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BGH - Entscheidung vom 18.05.2021

VI ZR 486/20

Normen:
ZPO § 552a
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 826

BGH, Beschluss vom 18.05.2021 - Aktenzeichen VI ZR 486/20

DRsp Nr. 2021/12335

Schadensersatzbegehren gegen den Fahrzeughersteller wegen Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung; Zurückweisung der Revision

1. Im Hinblick auf Schadensersatzansprüche aus § 826 BGB wegen Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung im sogenannten Abgasskandal war bereits die Ad-hoc-Mitteilung des VW-Konzerns vom 22. September 2015 objektiv geeignet, das Vertrauen potentieller Käufer von Gebrauchtwagen mit VW-Dieselmotoren des Typs EA189 in eine vorschriftsgemäße Abgastechnik zu zerstören, diesbezügliche Arglosigkeit also zu beseitigen. Aufgrund der Verlautbarung und ihrer als sicher vorherzusehenden medialen Verbreitung war typischerweise nicht mehr damit zu rechnen, dass Käufer von gebrauchten VW-Fahrzeugen mit Dieselmotoren der Baureihe EA189 die Erfüllung der maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben noch als selbstverständlich voraussetzen würden. Für das bewusste Ausnutzen einer diesbezüglichen Arglosigkeit dieser Käufer war damit kein Raum mehr; hierauf konnte das geänderte Verhalten des VW-Konzerns nicht mehr gerichtet sein.2. Den VW-Konzern traf zur Vermeidung des Sittenwidrigkeitsvorwurfs nicht die Verpflichtung, jeden potentiellen Käufer über die für seine Kaufentscheidung wesentlichen Gesichtspunkte und die Mängel des Kaufgegenstands vollständig aufzuklären.3. Die Verwerflichkeit des Verhaltens des VW-Konzerns setzte sich auch nicht deshalb in lediglich veränderter Form fort, weil er mit dem Software-Update eine neue unzulässige Abschalteinrichtung implementiert haben soll. Das wäre nur dann der Fall, wenn zu dem - hier unterstellten - Verstoß gegen Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 im Zusammenhang mit der Entwicklung und Genehmigung des Software-Updates weitere Umstände hinzuträten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen. Dies setzt jedenfalls voraus, dass diese Personen bei der Entwicklung und/oder Applikation der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine (weitere) unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, ist der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt.

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 20. Februar 2020 durch einstimmigen Beschluss gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.

Normenkette:

ZPO § 552a; BGB § 823 Abs. 1 ; BGB § 826 ;

Gründe

I.

Der Kläger nimmt den beklagten Fahrzeughersteller auf Schadensersatz wegen Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung in Anspruch.

Der Kläger erwarb am 28. September 2016 von einem Dritten einen gebrauchten Audi Q5 2.0 TDI. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor der Baureihe EA189 ausgestattet, den die Beklagte hergestellt hat. In dem Fahrzeug ist eine Motorensteuerungsgerätesoftware installiert, die erkennt, wenn das Fahrzeug auf dem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt, und dann einen besonderen Modus aktiviert (sog. Umschaltlogik). Die Software war dabei so programmiert, dass das Fahrzeug bei der Messung der Schadstoffemissionen auf dem Prüfstand diese Situation erkannte und im NOx-optimierten Modus 1 lief, bei dem es zu einer höheren Abgasrückführungsrate kam, während beim Betrieb im Straßenverkehr durchgehend Modus 0 aktiv war. Vor Abschluss des Kaufvertrags wurde bei dem Fahrzeug ein von der Beklagten entwickeltes Software-Update vorgenommen, mit dem die Umschaltlogik verändert wurde.

