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BGH - Entscheidung vom 24.03.2021

VIII ZR 202/18

Normen:
BGB § 134
BGB § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1
AVBFernwärmeV § 24 Abs. 4 S. 1

BGH, Urteil vom 24.03.2021 - Aktenzeichen VIII ZR 202/18

DRsp Nr. 2021/6771

Rückerstattung der auf die Anpassung des Arbeitspreises entfallenden Lieferentgelte für die Versorgung mit Fernwärme; Verwendung einer Preisanpassungsklausel für den Arbeitspreis im Fernwärmelieferungsvertrag der Parteien bzgl. Verstoßes gegen das Gebot der Kostenorientierung

1. Allein die Erhebung eines Widerspruchs gegen den Preis für Energielieferungen führt ohne Rücksicht auf die dafür angegebene Begründung zur Anwendung der Dreijahresfrist.2. Im Falle der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung überzahlter Entgelte sind die Kunden Mitgläubiger nach § 432 BGB .

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Kläger und der Beklagten werden - unter deren Zurückweisung im Übrigen - das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 23. Mai 2018 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Ahrensburg vom 2. September 2016 im Kostenpunkt und insoweit - unter vollständiger Neufassung des Tenors - abgeändert, als die Beklagte verurteilt worden ist, den zuerkannten Betrag in Höhe von 1.031,74 € nebst Zinsen an die Kläger als Gesamtgläubiger zu zahlen und hinsichtlich eines weiteren Betrags in Höhe von 1.089,39 € nebst Zinsen zum Nachteil der Kläger entschieden worden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Mitgläubiger 2.121,13 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Dezember 2014 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Kläger jeweils 7 %, die Beklagte 86 % zu tragen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren hat die Beklagte zu tragen.

Normenkette:

BGB § 134 ; BGB § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1; AVBFernwärmeV § 24 Abs. 4 S. 1;

Tatbestand

Die Beklagte, Rechtsnachfolgerin der W. A. GmbH, ist ein Energieversorgungsunternehmen, das in A. Kunden mit Fernwärme beliefert. Die Fernwärme wird in einem Blockheizkraftwerk erzeugt, das ausschließlich mit Erdgas betrieben wird, welches die Beklagte von einem Lieferanten bezieht. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hatte mit der Stadt A. einen Vertrag geschlossen, der ihr die Versorgung mit Fernwärme in dem Bebauungsplangebiet gestattete. Dem Vertrag war als Anlage ein Mustervertrag über die Bedingungen für die Fernwärmeversorgung der Endkunden beigefügt; dieser enthält in § 7 dieselben vorformulierten Preisbestimmungen für Arbeits-, Mess- und Grundpreise, die der Beurteilung des Senats im Urteil vom 18. Dezember 2019 ( VIII ZR 209/18, NJW 2020, 1205 ; zum Wortlaut der Preisbestimmungen in § 7 des Mustervertrags dort Seite 1206) unterlagen, das einen Rechtsstreit zwischen der hiesigen Beklagten und einem anderen Fernwärmekunden betraf.

Die im Liefergebiet der Beklagten wohnhaften Kläger nahmen seit dem 31. Mai 2001 von der Beklagten beziehungsweise ihrer Rechtsvorgängerin Fernwärme ab.

Die Abrechnungen für die von den Klägern abgenommene Fernwärme erstellte die Beklagte für den hier streitgegenständlichen Zeitraum von 2010 bis 2013 auf Grundlage von in § 7 des oben genannten Mustervertrags vorformulierten Preisbestimmungen für Arbeits-, Grund- und Messpreise. Diese Preisbestimmungen hat der Senat in der oben zitierten Entscheidung vom 18. Dezember 2019 für unwirksam erachtet (Senatsurteil vom 18. Dezember 2019 - VIII ZR 209/18, NJW 2020, 1205 Rn. 16, 19 ff., 28 ff.).

Die Kläger zahlten für die von ihnen abgenommene Fernwärme die ihnen von der Beklagten in Rechnung gestellten Entgelte, welche die Beklagte nach Maßgabe der Preisanpassungsklauseln gemäß der (unwirksamen) Regelung in § 7 des Mustervertrags alle sechs Monate angepasst hatte. Den mit der - den Klägern am 25. Februar 2010 zugegangenen - Jahresabrechnung für das Jahr 2009 zuletzt verlangten Arbeitspreis von 56,19 € netto/MWh erhöhte die Beklagte im Jahr 2010 schrittweise auf zuletzt 73,05 € netto/MWh. Diese Preiserhöhungen berücksichtigte die Beklagte in der Jahresabrechnung für das Jahr 2010, die den Klägern am 17. Januar 2011 zuging. In den Jahresabrechnungen für die Jahre 2011 bis 2013 berücksichtigte die Beklagte weitere Erhöhungen des Arbeitspreises.

