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BGH - Entscheidung vom 16.03.2021

2 StR 37/21

Normen:
StPO § 349 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 16.03.2021 - Aktenzeichen 2 StR 37/21

DRsp Nr. 2021/6248

Revision gegen die Entscheidung in einem Verfahren wegens Beihilfe zur versuchten Nötigung

Tenor

1.

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 15. Oktober 2020 wird als unbegründet verworfen.

2.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Normenkette:

StPO § 349 Abs. 2 ;

Gründe

Das Landgericht hatte im ersten Rechtsgang den Angeklagten mit Urteil vom 9. November 2016 wegen Beihilfe zur versuchten Erpressung (Tatzeit 6. November 2015) - unter Einbeziehung einer mit Strafbefehl des Amtsgerichts Aachen vom 2. Dezember 2015 (Tatzeit 6. Oktober 2015) verhängten Geldstrafe von 90 Tagessätzen - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat das Urteil im Schuldspruch dahin abgeändert, dass er der Beihilfe zur versuchten Nötigung schuldig ist und hat es im Strafausspruch aufgehoben. Nunmehr hat das Landgericht gegen den Angeklagten auf Grund des geänderten Schuldspruchs eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr festgesetzt und - unter Einbeziehung einer durch Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 19. Juni 2018 (Tatzeit 8. Februar 2017) verhängten und zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von drei Monaten sowie Gewährung eines Härteausgleichs im Hinblick auf die inzwischen vollständig vollstreckte vorgenannte Geldstrafe - auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat erkannt, deren Vollstreckung es wiederum zur Bewährung ausgesetzt hat.

Die Revision des Angeklagten, die er auf die unausgeführte Sachrüge stützt, bleibt im Ergebnis ohne Erfolg, da die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO ).

1. Unzutreffend ist zwar die Annahme des Landgerichts, dass die Verurteilung des Angeklagten durch Strafbefehl des Amtsgerichts Aachen vom 2. Dezember 2015 von der Anwendung des § 55 Abs. 1 StGB ausgeschlossen war, weil die betreffende Geldstrafe inzwischen - nach der ersten tatrichterlichen Hauptverhandlung - vollständig vollstreckt ist.

Die Gesamtstrafenbildung ist nach Zurückverweisung einer Strafsache durch das Revisionsgericht in der neuen Verhandlung nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten tatrichterlichen Verhandlung vorzunehmen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 17. September 2019 - 3 StR 341/19, NStZ-RR 2020, 7 ; Senat, Beschluss vom 19. Februar 2014 - 2 StR 558/13, NStZ-RR 2014, 242 , 243, je mwN). Die nach Erlass des ersten Urteils erfolgte Erledigung einer Strafe steht ihrer Einbeziehung nicht entgegen (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2011 - 3 StR 374/11, NStZ-RR 2012, 106 ).

Die Verurteilung des Angeklagten durch Strafbefehl des Amtsgerichts Aachen vom 2. Dezember 2015 entfaltet insoweit eine Zäsurwirkung (vgl. dazu BGH, Urteil vom 23. Juni 1988 - 4 StR 164/88, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 4; LK/Rissing-van Saan/Scholze, StGB , 13. Aufl., § 55 Rn. 15; SSW/Eschelbach, StGB , 5. Aufl., § 55 Rn. 14), die der Einbeziehung (auch) der durch Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 19. Juni 2018 verhängten Freiheitsstrafe in eine Gesamtstrafe entgegensteht. Eine Erledigung der Strafe nach Erlass des ersten Urteils lässt diese Zäsurwirkung nicht entfallen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2016 - 4 StR 437/15, NStZ-RR 2016, 75 ; Lackner/Kühl/Heger, StGB , 29. Aufl., § 55 Rn. 8). Zutreffend wäre es folglich gewesen, (allein) die Geldstrafe von 90 Tagessätzen mit der vom Landgericht verhängten Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr zu einer Gesamtstrafe zusammenzuführen und die Verurteilung des Angeklagten durch Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 19. Juni 2018 selbstständig bestehen zu lassen.

2. Der Angeklagte ist durch die fehlerhafte Gesamtstrafenbildung indes nicht beschwert, da auch bei der gebotenen Zusammenführung der vom Landgericht verhängten Einzelfreiheitsstrafe mit der Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Aachen vom 2. Dezember 2015 gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 StGB die Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe von zumindest einem Jahr und einem Monat anzuordnen gewesen wäre. Auf diese Gesamtstrafe wäre zwar die inzwischen vollständig vollstreckte Einzelstrafe von 90 Tagessätzen gemäß § 51 Abs. 2 StGB in voller Höhe anzurechnen. Jedoch würde daneben die Verurteilung des Angeklagten aus dem Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 19. Juni 2018 zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten selbstständig bestehen bleiben.

Vorinstanz: LG Aachen, vom 15.10.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 69 KLs 26/17 901 Js 227/15