Am 22. September 2015 wurde der sogenannte Abgasskandal mit der Adhoc-Mitteilung der Beklagten über die manipulierten Dieselmotoren publik. Über den Sachverhalt wurde in den nationalen und internationalen Medien berichtet. Mit Bescheid vom 15. Oktober 2015, der weithin veröffentlicht wurde, ordnete das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) den Rückruf von 2,4 Millionen Fahrzeugen der Beklagten an und verpflichtete diese, bei allen betroffenen Fahrzeugen mit dem Motor EA189 die aus Sicht des KBA unzulässige Abschaltvorrichtung zu entfernen und nachzuweisen, dass die gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden. Neben der Ad-hoc-Mitteilung erfolgten noch im Jahr 2015 zahlreiche weitere Pressemitteilungen der Beklagten. Zudem stellte sie eine Abfragemöglichkeit im Internet für die Betroffenheit einzelner Fahrzeuge bereit und arbeitete im Rahmen eines Maßnahmenplans mit dem KBA zum Erhalt der Typengenehmigung der betroffenen Fahrzeuge zusammen.

Das Landgericht hat die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an den Kläger 22.931,69 € sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31. Juli 2018 Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs zu zahlen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge in vollem Umfang weiter.

II.

1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht (mehr) vor, § 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO . Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Rechtsfragen, die das Berufungsgericht veranlasst haben, die Revision zuzulassen, sind durch die nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Senatsurteile vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 (BGHZ 225, 316 ff.), vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20 (NJW 2020, 2798 ff.) und 8. Dezember 2020 - VI ZR 244/20 (VersR 2021, 263 ff.) sowie den Senatsbeschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20 (WM 2021, 652 ff.) geklärt.

2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat dem Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz im Ergebnis zu Recht versagt.

a) Ein Anspruch gemäß § 826 BGB scheitert daran, dass sich auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen und von der Revision nicht in Frage gestellten Feststellungen das gesamte Verhalten der Beklagten bis zum Eintritt des Schadens bei dem Kläger in der gebotenen Gesamtschau nicht als sittenwidrig darstellt.

aa) Die Beklagte hat ihr Verhalten im September 2015 nach außen erkennbar maßgeblich geändert. Denn sie ist an die Öffentlichkeit getreten, hat Unregelmäßigkeiten eingeräumt und Maßnahmen zur Beseitigung des gesetzwidrigen Zustandes erarbeitet, um die Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung zu bannen. Hierdurch wurden wesentliche Elemente, die ihr bisheriges Verhalten gegenüber bisherigen Käufern von Fahrzeugen mit Dieselmotoren der Baureihe EA189 als besonders verwerflich erscheinen ließen, derart relativiert, dass der Vorwurf der Sittenwidrigkeit bezogen auf ihr Gesamtverhalten gegenüber dem Kläger und im Hinblick auf den Schaden, der bei ihm durch den Abschluss eines ungewollten Kaufvertrags im September 2016 entstanden sein könnte, nicht gerechtfertigt ist (vgl. Senatsurteile vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798 Rn. 34 ff.; vom 8. Dezember 2020 - VI ZR 244/20, VersR 2021, 263 Rn. 14 f.; Senatsbeschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20, WM 2021, 652 Rn. 17).

(1) Die Beklagte veröffentlichte am 22. September 2015 eine Ad-hoc-Mitteilung. Darin teilte sie mit, dass bei weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen mit Motoren des Typs EA189 eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt worden sei, sie mit Hochdruck daran arbeite, die Abweichungen mit technischen Maßnahmen zu beseitigen, dazu in Kontakt mit den zuständigen Behörden und dem KBA stehe und für notwendige Servicemaßnahmen an den betroffenen Motoren rund 6,5 Milliarden Euro zurückstelle. Weitere bisherige interne Prüfungen hätten ergeben, dass die betreffende Steuerungssoftware auch in anderen Dieselfahrzeugen des Volkswagenkonzerns vorhanden sei. Die Beklagte gab darüber hinaus eine im Wesentlichen gleichlautende Presseerklärung heraus und schaltete eine Webseite frei, auf der durch Eingabe der Fahrzeug-Identifikationsnummer überprüft werden kann, ob ein konkretes Fahrzeug mit der Abschalteinrichtung versehen ist.