Mit Schreiben vom 10. Juni 2013 erklärten die Kläger erstmals, der Festsetzung des "aktuellen" Arbeitspreises der Beklagten zu widersprechen, und leisteten bis auf weiteres die geforderten Abschläge unter Vorbehalt und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Mit weiteren Schreiben aus dem Monat Februar 2014 widersprachen die Kläger allen seit dem Jahr 2010 von der Beklagten beziehungsweise ihrer Rechtsvorgängerin vorgenommenen Preisanpassungen.

Mit der vorliegenden Klage haben die Kläger die Beklagte zuletzt als Gesamtgläubiger auf Rückzahlung für die Jahre 2010 bis 2013 geleisteter Fernwärmeentgelte in Höhe von 2.121,13 € nebst Zinsen - unter Zugrundelegung des mit der Jahresabrechnung für das Jahr 2009 zuletzt geforderten Arbeitspreises von 56,19 €/MWh netto (66,87 €/MWh brutto) - in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat die Beklagte - für den Zeitraum von 2011 bis 2013 unter Zugrundelegung des letzten mit der Jahresabrechnung für das Jahr 2010 geltend gemachten Arbeitspreises von 73,05 €/MWh netto (86,93 €/MWh brutto) - verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 1.031,74 € nebst Zinsen zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr auf vollständige Klageabweisung gerichtetes Begehren weiter. Die Kläger wollen mit ihrer Revision die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 1.089,39 € erreichen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist überwiegend unbegründet, die Revision derKläger hat Erfolg.

A.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

Den Klägern stehe nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB gegen die Beklagte dem Grunde nach ein Anspruch auf Rückzahlung der auf die Arbeitspreisanpassung entfallenden Entgeltanteile zu, da die Preisanpassungsklausel in § 7 Abs. 2 des zwischen den Parteien bestehenden Wärmelieferungsvertrags, auf die sich die Beklagte zur Begründung ihrer Entgeltansprüche stütze, unwirksam sei; die Klausel verstoße gegen das Gebot der Kostenorientierung des § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF/§ 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV nF.

Der Höhe nach bestimme sich der den Klägern zustehende Rückzahlungsanspruch unter Zugrundelegung des mit der Jahresabrechnung für das Jahr 2010 zuletzt geforderten Arbeitspreises von 73,05 €/MWh netto (86,93 €/MWh brutto). Denn hierbei handele es sich um die letzte Preiserhöhung, der die Kläger nicht binnen drei Jahren ab Zugang der maßgeblichen Jahresabrechnung widersprochen hätten.

Wie der Bundesgerichtshof wiederholt zu unwirksamen Preisanpassungsklauseln in Gas- beziehungsweise Fernwärmelieferungsverträgen entschieden habe, sei die in Energielieferungsverträgen durch die Unwirksamkeit einer Preisanpassungsklausel eingetretene Lücke im Regelungsplan der Parteien im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 157 , 133 BGB zu schließen, wenn es sich um ein langjähriges Versorgungsverhältnis handele, der betroffene Kunde den Preiserhöhungen und den darauf basierenden Jahresabrechnungen über einen längeren Zeitraum nicht widersprochen habe und er nunmehr auch für länger zurückliegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen geltend mache. In diesen Fällen führe eine ergänzende Vertragsauslegung dazu, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen könne, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden sei, beanstandet habe.

Demgemäß scheiterten Erstattungsansprüche der Kläger für das Jahr 2010 schon daran, dass es für diesen Lieferzeitraum mangels rechtzeitigen Widerspruchs an einer Überzahlung fehle. Denn die Kläger hätten erstmals im Februar 2014 allen seit dem Jahr 2010 erfolgten Arbeitspreiserhöhungen widersprochen. Dieser Widerspruch sei jedoch über drei Jahre nach Zugang der Jahresabrechnung für das Jahr 2010 erfolgt. Den in der am 17. Januar 2012 zugegangenen Jahresabrechnung für das Jahr 2011 berücksichtigten - sowie allen nachfolgenden - Arbeitspreiserhöhungen hätten die Kläger jedoch mit ihrem Schreiben aus dem Monat Februar 2014 rechtzeitig widersprochen.

