Antragstellerin aus all dem ableiten will, dass der Senatsvorsitzende einen Informationsvorsprung unfair für eine "Fallenstellerei" zu ihrem Nachteil ausgenutzt habe, ist das ebenso wenig nachvollziehbar wie ihre Schlussfolgerung, die Vorgänge begründeten "den Verdacht einer beabsichtigten Manipulation des gesetzlichen Richters durch Herrn VRiBGH Pamp persönlich".

Soweit die Antragstellerin schließlich einen Befangenheitsgrund daraus entnehmen will, dass die Anrede in dem Anschreiben des Vorsitzenden vom 10. Februar 2021 ihre Berufsbezeichnung nicht beinhaltet, sondern "Sehr geehrte Frau Professor Dr." lautet, geht das ebenfalls in evidenter Weise fehl. Die von ihr vermutete Diskriminierung durch Weglassen ihrer Berufsbezeichnung ist gänzlich fernliegend. Vielmehr wird diese Anrede ohne weiteres allen Anforderungen an Form und Höflichkeit gerecht.

c) Zuletzt können auch die Ausführungen, mit denen die Antragstellerin unter der Überschrift "institutionelle Voreingenommenheit" ein "Eigeninteresse" des Senatsvorsitzenden geltend macht, eine Besorgnis der Befangenheit von vorneherein nicht begründen. Sie will dabei aus den ihrer Meinung nach unzutreffenden früheren, ohne Beteiligung des jetzigen Senatsvorsitzenden ergangenen Senatsentscheidungen in dieser Sache auf dessen Interesse "an einer Verschleierung und Vertuschung dieser unvertretbaren Geschehnisse beim Richterdienstgericht des Bundes" schließen. Das ist ohne jede Substanz.

III.

Die Ablehnungsgesuche gegen die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Mayen und den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dose sind unzulässig, weil es der Antragstellerin insoweit am Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Beide sind nicht (mehr) mit dem Ve rfahren befasst. Dass Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dose als Vertreter des Vorsitzenden in Zukunft unter Umständen erneut in dieser Sache zur Mitwirkung berufen sein kann, eröffnet der Antragstellerin keine - gewissermaßen vorbeugende - gegenwärtige Ablehnungsmöglichkeit (vgl. etwa BVerfG Beschluss vom 6. Oktober 2020 - 2 BvC 32/19 - juris Rn. 10 mwN; BGH Beschlüsse vom 27. Oktober 2015 - LwZB 1/15 - NJW-RR 2016, 127 Rn. 5 f.; vom 21. Februar 2011 - II ZB 2/10 - NJW 2011, 1358 Rn. 10 f. und vom 29. Januar 2003 - IX ZR 137/00 - WM 2003, 847 ; BFH Beschluss vom 14. Juli 1995 - X B 330/94 - NJW-RR 1996, 57 f.; BeckOK ZPO/Vossler [Stand: 1. März 2021] § 44 Rn. 10; Musielak/Voit/Heinrich ZPO 18. Aufl. § 44 Rn. 5).

IV.

Das Ablehnungsgesuch gegen die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Menges (Berichterstatterin) ist jedenfalls unbegründet. Die von der Antragstellerin angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen nicht die Besorgnis der Befangenheit nach § 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG , § 54 Abs. 1 VwGO , § 42 Abs. 2 ZPO . Diese besteht, wenn aus der Sicht eines Verfahrensbeteiligten bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 22. November 2017 - RiZ 2/16 - juris Rn. 4 mwN). Das ist hier nicht der Fall.

1. Die Berichterstatterin hat sich zu dem Ablehnungsgesuch dienstlich geäußert im Sinne des § 44 Abs. 3 ZPO . Die Antragstellerin hatte Gelegenheit zur Stellungnahme, von der sie - was ihr unbenommen ist - trotz ausreichender Gelegenheit keinen Gebrauch gemacht hat. Ihre hierfür abgegebene Begründung, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass diese von Vorsitzendem Richter am Bundesgerichtshof Dose ihrer Ansicht nach aufgrund Unzuständigkeit zu Unrecht angeforderte dienstliche Äußerung "ggf. unter einem anderen Vorsitz abweichend gefasst worden" wäre, ist rechtsirrig. Dies folgt bereits daraus, dass die dienstliche Äußerung nach § 44 Abs. 3 ZPO keine Pflicht ist, die einem abgelehnten Richter gerade gegenüber dem die Äußerung anfordernden Richter obliegt, sondern dessen allgemeiner Dienstpflicht entspricht. Dieser hat die Berichterstatterin genügt.

2. Die von der Antragstellerin auch insoweit herangezogenen Senatsbeschlüsse vom 27. März 2019 und vom 31. Oktober 2019 sind zur Darlegung der Besorgnis der Befangenheit der Berichterstatterin - die an diesen Beschlüssen zudem nicht mitgewirkt hat - nicht geeignet. Gleiches gilt zum einen für die erneut angebrachten Vorwürfe einer "Aktenver fälschung" und deren "Verschleierung", für die der Senat auf seine Ausführungen im Beschluss vom 27. März 2019 ( RiZ 2/16 - NJW-RR 2019, 883 Rn. 21 ff.) Bezug nimmt. Zum anderen sind auch die Erwägungen der Antragstellerin zu dem verfassungsgerichtlichen Verfahren und dazu, dass beide genannten Senatsbeschlüsse "auf einer willkürlichen Heranziehung des gesetzlichen Richters beruhen", substanzlos und zudem ohne Bezug zur Frage einer (Un-)Voreingenommenheit der Berichterstatterin.

3. Auch die weiteren Ausführungen der Antragstellerin begründen nicht die Besorgnis der Befangenheit der Berichterstatterin. Aus den von der Antragstellerin unter Verweis auf die nunmehr bald fünfjährige Verfahrensdauer als Befangenheitsgrund angeführten und nicht mit tragfähigen Tatsachen unterlegten Punkten "überlange Verfahrensdauer", "Missachtung des Beschleunigungsgebots" und "gezielte Aushöhlung des (…) effektiven Rechtsschutzes" kann unbeschadet dessen, dass diese Vorwürfe der Sache nach unzutreffend sind, eine Besorgnis im Sinne des § 42 Abs. 2 ZPO hinsichtlich der Berichterstatterin nicht abgeleitet werden. Ebenso verhält es sich mit den Hinweisen der ehemaligen Senatsvorsitzenden zur Zulässigkeit der Prüfanträge, die diese in der Terminsverfügung vom 9. September 2020 für die vorgesehene mündliche Verhandlung vom 24. November 2020 erteilt hatte, zumal diese Hinweise einer sachgerechten Sitzungsvorbereitung dienten. Anders als die Antragstellerin offensichtlich meint, war ihr mit der Verfügung insoweit auch keine Frist gesetzt worden. Vielmehr bezog sich die Drei-Wochen-Frist klar erkennbar auf andere in der Verfügung angesprochene Punkte, nämlich etwa die Bitte um Mitteilung, sofern Einsicht in die Senatsakten genommen werden solle. Auch diese - in keiner Weise sachwidrige - Bitte lässt entgegen der Auffassung der Antragstellerin keinen Rückschluss auf eine Besorgnis der Befangenheit seitens der Berichterstatterin zu.