(2) Der Senat kann diesen Sachverhalt berücksichtigen, auch wenn der Wortlaut der Ad-hoc-Mitteilung und der Presseerklärung vom Berufungsgericht nicht ausdrücklich wiedergegeben und der Inhalt nur recht allgemein umschrieben wird. Grundlage der Prüfung durch das Revisionsgericht ist gemäß § 559 ZPO grundsätzlich der Tatsachenstoff, der sich aus dem Berufungsurteil einschließlich der in ihm enthaltenen wirksamen Bezugnahmen und dem Inhalt des Sitzungsprotokolls erschließt (BGH, Urteil vom 17. Februar 2005 - IX ZR 159/03, NJW-RR 2005, 794 , juris Rn. 12; vgl. auch Urteil vom 1. März 1996 - V ZR 327/94, NJW 1996, 1748 , juris Rn. 9). Dazu gehören auch der Inhalt der Ad-hocund der Pressemitteilung vom 22. September 2015. Das Berufungsurteil nennt die Verlautbarungen mit Datum und beschreibt ihre Informationsfunktion. Ausweislich des vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Tatbestands des Landgerichtsurteils hat die Beklagte auf die Ad-hoc-Mitteilung Bezug genommen, das Berufungsgericht hat in den Gründen "zur Chronologie des Abgasskandals" die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Celle (Beschluss vom 27. Mai 2019 - 7 U 335/18, juris) und des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Urteil vom 9. Januar 2020 - 17 U 133/19, juris) und in seiner Qualifikation der Fallkonstellation als "Spätfall" die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (Urteil vom 6. November 2019 - 13 U 156/19, NJW-RR 2020, 83 ff.) konkret in Bezug genommen, und in diesen veröffentlichten Entscheidungen wird der Inhalt der Ad-hoc-Mitteilung dargestellt.

(3) Bereits die Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten vom 22. September 2015 war objektiv geeignet, das Vertrauen potentieller Käufer von Gebrauchtwagen mit VW-Dieselmotoren des Typs EA189 in eine vorschriftsgemäße Abgastechnik zu zerstören, diesbezügliche Arglosigkeit also zu beseitigen. Aufgrund der Verlautbarung und ihrer als sicher vorherzusehenden medialen Verbreitung war typischerweise nicht mehr damit zu rechnen, dass Käufer von gebrauchten VW-Fahrzeugen mit Dieselmotoren der Baureihe EA189 die Erfüllung der hier maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben noch als selbstverständlich voraussetzen würden. Für das bewusste Ausnutzen einer diesbezüglichen Arglosigkeit dieser Käufer war damit kein Raum mehr; hierauf konnte das geänderte Verhalten der Beklagten nicht mehr gerichtet sein (vgl. Senatsurteile vom 8. Dezember 2020 - VI ZR 244/20, VersR 2021, 263 Rn. 15; vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798 Rn. 37; Senatsbeschluss vom 09. März 2021 - VI ZR 889/20, WM 2021, 652 Rn. 19).

Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde einzelne Sätze der Ad-hoc-Mitteilung beanstandet, sieht der Senat keinen Anlass zu einer Änderung dieser Bewertung. Denn die angesprochenen Passagen relativieren, worauf es für die Bewertung des Senats maßgeblich ankommt, nicht die erfolgte, mit einer Gewinnwarnung verbundene Offenlegung einer auffälligen - elf Millionen Fahrzeuge desselben Motortyps (EA189) betreffenden, technische Maßnahmen in Abstimmung mit dem KBA erfordernden und Rückstellungen von rund 6,5 Milliarden Euro auslösenden - Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb. Angesichts der mitgeteilten Informationen zu Fahrzeugen mit Dieselmotoren vom Typ EA189, insbesondere der hohen Zahl der betroffenen Fahrzeuge, des erheblichen Beseitigungsaufwands und der erfolgten Einbindung der zuständigen Behörden war bei objektiver Betrachtung davon auszugehen, dass potentielle Käufer von Gebrauchtwagen mit VW-Dieselmotoren der Baureihe EA189 die Erfüllung der maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben nach der Veröffentlichung und der als sicher vorherzusehenden medialen Verbreitung der Mitteilung nicht mehr als selbstverständlich voraussetzen würden (Senatsbeschluss aaO Rn. 20).