In dem Schreiben der Kläger vom 10. Juni 2013 sei ein wirksamer Widerspruch der Kläger gegen die in der Jahresabrechnung für das Jahr 2010 berücksichtigten Preiserhöhungen - mit der Folge, dass der mit der Jahresabrechnung für das Jahr 2009 zuletzt geforderte Arbeitspreis von 56,19 €/MWh netto (66,87 €/MWh brutto) maßgeblich wäre - nicht zu sehen. Denn in diesem Schreiben sei nur dem "aktuellen" Arbeitspreis, nicht aber den lange zurückliegenden Erhöhungen des Jahres 2010 widersprochen worden. Damit stünden den Klägern lediglich die ihnen bereits durch das Amtsgericht zuerkannten Beträge zu.

B.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punktenstand.

Das Berufungsgericht hat allerdings rechtsfehlerfrei angenommen, dass die auch im Vertragsverhältnis mit den Klägern verwendete Preisanpassungsklausel in § 7 des Mustervertrags wegen Verstoßes gegen das Gebot der Kostenorientierung gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF beziehungsweise § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB nichtig ist und den Klägern deshalb für die Jahre 2011 bis 2013 aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ein Anspruch auf Rückerstattung überzahlter Lieferentgelte - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts indes nicht als Gesamtgläubiger, sondern als Mitgläubiger - zusteht.

Das Berufungsgericht hat jedoch zu Unrecht einen Rückforderungsanspruch der Kläger für das Jahr 2010 verneint und überdies die Rückforderungsansprüche für die Jahre 2011 bis 2013 zu niedrig bemessen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts führt allein die Erhebung eines Widerspruchs gegen den Preis - ohne Rücksicht auf die dafür angegebene Begründung - zur Anwendung der Dreijahresfrist im Rahmen der nach der Rechtsprechung des Senats vorzunehmenden ergänzenden Vertragsauslegung. Aufgrund des Widerspruchs vom 10. Juni 2013 umfassten deshalb die Rückforderungsansprüche der Kläger auch das Jahr 2010 und war für den gesamten Rückforderungszeitraum der mit der Jahresabrechnung für das Jahr 2009 zuletzt geforderte Arbeitspreis von 56,19 €/MWh netto (66,87 €/MWh brutto) zugrunde zu legen. Denn der Zugang aller späteren Jahresabrechnungen lag innerhalb eines Dreijahreszeitraums vor dem genannten Widerspruch der Kläger. Unter Berücksichtigung dessen beläuft sich der Rückzahlungsanspruch der Kläger aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf den von ihnen begehrten Betrag von insgesamt 2.121,13 € nebst Zinsen.

I. Zur Revision der Beklagten

Die Revision der Beklagten ist nur insoweit begründet, als das Berufungsgericht die Kläger zu Unrecht als Gesamtgläubiger und nicht als Mitgläubiger angesehen hat. Ansonsten ist die Revision unbegründet. Den Klägern steht der ihnen vom Berufungsgericht zuerkannte Anspruch auf Rückerstattung der auf die Anpassung des Arbeitspreises entfallenden Lieferentgelte für die Jahre 2011 bis 2013 aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu, denn sie haben für die Belieferung mit Fernwärme einen höheren als den nach dem Vertrag geschuldeten Preis entrichtet.

1. Die Preisanpassungsklausel für den Arbeitspreis in § 7 Abs. 2 des Fernwärmelieferungsvertrags der Parteien ist gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF beziehungsweise § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB nichtig. Sie verstößt gegen das in den vorgenannten Normen verankerte Gebot der Kostenorientierung, da der gewählte Preisänderungsparameter die tatsächlichen Brennstoffbezugskosten der Beklagten nicht ausreichend abbildet. Zur Begründung im Einzelnen wird auf das auf der Grundlage derselben Preisanpassungsklausel der Beklagten ergangene Senatsurteil vom 18. Dezember 2019 ( VIII ZR 209/18, NJW 2020, 1205 Rn. 19 ff.) Bezug genommen.