Anders als die Revision meint, kommt es auch nicht darauf an, ob die Angaben der Beklagten im ersten Absatz in ihrer Ad-hoc- und ihrer Pressemitteilung vom 22. September 2015, "Die aktuell in der Europäischen Union angebotenen Neuwagen mit Dieselantrieb EU 6 aus dem Volkswagenkonzern erfüllen die rechtlichen Anforderungen und Umweltnormen", unrichtig sind oder nicht. Vorliegend steht allein in Frage, ob das Verhalten der Beklagten gegenüber dem Kläger und im Hinblick auf den Schaden, der ihm durch den Abschluss eines ungewollten Kaufvertrags im September 2016 entstanden sein könnte, als sittenwidrig zu bewerten ist. Denn den Schädiger muss das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade in Bezug auf die Schäden desjenigen treffen, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (vgl. Senatsbeschluss aaO Rn. 21). Dass der vom Kläger erworbene Wagen über einen Dieselmotor der Schadstoffklasse EuroNorm 6 verfüge, ist weder festgestellt noch rügt die Revision diesbezüglichen Vortrag des Klägers als übergangen.

(4) Die dargestellten Maßnahmen der Beklagten sind für das Ergebnis der Sittenwidrigkeitsprüfung nicht deshalb irrelevant, weil die Beklagte nicht sichergestellt hatte, dass ihre Informationen tatsächlich jeden potentiellen Käufer erreichten und einen Fahrzeugerwerb in Unkenntnis der Abschalteinrichtung in jedem Einzelfall verhinderten (vgl. Senatsurteile vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798 Rn. 38; vom 8. Dezember 2020 - VI ZR 244/20, VersR 2021, 263 Rn. 18). Die Beklagte traf zur Vermeidung des Sittenwidrigkeitsvorwurfs nicht die Verpflichtung, jeden potentiellen Käufer über die für seine Kaufentscheidung wesentlichen Gesichtspunkte und die Mängel des Kaufgegenstands vollständig aufzuklären. Die von der Revision in diesem Zusammenhang gezogene Parallele zur Instruktionspflicht des Produktherstellers verfängt nicht. Sie betrifft eine völlig andere Interessenlage. Unabhängig davon, ob sie als deliktische Verkehrspflicht aus § 823 Abs. 1 BGB oder aus § 3 Abs. 1 lit. a ProdHaftG abgeleitet wird (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08, BGHZ 181, 253 Rn. 12; Staudinger/Oechsler, BGB , Neubearbeitung 2018, § 3 ProdHaftG Rn. 47 f.), bezweckt sie den Schutz hier nicht in Rede stehender absoluter Rechtsgüter (Senatsbeschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20, WM 2021, 652 Rn. 22 mit weiterführender Begründung).

bb) Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich nichts Anderes aus dem Umstand, dass der Kläger ein Fahrzeug der Marke Audi und nicht der Marke Volkswagen erworben hat. Die Beklagte hat ihre Verhaltensänderung auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht auf ihre Kernmarke Volkswagen beschränkt, sondern im Gegenteil bereits in ihrer Ad-hoc-Mitteilung vom 22. September 2015 darauf hingewiesen, dass die betreffende Steuerungssoftware auch in anderen Diesel-Fahrzeugen des Volkswagen-Konzerns vorhanden und dass der Motor vom Typ EA189 auffällig sei, ohne diesbezüglich eine Einschränkung auf eine bestimmte Marke des Konzerns vorzunehmen (vgl. Senatsurteil vom 8. Dezember 2020 - VI ZR 244/20, VersR 2021, 263 Rn. 17).

cc) Dass die Beklagte möglicherweise auch im Hinblick auf die von ihrer Kernmarke Volkswagen abweichenden Marken ihrer Konzerntöchter weitere Schritte zu einer klareren Aufklärung potentieller, mit der Konzernstruktur und dem Markenportfolio der Beklagten nicht vertrauten Fahrzeugkäufer hätte unternehmen können, steht der Verneinung eines objektiv sittenwidrigen Vorgehens im Verhältnis zum Kläger ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass nicht jeder potentielle Käufer subjektiv verlässlich über die Verwendungsbreite der unzulässigen Abschalteinrichtung in den verschiedenen Marken der Beklagten informiert wurde (vgl. Senatsurteil vom 8. Dezember 2020 - VI ZR 244/20, VersR 2021, 263 Rn. 18).

dd) Die Verwerflichkeit des Verhaltens der Beklagten setzte sich auch nicht deshalb in lediglich veränderter Form fort, weil die Beklagte mit dem Software-Update eine neue unzulässige Abschalteinrichtung implementiert haben soll. Zwar ist mangels abweichender Feststellungen für die revisionsrechtliche Überprüfung von dem Vortrag des Klägers auszugehen, wonach die Beklagte mit dem Software-Update eine Abschaltvorrichtung in Form eines "Thermofensters" von 15 bis 33 Grad Celsius und ab einer Höhe von 1.000 Metern verbaut hat, bei der die Abgasreinigung massiv heruntergefahren wird. Dabei kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass eine derartige temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 zu qualifizieren ist (vgl. zu Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 auch EuGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - C-693/18, Celex-Nr. 62018CJ0693; OGH Österreich, Vorabentscheidungsersuchen vom 17. März 2020 - 10 Ob 44/19x, BeckRS 2020, 5269 - beim EuGH geführt unter C-145/20).

Ein darin liegender - unterstellter - Gesetzesverstoß reicht aber nicht aus, um das Gesamtverhalten der Beklagten als sittenwidrig zu qualifizieren. Hierfür bedürfte es vielmehr weiterer Umstände im Zusammenhang mit der Entwicklung und Genehmigung des Software-Updates (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20, WM 2021, 652 Rn. 26), an denen es im Streitfall fehlt. Darüber hinaus zeigt die Revision - auch wenn sie vorsätzliches Handeln der Beklagten pauschal behauptet - sonst keinen vom Berufungsgericht übergangenen Tatsachenvortrag auf, dem die Behauptung einer erneuten Täuschung des KBA entnommen werden könnte (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20, WM 2021, 652 Rn. 24). Die Verwerflichkeit des Verhaltens der Beklagten durch die Implementation des Thermofensters hätte sich bei dieser Sachlage nur dann fortgesetzt, wenn zu dem - hier unterstellten - Verstoß gegen Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 im Zusammenhang mit der Entwicklung und Genehmigung des Software-Updates weitere Umstände hinzuträten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen. Dies setzt jedenfalls voraus, dass diese Personen bei der Entwicklung und/oder Applikation der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine (weitere) unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, ist der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt. Die Revision zeigt auch hierfür keinen in den Tatsacheninstanzen übergangenen Sachvortrag des insoweit darlegungsbelasteten Klägers (vgl. Senatsurteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 35; Senatsbeschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19, ZIP 2021, 297 Rn. 19) auf, dem für ein solches Vorstellungsbild der für die Beklagte handelnden Personen sprechende Anhaltspunkte zu entnehmen wären.

ee) Eine abweichende Beurteilung ist schließlich auch nicht deshalb geboten, weil das von der Beklagten im Anschluss an ihre Ad-hoc-Mitteilung vom 22. September 2015 entwickelte Software-Update nach der mangels abweichender Feststellungen revisionsrechtlich zu unterstellenden Behauptung des Klägers negative Auswirkungen auf den Kraftstoffverbrauch und den Verschleiß der betroffenen Fahrzeuge hat. Auch dies rechtfertigt den Vorwurf besonderer Verwerflichkeit in der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20, WM 2021, 652 Rn. 30).

b) Ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB besteht nicht, weil es jedenfalls an der Bereicherungsabsicht und der in diesem Zusammenhang erforderlichen Stoffgleichheit des erstrebten rechtswidrigen Vermögensvorteils mit einem etwaigen Vermögensschaden fehlt (Senatsurteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798 Rn. 18).

c) Der Klaganspruch ergibt sich schließlich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 Satz 1 EG-FGV, weil es sich bei den Vorschriften der EG-FGV nicht um Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB handelt (Senatsurteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798 Rn. 10 ff.).

3. Es besteht Gelegenheit zur etwaigen Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Vorinstanz: LG Coburg, vom 21.02.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 15 O 449/18
Vorinstanz: OLG Bamberg, vom 20.02.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 1 U 98/19