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stehen die Rückforderungsansprüche den Klägern jedoch nicht als Gesamtgläubiger (§ 428 BGB ), sondern nur als Mitgläubiger (§ 432 BGB ) zu. Zwar haften die Kläger für die aus § 433 Abs. 2 BGB begründeten Kaufpreisforderungen der Beklagten aus dem Fernwärmelieferungsvertrag gemäß §§ 421 , 427 BGB als Gesamtschuldner (vgl. Senatsurteil vom 22. Juli 2014 - VIII ZR 313/13, NJW 2014, 3150 Rn. 10 f.). Daraus folgt aber nicht, dass im Falle der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung überzahlter Entgelte die Kunden nun Gesamtgläubiger im Sinne von § 428 BGB würden. Denn das Gesetz ordnet zwar für die Zahlungspflichten des Kunden im Zweifel eine Gesamtschuld an (§ 427 BGB ); es besteht aber im Falle einer Rückforderung keine entsprechende Regelung dahin, dass die früheren Gesamtschuldner im Zweifel nun Gesamtgläubiger nach § 428 BGB werden. Vielmehr ist die Mitgläubigerschaft nach § 432 BGB die Regel, während die Gesamtgläubigerschaft die Ausnahme bildet (BGH, Urteile vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 45/19, BGHZ 225, 352 Rn. 39; vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 555/16, NJW 2018, 225 Rn. 20 mwN). Umstände, die im Streitfall für eine solche Ausnahme sprächen, hat das Berufungsgericht weder festgestellt noch sind sie sonst ersichtlich.

II. Zur Revision der Kläger

1. Die Revision der Kläger ist zulässig. Das Berufungsgericht hat die Revision zugunsten beider Parteien zugelassen. Im Urteilstenor ist die Revision unbeschränkt zugelassen; eine Eingrenzung der Revisionszulassung auf die Beklagte lässt sich der Begründung in den Entscheidungsgründen nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen (vgl. zur Revisionsbeschränkung auf eine Partei: BGH, Urteile vom 5. November 2003 - VIII ZR 320/02, NJW-RR 2004, 426 unter II; vom 11. Dezember 2019 - IV ZR 8/19, VersR 2020, 208 Rn. 33; Senatsbeschluss vom 10. April 2018 - VIII ZR 247/17, NJW 2018, 1880 Rn. 11; jeweils mwN). Denn dort heißt es nur, es bestehe Anlass zu klären, ob die teilweise der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Gasgrundversorgung entnommenen Grundsätze auch auf Fernwärmelieferungsverträge zu übertragen seien. Diese Grundsätze betreffen sowohl die zum Nachteil der Beklagten entschiedene Frage des Anspruchsgrundes als auch die zum Nachteil der Kläger entschiedene der Anspruchshöhe.

2. Die Revision der Kläger hat auch in der Sache Erfolg.

Der den Klägern zustehende Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB bemisst sich - in Anwendung der vom Senat für derartige Konstellationen entwickelten ergänzenden Vertragsauslegung - nach dem mit der am 25. Februar 2010 zugegangenen Jahresabrechnung für das Jahr 2009 zuletzt geltend gemachten Arbeitspreis von 56,19 €/MWh netto (66,87 €/MWh brutto). Allen nachfolgenden Arbeitspreiserhöhungen haben die Kläger binnen drei Jahren ab Zugang der Jahresabrechnung, in der die jeweilige Arbeitspreisanpassung erstmals berücksichtigt worden ist, widersprochen. Denn maßgeblich ist insoweit entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht erst das Schreiben der Kläger aus dem Monat Februar 2014, sondern bereits das zeitlich frühere Schreiben der Kläger vom 10. Juni 2013. Insbesondere steht die dort von den Klägern verwendete Formulierung, sie beanstandeten den "aktuellen" Arbeitspreis, einer Bestimmung des für die Rückforderung maßgeblichen Preises nach Maßgabe einer von diesem Zeitpunkt aus rückwirkend berechneten Dreijahresfrist nicht entgegen.

a) Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend erkannt hat, führt eine unwirksame Preisanpassungsklausel in einem Energielieferungsvertrag zu einer Lücke im Regelungsplan der Parteien, die nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 157 , 133 BGB zu schließen ist, wenn es sich - wie im Streitfall - um ein langjähriges Vertragsverhältnis handelt, der betroffene Kunde den Preiserhöhungen und den darauf basierenden Jahresabrechnungen über einen längeren Zeitraum nicht widersprochen hat und er nunmehr auch für länger zurückliegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen geltend macht.

Die ergänzende Vertragsauslegung führt dazu, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat (Senatsurteile vom 24. September 2014 - VIII ZR 350/13, NJW 2014, 3639 Rn. 16 und vom 18. Dezember 2019 - VIII ZR 209/18, NJW 2020, 1205 Rn. 40 [jeweils zu Fernwärme]; vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372 Rn. 21 ff. und vom 15. April 2015 - VIII ZR 59/14, BGHZ 205, 43 Rn. 43 [jeweils zu Gas]; vom 15. Januar 2014 - VIII ZR 80/13, NJW 2014, 1877 Rn. 20, 23 [Strom]; vom 3. Dezember 2014 - VIII ZR 370/13, NJW 2015, 1167 Rn. 28 ff. [zur fehlenden Einbeziehung einer Preisanpassungsklausel]).

b) Dabei kommt es auf die tatsächlichen oder von dem Energieversorger vermuteten Gründe für den Widerspruch nicht an. Gründe müssen vom Kunden weder mitgeteilt werden, noch führte deren Nennung dazu, dass sich der Widerspruch auf diese beschränken würde (vgl. Senatsbeschlüsse vom 7. September 2011 - VIII ZR 14/11, juris Rn. 7; vom 27. September 2011 - VIII ZR 5/11 und VIII ZR 12/11, juris Rn. 6; vom 6. Dezember 2011 - VIII ZR 224/11, juris Rn. 6; Senatsurteile vom 22. Februar 2012 - VIII ZR 34/11, NJW-RR 2012, 690 Rn. 31; vom 15. Januar 2014 - VIII ZR 80/13, NJW 2014, 1877 Rn. 22).

Danach bedarf es auch keiner Angaben, ob und inwieweit der Kunde mit dem Widerspruch (auch) frühere Preiserhöhungen beanstanden will. Die ergänzende Vertragsauslegung des Senats in den Fällen langjähriger Versorgungsverhältnisse, in denen der Kunde den Preiserhöhungen über lange Zeit nicht widersprochen hat und nunmehr auch für länger zurückliegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit von Preiserhöhungen geltend macht, setzt für die Anknüpfung an die Dreijahresfrist lediglich voraus, dass der Kunde dem Energieversorger gegenüber zum Ausdruck bringt, er beanstande den derzeit geforderten (aktuellen) Preis der Höhe nach. Die Rückforderungsansprüche des Kunden werden sodann durch die ergänzende Vertragsauslegung (zugunsten des Versorgers) auf einen Preis begrenzt, der ausgehend von dem Zeitpunkt eines (wie auch immer bezeichneten oder begründeten) Widerspruchs des Kunden gegen den Preis rückwirkend nach der genannten Dreijahresfrist zu ermitteln ist.

c) Aufgrund des Widerspruchsschreibens vom 10. Juni 2013 ist deshalb, wie die Kläger bereits mit der Berufung zu Recht geltend gemacht haben, für den Rückforderungsanspruch der Kläger der Arbeitspreis von 56,19 €/MWh netto (66,87 €/MWh brutto) maßgeblich, den die Beklagte mit der den Klägern am 25. Februar 2010 zugegangenen Jahresabrechnung für 2009 (ab dem 1. Oktober 2009) verlangte. Denn bereits die nachfolgende, auf mehreren schrittweisen Preiserhöhungen basierende Jahresabrechnung für 2010 war den Klägern am 17. Januar 2011 und somit innerhalb eines vom Widerspruch rückgerechneten Dreijahreszeitraums zugegangen; an der Geltendmachung der Unwirksamkeit der in dieser und den späteren Jahresabrechnungen enthaltenen Preiserhöhungen sind die Kläger somit nicht gehindert.

C.

Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang keinen Bestand haben; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO ). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, da es weiterer Feststellungen nicht bedarf und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO ).

Dies führt auf die Berufung der Beklagten - als ein Weniger gegenüber einer Verurteilung zur Zahlung an die Kläger als Gesamtgläubiger (vgl. BGH, Urteile vom 7. Mai 1991 - XII ZR 44/90, NJW 1991, 2629 unter 1; vom 7. Juni 2005 - XI ZR 311/04, NJW 2005, 2779 unter III; vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 45/19, aaO Rn. 25 mwN) - zu ihrer Verurteilung zur Zahlung an die Kläger als Mitgläubiger unter Abweisung der weitergehenden Klage, im Übrigen auf die Berufung der Kläger zur Abänderung und Neufassung des erstinstanzlichen Urteils in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang. Denn der den Klägern zustehende Anspruch in Höhe der Differenz zwischen dem für die Jahre 2010 bis 2013 von der Beklagten in den Jahresabrechnungen berechneten und dem auf der Grundlage eines lediglich in Höhe von 56,19 €/MWh netto (66,87 €/MWh brutto) geschuldeten Arbeitspreis beläuft sich auf den von den Klägern in den Rechtsmittelinstanzen noch geltend gemachten Betrag von insgesamt 2.121,13 €.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 24. März 2021

Vorinstanz: AG Ahrensburg, vom 02.09.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 49 C 1469/14
Vorinstanz: LG Lübeck, vom 23.05.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 14 S 199/16